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Wer liest, kommt weiter

Wer liest, kommt weiter

Titel: Wer liest, kommt weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Denk
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überhaupt...: Was Martin Walser am 20.5.2012 im Schweizer Radio DRS 2 sagte, betrifft die Kunst, die Musik, auch die »schöne« Literatur, vor allem aber die Schönheiten der Natur.
    Daß die Natur schön sei, empfanden die Menschen seit jeher. Im 9. Buch von Homers Odyssee (8. Jh. v. Chr.) erzählt Odysseus von einer unbewohnten Insel (Übersetzung: J. H. Voß):
Längs des grauen Meeres Gestade winden sich Wiesen,
Reich an Quellen und Klee. Dort rankten die edelsten Reben,
Und leicht pflügte der Pflug, und dicke Saatengefilde
Reiften jährlich der Ernte; denn fett ist unten der Boden. ...
Oben am Ende der Bucht entrieselt der felsichten Grotte
Silberblinkend ein Quell, von Pappelweiden umschattet.
    In dieser Tradition haben Theokrit im 3. Jh. v. Chr. in seinen Idyllen und Vergil (70–19 v. Chr.) in seinen Georgica die Schönheiten des Landlebens gepriesen. In dieser Tradition standen auch viele spätere Naturschilderungen, vor allem wenn ein »lieblicher Ort« zu beschreiben war, ein »locus amoenus«.
    Noch vor der Odyssee wurden die ersten Bücher der Bibel geschrieben, in denen die Natur nicht nur als Natur, sondern als Schöpfung Gottes bewundert wird:
Da machte Gott der HERR den Menschen aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen. Und Gott der HERR pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten hin und setzte den Menschen hinein, den er gemacht hatte. Und Gott der HERR ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen. Und es ging aus von Eden ein Strom, den Garten zu bewässern  ... (1. Mose 2, 7 ff.)
    Daß es einen und nur einen Gott gibt und daß dieser eine Gott die Welt und den Menschen erschaffen hat, sind die zentralen Glaubenswahrheiten, die das Christentum und den Islam mit dem Judentum verbinden. Im Koran wird mehrmals auf die Schöpfung verwiesen, so in der 7. Sure (Ü: Hartmut Bobzin):
Siehe, euer Herr ist Gott, der die Himmel und die Erde in sechs Tagen schuf, sich dann hoch oben auf dem Throne niederließ.
    Vor allem in den Psalmen wird die Schöpfung gepriesen:
Lobe den HERRN, meine Seele! ... / Du lässest Wasser in den Tälern quellen, daß sie zwischen den Bergen dahinfließen, / daß alle Tiere des Feldes trinken und das Wild seinen Durst lösche. / Darüber sitzen die Vögel des Himmels und singen unter den Zweigen. / Du feuchtest die Berge von oben her, du machst das Land voll Früchte, die du schaffest. / Du lässest Gras wachsen für das Vieh und Saat zu Nutz den Menschen, daß du Brot aus der Erde hervorbringst, / daß der Wein erfreue des Menschen Herz und sein Antlitz schön werde vom Öl und das Brot des Menschen Herz stärke. (Psalm 104)
    In der christlichen Tradition entstand auch das Bild vom »Buch der Natur«, über das Ernst Robert Curtius in dem Buch Europäische Literatur und Lateinisches Mittelalter (1948) und Hans Blumenberg in Die Lesbarkeit der Welt (1981) nachgedacht haben.
    In diesem Sinn pries Franziskus von Assisi (1181 /2–122G) in seinem Sonnengesang, einem der ersten Werke der italienischen Literatur, Gott als Schöpfer aller Dinge und sprach Sonne, Mond und Sterne, Wind, Wasser, Feuer und Erde, auch den Tod, als unsere Brüder und Schwestern an. Hier die 2. Strophe:
Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen,
zumal dem Herrn Bruder Sonne;
er ist der Tag, und du spendest uns das Licht durch ihn.
Und schön ist er und strahlend in großem Glanz,
dein Sinnbild, o Höchster. Ref 38
    Die Tiere kommen im Sonnengesang nicht vor. Doch in der Legendensammlung Fioretti spricht Franziskus die Vögel als Geschwister und den wilden Wolf von Gubbio als Bruder an; und sein Mitbruder, der hl. Antonius von Padua, wendet sich in seiner Fischpredigt an die »Brüder Fische«.
    Leider hat Descartes 400 Jahre später in seinem Discours de la méthode die Tiere als sprachlose Automaten bezeichnet. Darüber sind wir heute hinaus. Doch die Ausbeutung der Natur wäre wohl weniger verbreitet, wenn das Gefühl noch lebendig wäre, daß die Fische wie die Vögel und alle Tiere als Lebewesen »Geschwister« der Menschen sind.
    Stattdessen werden die Fische in den vermüllten Meeren dezimiert (u.a. durch die Vernichtung des sog. Beifangs bei der Fischerei mit Grundschleppnetzen) und wurde in Europa die Zahl der Feldvögel seit 1980 halbiert (NZZ, 25.7.2012).
    Auch im Barock und

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