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Wer Mit Schuld Beladen Ist

Wer Mit Schuld Beladen Ist

Titel: Wer Mit Schuld Beladen Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Text.
    Heißt alle sterblich’ Hüllen schweigen
    und in Angst erschauernd harren;
    löst den Geist von irdischen Dingen,
    denn den Segen in den Händen
    steigt Christus unser Gott hienieden
    unsere Huldigung einzufordern.
    Zehn Leute traten nach vorn, um die Kommunion zu empfangen. Drei nicht. Sie und Nathan brachten den Gottesdienst schnell hinter sich. Sie hatte ihm bis jetzt noch nicht mitgeteilt, dass Elizabeth de Groot damit rechnete, seine liturgischen Funktionen zu übernehmen. Nathan besaß die pingelige Pedanterie eines lebenslangen Junggesellen, doch er ging in seiner Arbeit für St. Alban’s auf, und sie vermutete, dass diese Arbeit einer der Anker seines Lebens war.
    Sie verabschiedete die Besucher neben der Tür zum Narthex, ein wenig geschützt vor der Kälte, die jedes Mal eindrang, wenn die großen Außentüren geöffnet wurden. Die junge Mutter und der Geschäftsmann eilten wie stets mit einem hastigen Hallo an ihr vorbei, doch die Rentner umringten sie mit vor Neugier leuchtenden Augen, um sich zu erkundigen, wie es ihr ging. Die neuen Besucher lungerten weiter hinten, ganz offensichtlich scharf auf eine saftige Enthüllung, doch zu verschämt oder zu gut erzogen, um nach vorn zu treten und sie direkt zu fragen, ob ihre Affäre mit dem Polizeichef diesen dazu veranlasst hatte, seine Frau zu erschießen. Clare redete unerschütterlich über das Wetter und die bevorstehende Spendenaktion, ein Spaghetti-Essen, das, wie ihr aufging, diesen Monat wohl außerordentlich gut besucht sein würde.
    Schließlich zog sie sich zurück, und die Sensationsgierigen gingen nach draußen. Ein Mann, ungefähr in ihrem Alter, hatte im Südschiff herumgetrödelt, wo er die Buntglasfenster betrachtete. Er trug einen schweren Parka über dem Mantel und dem leuchtend gestreiften Hemd, und auf seiner locker gebundenen Krawatte prangte ein Bild von Snoopy. Kein Anwalt, so viel stand fest.
    »Großartige Kirche haben Sie«, bemerkte er.
    »Danke.«
    »Wann wurde sie erbaut?«
    »Um den Bürgerkrieg. Sie werden bemerken, dass die Namen auf dem Fenster, das Sie gerade betrachten, verschiedene Sterbedaten in den 1860ern tragen.«
    »Wer ist der römische Soldat mit dem Heiligenschein?«
    »Das ist Sankt Alban, unser Schutzheiliger. Er war als Zenturio in Britannien stationiert, als er zum Christen wurde. Die Legende berichtet, dass er, als der Priester, der ihn getauft hatte, zum Tode verurteilt wurde, die Kleidung mit ihm tauschte und an seiner Stelle starb.«
    »Aha. Ein Soldat, als Priester verkleidet.« Er sah sie an. »Wie man hört, trifft das auch auf Sie zu.«
    »Ex-Soldat. Ich war Kampfpilotin, doch das ist schon lange her.« Sie lächelte unbeschwert. »Schreiben Sie einen Artikel über die Kirche?«
    Er grinste. »Bin ich so einfach zu durchschauen?« Er streckte die Hand aus. »Ben Beagle vom Post-Star. «
    »Na ja, Sie haben dieses gewisse zerknautschte Extrablatt -Etwas.« Sie schüttelte seine Hand, während sie dachte: Mist! Was sage ich jetzt? Was soll ich tun? Sie war keinesfalls der Überzeugung, dass ein Wort ins richtige Ohr, wie Mrs. Marshall das nannte, besonders viel nützen würde. Gleichzeitig war ihr bei einem Blick in sein fröhliches, intelligentes Gesicht klar, dass sie ihm nicht mit einer Klage wegen Verleumdung drohen konnte. Oder übler Nachrede. Was auch immer.
    Dann fiel der Groschen. Es konnte nicht mehr als einen Ben Beagle geben. »Sie sind investigativer Journalist beim Post-Star, stimmt’s? Haben Sie nicht einen Preis gewonnen?«
    Er nickte, sein Wangen färbten sich rosa. »Glauben Sie mir, der meiste Alltagskram ist weit weniger sexy. Vor ein paar Wochen war meine größte Story ein Nebenerwerbslandwirt, der sein Schwein an jemanden verlor, der beschlossen hatte, sich direkt dort im Stall persönlich zu einem Weihnachtsbraten zu verhelfen.«
    Sie zwinkerte. Hin und wieder erinnerte ihr Magen sie daran, wie überaus ländlich ihre Gemeinde war. »Ich weiß, was Sie meinen. Ich schätze, Woodward und Bernstein hatten nicht besonders häufig die Chance, eine Schweineschlachtung zu recherchieren.«
    Er lachte. »Nein.« Er zog ein kleines Notizbuch aus der Tasche und schlug es auf. »Diese Woche arbeite ich an etwas weitaus Wichtigerem. An dem Tod von Linda Van Alstyne. Sie haben gehört, dass sie ermordet wurde.« Es war keine Frage.
    »Eine furchtbare Tragödie.« Woher wusste er das? Sie glaubte nicht, dass die Identität des Mordopfers der Presse schon bekanntgegeben worden

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