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Wer mit Hunden schläft - Roman

Wer mit Hunden schläft - Roman

Titel: Wer mit Hunden schläft - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Picus-Verlag
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sich auf, bis nur mehr der geschwärzte Kopf des Dorfwirts am Strick hing. »Der Hinrichtungswagen ist immer der beliebteste gewesen bei den Faschingsumzugsbesuchern. Beim Aufhängen eines Menschen haben sie die größte Gaudi gehabt. Je bekannter der Sündenbock gewesen ist, desto größer die Gaudi. Das Lustigmachen über das Umbringen, Erschlagen und Anprangern taugte ihnen am meisten. Hat sie abgelenkt von der Angst vor dem eigenen Eingehen. Hat ihnen geholfen, erst gar nicht daran zu denken. Ihnen diese Angst unheimlich gewesen ist das restliche Jahr über, Kreisky, sag ich zu ihm, und traditionell im Fasching ausgetrieben werden musste. Mit aller Gewalt, wie man so schön sagt, wirklich wahr.«
    An die vergangenen Faschingsumzüge musste der Norbert denken, während der Lokführer einen weiteren Monolog führte, von dem der Norbert, in seine Gedanken versunken, nichts mitkriegte. So sehr er sich auch bemühte, die Erinnerung weiterzuspinnen, irgendwann riss sie ab. War an den Kanten ausgefranst wie der Steirerhut des tragisch Verunglückten, der in der Reliquienecke des Lokführers hing. Wie auch die Landschaft entlang den Geleisen, den Bahnhöfen, den Ortschaften ausgefranst und zerschlissen war, auf der Südbahnstrecke. Waren die Gesichter der Mutter, der Leitenbauerischen und des Pfarrers Probodnig verblichen wie die Fotos in der Auslage vom Fotofrosch, der ihm tatsächlich als Frosch in Erinnerung geblieben war. Ihm seine Kindheit wie das in Pastell gehaltene und eingefrorene Bühnenbild eines Laientheaters vorgekommen ist. Im Gegensatz zu seinen Kollegen im ÖBB -Lehrlingsheim, die nur in den schönsten Tönen und Bildern von ihrer Heimat sprachen, sich nach ihr sehnten, hat er sich in größtmöglicher Entfernung von ihr am wohlsten gefühlt. Ihre Landheimat für die Kollegen die Freiheit und die Stadt ein Straflager war, aus dem sie so schnell wie möglich flüchten wollten nach der Ausbildung, zu der sie gezwungen worden waren von ihren Eltern, diese aber ihre Rückkehr selbstverständlich erwarteten, weil sie für die Ausbildung ihrer Söhne teures Geld bezahlten, wie sie es ihnen vorhielten, und sie die Früchte dieser Ausgabe quasi ernten wollten. »Für den Geflüchteten hat die Heimat immer einen größeren Wert als für den Zurückgelassenen. An die Heimat wird in Wehmut und Sehnsucht gedacht, auch wenn sie der schrecklichste Ort ist, in dem die gemeinsten Leute wohnen. Ich bin in ihren Augen ein Verräter gewesen, weil ich das Straflager der Freiheit bevorzugt habe. Weil ich am Wochenende freiwillig im Lehrlingsheim geblieben bin, das dann fast leer war. Weil die anderen natürlich nach Hause gefahren sind. Sie das Lehrlingsheim am Freitag nach Dienstschluss pünktlich um dreizehn Uhr verlassen haben, in Richtung Niederösterreich, Steiermark und Burgenland, von wo die meisten meiner Kollegen her waren«, sagt der Herr Norbert. An diesen Wochenenden fuhr der Norbert allein mit der Straßenbahn durch Wien. Er kam nur zum Essen in das Lehrlingsheim, in dem die an den Wochenenden vorgesehene Kaltverpflegung an die wenigen Dagebliebenen ausgeteilt wurde. Jahrelang hat er sich an den Wochenenden nur von Jagdwurst- und Frühstücksfleischaufstrichdosen ernährt. Diese Frühstücksfleischaufstrichdosen hat der Norbert sehr gemocht, weil er sie noch aus seiner Kindheit gekannt, ihm seine Mutter diese Dosen immer von der Arbeit mitgebracht hat. Weil die Mutter zusätzlich zur Arbeit auf dem Leitenbauerhof noch in der ortsansässigen Verpackungsfabrik gearbeitet hatte. In der Dosenbude, wie die Pichlberger die Fabrik genannt haben. In der Dosenbude haben fast alle Pichlberger Frauen gearbeitet. Anscheinend war die Herstellung von Dosen in allen Größen und Formen eine Arbeit, die Frauen besonders gut beherrschten. Männer waren in der Dosenbude nur in der Instandhaltung oder als Vorarbeiter und Schichtleiter tätig, deren Hauptaufgabe es war, die Frauen vom Tratschen und Kaffeetrinken abzuhalten. Sie mit den Worten gemma, gemma, von ihrer vermeintlich gesetzlich geregelten Pause weg- und somit aus dem Aufenthaltsraum herausgescheucht haben. Oder aus der Toilette, deren Benützung während der Arbeitszeit die Schichtleiter nur ungern gesehen haben. Die Frauen haben sich den Schlüssel für die Toilette vom Schichtleiter abholen müssen, der den Schlüssel nur mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck und den Blick wie beiläufig auf seine Armbanduhr werfend herausgerückt hat. Die Schichtleiter sind in

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