Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)
weggekommen.«
Er hatte recht. Der Seitensprung verschob die Machtverhältnisse in unserer Beziehung. In der Zeit, die wir danach noch zusammen waren, kam das Thema jedes Mal wieder auf den Tisch, wenn wir uns stritten, und sei es über irgendeine Lappalie. Manchmal, wenn wir uns küssten, stellte ich mir vor, wie er mit dieser Studentin rummachte (nachdem ich von ihm verlangt hatte, dass er mir jedes schmutzige Detail erzählte, wusste ich, dass sie klein, kurvig und brünett gewesen war, also mein genaues Gegenteil), und meine Stimmung war prompt wieder dahin. Die Sache nagte noch Jahre an mir, als wir schon längst nicht mehr zusammen waren.
»Ich flirte allerdings extrem gern«, gab Josh zu. »Eine Frau darf mich nicht zu sehr an die Kandare nehmen.«
»Wie ist Mo-Mo denn so?«, erkundigte ich mich.
»Mo-Mo ist ganz gelassen und überhaupt nicht besitzergreifend. Sie ist der entspannteste Mensch, den ich jemals kennengelernt habe.«
»Okay, gab es sonst noch was, was du an mir nicht mochtest?«
»Du hattest überhaupt nichts fürs Reisen übrig, und ich weiß noch, dass ich mir dachte, ich kann nicht mit einem Menschen zusammen sein, der nicht gerne reist.«
Das stimmte. Selbst in Urlauben, bei denen man nur am Strand lag und Drinks nuckelte, fühlte ich mich unwohl. Ich hasste dieses Gefühl des Schwebezustands. Ich hatte so ein nervöses Gefühl im Bauch, als hätte ich ein Problem und würde die ganze Zeit nach der Lösung suchen. Und dieses Problem schien sich nur zu lösen, wenn ich wieder zu Hause war, meine Sachen ausgepackt hatte und zu meiner Alltagsroutine zurückkehren konnte. Josh reiste nach dem College ein Jahr lang mit dem Rucksack durch drei Kontinente. Er nahm an der Stierhatz in Pamplona teil, durchwanderte die Dschungel von Thailand, erkletterte Gletscher in Argentinien und half bei der Weinernte in Frankreich. Internationale Reisen – vor allem ohne Begleitung – standen ganz oben auf meiner Angstliste. Ich war versucht, Josh von meinen Kilimandscharoplänen zu erzählen, um ihm zu zeigen, wie sehr ich mich verändert hatte. Ich wusste, dass er ebenso neidisch wie beeindruckt sein würde. Doch dafür war ich nicht hier, also hielt ich mich weiter an meine Fragen.
»Was meinst du, warum es mit uns beiden letztlich nicht geklappt hat?«, fragte ich.
Er dachte ein paar Sekunden nach. Ich dachte, er würde etwas sagen wie »Wir waren zu jung« oder »Weil ich weggezogen bin – die Fernbeziehung war einfach zu anstrengend.« Stattdessen sagte er: »Ich wollte mich ins volle Leben schmeißen, und du mochtest eher die Dinge, an die du dich gewöhnt hattest.« Ich wurde blass. Eines hatte ich an Josh immer geliebt, nämlich dass er mich aus meiner Bequemlichkeit riss. Aber vielleicht war ich für ihn einfach nur ein Mühlstein am Hals gewesen? Der Gedanke traf mich, weil das auch eine Sorge bezüglich meiner Beziehung zu Matt war. Jedes Mal, wenn er mich kritisierte, weil ich nicht geselliger war, fragte ich mich, wie lange es wohl noch dauern mochte, bis er es satt hatte und mich für ein Mädchen verließ, das Dinnerpartys super fand und keinen Therapeuten brauchte, der sie überredete, auch mal was Neues auszuprobieren.
Josh fuhr an den Straßenrand und hielt neben einem dichten Gebüsch. »Nach einer Stunde Autofahrt platzt mir fast die Blase«, sagte er. Und nachdem er sich vergewissert hat, dass kein Polizist in Sichtweite war, pinkelte er hinter die Büsche.
Wir hatten vorgehabt, in seine Wohnung zu fahren, uns dort mit Monique zu treffen und dann in eine Bar zu gehen. Wenn unsere Begegnung tatsächlich irgendwie hölzern verlaufen sollte, ließ sich das einfacher überspielen, indem wir einen trinken gingen. Josh und ich saßen auf den Sofas im Wohnzimmer, als man einen Schlüssel im Schloss hörte. Ich hielt den Atem an. Mir war klar, dass diese Begegnung über die Stimmung des restlichen Wochenendes entscheiden würde.
»Jemand zu Hause?«, rief eine angenehme weibliche Stimme.
»Wir sind hier!«, rief Josh.
Als Monique eintrat, sah ich, dass es noch schlimmer war, als ich befürchtet hatte. Im wirklichen Leben war sie noch schöner. Außerdem hatte man auf dem Facebook-Foto ihre perfekten, üppigen Brüste nicht gesehen.
Sie gab mir die Hand. »Ich freu mich, dich endlich kennenzulernen«, sagte sie so herzlich, dass ich ihr tatsächlich glaubte.
Josh rutschte beiseite, um auf dem Sofa Platz für sie zu machen. Ich war erleichtert, dass sie sich zur Begrüßung nicht
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