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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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sich zu einem Sturm zu entwickeln und sie in unbekannte und unvermessene Regionen zu treiben. Wie ein tödlicher Sog drohte es, sie in Tiefen zu zerren, in denen sie hilflos war. Raventhorne mit seinen Raubtierinstinkten hatte das auch gespürt – das war nur allzu deutlich.
    Olivia hatte plötzlich Angst. Kraft, Macht, Anziehung  … wie immer man es nennen wollte, irgend etwas sagte ihr, daß die Alarmglocken um sie herum noch so laut läuten, die Warnungen noch so schrecklich sein mochten, sie würde nicht darauf achten.
    Olivia wußte, dafür war es bereits zu spät.
    *
    Der fürstliche Jagdpavillon befand sich tief im Dschungel. Er war zum großen Teil aus Holz gebaut und stand auf Stützen. Die Äste der Saalbäume wölbten sich über das rote Ziegeldach und brachen das frühe Sonnenlicht, das in Flecken und Tupfen auf die Lichtung fiel. Die Luft war erfüllt von Geräuschen und Gerüchen: raschelnde Blätter, zwitschernde Vögel und unmelodisch quakende Frösche. Gedämpfte menschliche Stimmen und der langsam aufsteigende Rauch der Holzfeuer, der das bevorstehende Frühstück ankündigte, rundeten die lebendige Szene ab. In der Ferne hörte man leises rhythmisches Trommeln wie das Schlagen eines Urherzens. Mitten in dieser feuchten, undurchdringlichen Welt lauerte der Tiger, ohne zu ahnen, daß mit den Trommelschlägen auch die letzten Stunden seines Lebens verrannen.
    Ein bewaffneter Reitertrupp hatte den Kutschen von Olivia, der Maharani und ihrem Gefolge das Geleit gegeben. Die Männer waren bereits früher losgeritten. Der Maharadscha und Raventhorne überprüften auf der Veranda Gewehre und Munition, besprachen das Vorgehen und wiesen den Jägern Aufgaben zu. Auf der Lichtung warteten vier prächtig geschmückte Elefanten, die vor der Jagd mit Reiskugeln und Melasse gefüttert wurden. Sie sollten die Jäger später in den Dschungel tragen. Die Mahouts standen neben den grauen Dickhäutern und warteten, bis sie auf die Köpfe ihrer riesigen Schützlinge klettern konnten. Die Jäger und ihre Helfer saßen im Gras und erhielten ihr Frühstück auf Bananenblättern, während eine Schar von etwa hundert Dorfbewohnern mit kaum unterdrückter Erregung zusah. Diese Leute, die der menschenfressende Tiger bedrohte, hatten volles Vertrauen in die Fähigkeit des Herrschers, ihr Leben wieder sicher zu machen.
    Auf der Veranda wurde eine leichte Mahlzeit serviert: heiße Milch und köstliche, dreieckige Teigtaschen mit einer Gemüsefüllung. Olivia saß neben Kinjal und versuchte, Raventhornes Blicken auszuweichen – obwohl er sie überhaupt nicht ansah. Sie schien für ihn Luft zu sein. Der Maharadscha begrüßte sie jedoch überschwenglich.
    »Ich hoffe, die Fahrt war angenehm und hat Ihnen Appetit gemacht, Miss O’Rourke. Wir werden etwas Richtiges essen, wenn wir zurück sind.«
    »Vielen Dank, die Fahrt war sehr angenehm, obwohl ich lieber geritten wäre«, erwiderte sie offen.
    Er streckte bedauernd die Hände aus. »Vergeben Sie mir, Miss O’Rourke, daß ich Ihnen das nicht erlauben kann. Meine Untertanen wahren die alten Traditionen, und der Anblick einer Dame, sei es auch eine Europäerin, auf einem Pferd ist für sie ungewohnt.«
    »Natürlich, das verstehe ich«, sagte Olivia schnell, ohne auf die Spitze einzugehen, die Raventhornes Lächeln enthielt. »Ich habe es nur bedauert und mich nicht beklagt.«
    Es war ihr unmöglich, die Anwesenheit des Mannes zu ignorieren, der sie in ihren Träumen die ganze Nacht verfolgt hatte. Was am Abend zuvor zwischen ihnen vorgefallen war, wühlte Olivia innerlich mehr auf, als sie es für möglich gehalten hätte. Obwohl die Anwesenheit des Maharadscha und der Maharani sie schützte, empfand sie die Aussicht, längere Zeit in seiner Gesellschaft zu verbringen, nervenaufreibend. Olivia brauchte Zeit, um zu verarbeiten, was mit ihr geschah. Und was immer das sein mochte, es gefiel ihr nicht. Sie war davon überrascht worden, und sie dachte bitter: Nicht nur Raventhorne lehnt Überraschungen ab …
    Während sie aßen und tranken, gab Kinjal ihr Erklärungen zu den vielen Vorbereitungen, die sie durch das Holzgeländer der Veranda unten im Gras beobachten konnten. Das Frühstücksgeschirr wurde abgeräumt, und sie ging mit Olivia ins Haus. »Sie müssen entschuldigen, Olivia, daß ich Sie nicht in den Dschungel begleite. Sie wissen, ich zeige mich nicht vor Männern, und es wäre schade, die Howdah mit Vorhängen zu verschließen.«
    Olivia war nicht nur enttäuscht,

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