Wer liest, kommt weiter
könne und solle, und kommt zu dem Ergebnis:
So ist es doch wohl das Richtige, nicht so viel Freunde wie nur irgend möglich zu wollen, sondern nur so viele, als für das gemeinsame Leben ausreichen. ... Menschen, die einen ganzen Schwarm von Freunden um sich haben und mit allen auf vertrautem Fuße stehen, sind erfahrungsgemäß niemandem Freund.
Freundschaften sind in vielen Romanen eine zentrales Thema, so in Hölderlins Hyperion, in Tom Sawyer, in Der große Kamerad (Le grand Meaulnes) von Alain-Fournier, in Karl Mays Winnetou, in Arnes Nachlaß (1999) von Siegfried Lenz oder in Cowboysommer (2010) von Hansjörg Schertenleib, vor allem aber in Jugendbüchern wie der Fünf-Freunde-Serie von Enid Blyton und den Narnia-Büchern von C.S. Lewis bis hin zu Harry Potter mit seinen Schulfreunden Ron und Hermine.
Heute sind enge Freundschaften von zwei Seiten bedroht: durch die frühe Sexualisierung, die Jungen-Freundschaften und Mädchen-Freundschaften weniger interessant und zweitrangig erscheinen läßt und zudem bessere Geschäfte ermöglicht (sex sells, Freundschaft und Liebe nicht), und durch die profitabel organisierten freundschaftsähnlichen Beziehungen im Internet.
Diesen Online-Beziehungen widmet Sherry Turkle ihr Buch Verloren unter 100 Freunden (2012) und schildert Kinder, die ihre Eltern auffordern, beim Mittagessen das Handy wegzulegen, ... Teenager, die sich nur online ›unterhalten‹ wollen, die persönlichen Gesprächen konsequent aus dem Weg gehen, Studenten, die über Facebook sagen: Man spielt eine Rolle sowie Ehepaare, die ... sich gegenseitig SMS oder E-Mails schicken, während sie im Bett liegen. Solchen Online-Beziehungen fehlt also meistens genau das, was echte Freundschaften ausmacht: Intimität und Diskretion, Aufrichtigkeit (die hier oft gar nicht möglich ist) und Verzicht auf Selbstdarstellung. Ref 65 , Ref 66
Daß echte Freundschaften zu den Freuden des Lebens gehören, die gratis sind, d. h. freiwillig, kostenlos und mit Dankbarkeit verbunden, sei hier noch erwähnt. Nur deshalb konnte Simon Dach (1605–59) mitten im 30jährigen Krieg dichten:
Lied der Freundschaft (1640)
Der Mensch hat nichts so eigen,
So wohl steht ihm nichts an,
Als daß er Treu erzeigen
Und Freundschaft halten kann;
Wann er mit seinesgleichen
Soll treten in ein Band,
Verspricht sich, nicht zu weichen
Mit Herzen, Mund und Hand.
Die Red‹ ist uns gegeben,
Damit wir nicht allein
Für uns nur sollen leben
Und fern von Leuten sein;
Wir sollen uns befragen
Und sehn auf guten Rat,
Das Leid einander klagen,
So uns betreten hat. ...
Schließlich muß hier als wichtigstes Thema der Literatur die erotische Liebe erwähnt werden, obwohl viel Berufenere darüber geschrieben haben, ich nenne nur Peter von Matts Buch Liebesverrat – Die Treulosen in der Literatur (1989) , das mich beim Lesen an das griechische Adjektiv »glykýpikros« erinnerte, mit dem die Dichterin Sappho die »bittersüßen« Schmerzen der Liebe charakterisiert hat: Gliederlösender Eros treibt wieder mich um, süßbitter, unzähmhar, ein wildes Tier. (Ü: Max Treu)
Während Sappho als erste uns bekannte Dichterin um 600 v. Chr. ihre Gedichte schrieb, entstanden in Israel die Liebeslieder des Hohenliedes, das nur deshalb in die christliche Bibel aufgenommen werden konnte, weil es sich als Bild der mystischen Hochzeit zwischen Christus und der Kirche interpretieren ließ.
Der schönste Beitrag der Griechen zum Thema Liebe ist wohl Platons Symposion, das Albert von Schirnding 2012 neu übersetzt hat. Bei diesem Trinkgelage werden Lobreden auf Eros gehalten. So erzählt der Komödiendichter Aristophanes (gest. um 380 v. Chr.), daß die Menschen früher Kugelwesen waren und sich mit vier Beinen und Händen rollend fortbewegten.
Ihre gewaltige Körperstärke stieg ihnen zu Kopf, und sie planten einen Angriff gegen die Götter ... Zeus und die anderen Götter berieten, was zu tun sei – ohne Ergebnis. ... Endlich kommt Zeus dann doch noch auf einen Gedanken und spricht so: ... Ich werde ... jeden einzelnen in zwei Teile schneiden ... Und sie sollen aufrecht auf zwei Beinen gehen. Wenn sie dann immer noch übermütig sind und keine Ruhe geben wollen, werde ich sie eben noch einmal teilen, daß sie sich nur noch hüpfend auf einem Bein fortbewegen können wie die Sackhüpfer. So sprach er und schnitt die Menschen entzwei, wie man Birnen zum Einmachen zerschneidet oder Eier mit einem Haar teilt.
... Nach der Teilung sehnte
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