Wer nach den Sternen greift
mitkommen.«
»Oh, weil er in Ihr Geschäft investieren will?«
»Ja. Er ist ein Mann mit Visionen, Sophie, wussten Sie das?«
»Mein Vater ist der perfekteste Mann auf der ganzen Welt«, erklärte Sophie.
Frederic legte seine Hand über ihre, und Sophie spürte überrascht, dass ein seltsames Gefühl in ihr aufstieg. Es ließ den ganzen Abend über nicht nach, und sogar, als sie bereits im Bett lag, war es noch da. O verdammt, dachte sie erschrocken. Sie durfte sich nicht verlieben. Jedenfalls nicht in einen Mann, der in Detroit lebte, einen Mann, der mit seinen Händen arbeitete und keine gesellschaftliche Stellung hatte, ganz gleich, wie reich und entzückend seine Großmutter war.
In der folgenden Woche lud Mrs. Hult Annie und Sophie zum Tee ein, nachdem Sophie und Frederic am Nachmittag mit der Fähre nach Staten Island gefahren waren.
An einem anderen Tag gingen sie in Sophies Lieblingsmuseum, das Museum of Natural History, wo Frederic fasziniert vor der ägyptischen Sammlung stand. Sie fuhren auch zur Freiheitsstatue, die Sophie bisher nur aus der Ferne gesehen hatte. Dort kletterten sie die unendlich scheinende Treppe hinauf, und oben auf der Aussichtsplattform blies der Wind Sophie den Hut vom Kopf, und lachend blickten sie ihm nach, als er aufs Wasser hinausgewirbelt wurde. Frederic ergriff ihre Hand.
An den Abenden besuchte Sophie Bälle und Debüts, bei denen sie bereits zugesagt hatte, aber die freien Abende verbrachte sie mit Frederic. Sie dinierten, manchmal mit Mrs. Hult, manchmal mit ihren Eltern und manchmal auch allein, und einmal gingen sie tanzen, und das Herz schlug ihr bis zum Hals, als er sie an sich zog.
An dem Freitagabend, bevor er nach Detroit zurückfuhr, sagte er: »Du sollst wissen, dass ich mich in dich verliebt habe.«
Seit zwei Wochen hatte sie gemerkt, dass sie nur noch an Frederic denken konnte, dass sie nur glücklich war, wenn er bei ihr war, und wenn er nicht bei ihr war, wollte sie nur ihn. Aber Detroit!
Sie saßen in der Kutsche, weil sie im Theater und danach noch zu einem späten Abendessen gewesen waren. Er nahm sie in die Arme und küsste sie. Sie spürte seine Lippen auf ihren, und als seine Zunge in ihren Mund drang, stöhnte sie leise auf. Er küsste sie auf den Hals und hauchte kleine, fedrige Küsse auf ihre Augenbrauen. Sie verlor sich in seinen Küssen. Er sollte nie mehr aufhören, sie wollte seine Hände auf ihrem Körper spüren, seine Küsse auf ihren Brüsten, sie wollte …
»Ich liebe dich auch«, flüsterte sie.
»Heirate mich«, sagte er.
Sophie löste sich von ihm.
»Nicht jetzt sofort. Nächstes Jahr, wenn ich mein erstes Modell gebaut habe.«
Sie blickte ihn an und ihr wurde klar, dass er hundertmal mehr wert war als die »Vierhundert«. Er war ein junger Mann mit einer Vision, mit Vorstellungskraft. Er sah gut aus, er hatte eine reizende Großmutter, ihre Eltern fanden ihn unwiderstehlich, und ihr Vater hatte bereits in Frederics Traum investiert. Und sie schmolz unter seinen Berührungen dahin. Er sollte sie wieder küssen und nie mehr aufhören.
»Ja«, sagte sie. »Ich heirate dich, wenn du das fertig gebaut hast, was immer es ist.«
»Ein Automobil«, erwiderte er und küsste sie.
11
F rederic wollte vor seiner Abreise um ihre Hand anhalten, aber Sophie wollte nicht, dass jetzt schon alle erfuhren, dass sie Frederic Hult heiraten würde, dessen Name in der New Yorker Gesellschaft unbekannt war. Was für ein Name war Hult überhaupt? Er klang nicht besonders vornehm. Aber das galt ja für Curran auch. Die New Yorker Gesellschaft sollte nicht wissen, dass sie einen Niemand heiratete. Aber die Berührung seiner Hände entfachte die Lust in ihr, und seine Küsse brachten sie zum Leuchten wie die Morgenröte den Himmel. Und obwohl seine größte Leidenschaft einer Maschine galt, war er weitaus interessanter als alle anderen jungen Männer, die sie kannte.
Annie hatte recht. Seine Großmutter war entzückend. Sie war witzig und lustig, warmherzig und liebevoll. Sie lachte viel, und sie vergötterte Frederic. Sie hätte ihm all ihr Geld zur Verwirklichung seines Traums gegeben, aber genauso wie bei Frederic war es fest angelegt, selbst der üppige monatliche Scheck, den sie von den Ölquellen in Titusville bekam. Sie besaß immer noch das Haus dort, wo sie im Anfang ihrer Ehe mit ihrem Mann gelebt hatte, aber dorthin zurückgehen wollte sie nicht. Vermietet hatte sie es jedoch nicht, sondern alles so gelassen, wie es war, und jedes
Weitere Kostenlose Bücher