Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)
aufsperrte. Ich folgte seiner Stimme ins Schlafzimmer, wo er im Bett lag und mal wieder einen von diesen albernen Science-Fiction-Romanen las, nach denen er geradezu süchtig war. »Du warst so lange weg, ich hatte schon ganz vergessen, wie sexy du bist! Ich liebe es, wenn du dieses T-Shirt anhast«, sagte er und zog mich aufs Bett, um mich an sich zu drücken. Ich trug ein schmutziges altes Yale-T-Shirt. Ich sah ihm ins Gesicht, um festzustellen, ob er mich aufziehen wollte, doch er meinte es absolut ernst.
Drei Wochen nach meinem Besuch bekam ich eine Mail von Josh:
Ich wollte dir nur sagen, dass Mo-Mo und ich uns letztes
Wochenende verlobt haben. Sie war sehr überrascht, aber wir sind total glücklich und freuen uns darauf, alles zu planen. Wir wollten dir die Neuigkeit unbedingt mitteilen.
Bei dem Wort »verlobt« machte mein Herz unwillkürlich einen Sprung. Dann las ich die Mail noch einmal und akzeptierte es. Alles war, wie es sein sollte.
»Wow, herzlichen Glückwunsch!«, schrieb ich zurück. »Wie hast du ihr den Antrag gemacht? Große Geste oder eher schlicht?«
»Ich habe eine Schnitzeljagd im Botanischen Garten gemacht«, schrieb er zurück. »Und an der letzten Station, wo ich ihr zum ersten Mal gesagt habe, dass ich sie liebe, setzten wir uns zu einem Picknick hin, und dann bin ich vor ihr auf die Knie gefallen. Also eine Art Mischung aus groß und schlicht.«
Einen Augenblick war ich sprachlos. Dann leitete ich die Mail an Jessica weiter und schrieb dazu: »Der hat meine Idee geklaut! Für seine Verlobung! Mann, ist das billig. Das ist so was von billig !«
»Ach, sieh es doch einfach so«, meinte sie, »sobald der Rabbi die beiden zu Mann und Frau erklärt hat, steckt Josh der Brautjungfer seinen Kopf zwischen die Brüste und macht das Motorboot!«
13. K APITEL
Mut ist amüsanter als Angst und auf lange
Sicht auch einfacher. Wir müssen nicht
über Nacht zu Helden werden. Man muss
nur immer einen Schritt nach dem anderen
machen, und wenn sich ein Problem stellt,
sollte man es nicht für so schrecklich halten,
wie es auf den ersten Blick aussieht.
Und dann wird man entdecken, dass man
die Kraft hat, es auch zu bewältigen.
Eleanor Roosevelt
»A ls Nächstes kommt also der Stand-up-Comedy-Auftritt, und danach arbeiten Sie eine Woche im Bestattungsinstitut, stimmt’s?«, fragte Dr. Bob.
»Und dann der Kilimandscharo. Warum habe ich mir die größten Herausforderungen eigentlich bis zum Ende aufgespart?«
»Schade, dass Sie die beiden nicht kombinieren konnten. Mit einem Stand-up-Comedy-Auftritt im Bestattungsinstitut hätten Sie auf jeden Fall ein großes Publikum gehabt!«
Ich stöhnte.
»Wissen Sie, eine Rede in der Öffentlichkeit zu halten, ist das, wovor die Menschen in Amerika mehr Angst haben als vor allem anderen«, sagte er ganz nüchtern. »Der Tod kommt tatsächlich erst auf Platz zwei.«
»Ja, ich weiß, Jerry Seinfeld hat da mal einen Witz drüber gemacht. Er meinte, die meisten Leute würden lieber im Sarg liegen als die Trauerrede halten. Ich kann das total verstehen. Wenn ich auf eine Bühne trete, kommt mir Sterben wie eine absolut akzeptable Alternative vor.«
»Stand-up-Comedy ist also Ihre größte Angst?«
Ich nickte. Allein, wenn ich darüber redete, verspannte sich bei mir schon jeder Muskel. »Alles andere würde ich lieber tun, egal was. Ganz ehrlich, ich würde den gesamten Inhalt meines Bankkontos geben – okay, das, was jetzt noch übrig ist –, um die Sache zu vermeiden. Ich weiß, dass das völlig irrational ist.«
»Überhaupt nicht. Die Leute haben aus demselben Grund Angst vor einer öffentlichen Rede, aus dem Tiere nervös werden, wenn sie von Raubtieren umgeben sind«, erklärte er. »Das ist alles auf die Evolution zurückzuführen. Unsere Vorfahren hatten gefährliche Nachbarn. Wer in der Öffentlichkeit spricht, muss eine dominante Haltung gegenüber Fremden einnehmen. Stellen Sie sich vor, jemand hätte das vor zehntausend Jahren getan, in einer unerbittlichen Welt, umgeben von hungrigen, wütenden und vielleicht sogar paranoiden Fremden. Wer vor Fremden aufstand und anfing zu reden, wurde am Schluss zum Abendessen verspeist.«
»Sie wollen mir also sagen, dass mich das Publikum lebendig verspeisen wird?«
Er zwinkerte mir zu. »Wenn Sie Glück haben, werden Sie vorher getötet.«
Ein paar Wochen zuvor hatte ich Chris angemailt und gefragt, ob er irgendwelche Comedy-Clubs kannte, die Amateure auftreten ließen. Als Blogger für die
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