Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)
kicherten wissend. »Und zwar, weil jemand tatsächlich alle Sitze auf einer Seite mit Fäkalien beschmiert hat.« Das Gelächter wurde lauter.
»Da merke ich, dass der Wagen gar nicht leer ist. Die Fahrgäste haben sich nur am anderen Ende des Wagens zusammengedrängt und klammern sich dort verzweifelt aneinander. Ich stelle mich also zu ihnen – denn nichts bringt die Leute dichter zusammen als die Furcht vor menschlichen Exkrementen. Bei der nächsten Station steigt ein Paar in Abendgarderobe ein, beide heillos betrunken – um sechs Uhr abends – und sie gehen auf die Sitze zu.« Ein paar Zuschauer, die schon ahnten, was als Nächstes kommen würde, stöhnten. »Wir merken, was gleich passieren wird, also schreien alle Fahrgäste: › NEIIIIIIN ! HALT !‹ Doch das Paar ist so blau, dass sie überhaupt nicht schnallen, was los ist, und … sie setzen sich in die Scheiße.« Kollektives Stöhnen aus dem Publikum, aber gemischt mit Gelächter.
»Wir schreien dem Paar zu: ›Stehen Sie auf! Nicht da hinsetzen!‹, und die beiden lallen: ›Hä? Wassis los?‹ Irgendwann stehen sie dann doch auf und taumeln auf die andere Seite des Ganges, um sich dort hinzusetzen, aber da die Sitze dort genauso verdreckt sind, setzten sie sich ein zweites Mal in die Scheiße.« Die Damen im Saal schrien auf, während die Typen ein paarmal in die Hände klatschten, wie man es macht, wenn man Geschichten von anderen Leuten in peinlichen Situationen genießt.
»Und wir anderen Fahrgäste rasten total aus und schreien: › NEIIIIIN ! Da auch nicht! Weg da!‹ Also rutscht das Paar ein Stückchen weiter und schmiert sich dabei schön weiter ein. Ganz im Ernst, seit meinem letzten deutschen Porno hab ich niemanden mehr gesehen, der sich so ausgiebig in Scheiße wälzt.« Die weiter vorne sitzenden Studenten bogen sich bei diesem Spruch.
»An der nächsten Station steigt das Paar aus und geht zu seiner Party, in voller Abendgarderobe, und die beiden haben keine Ahnung, dass sie von hinten aussehen wie ein Jackson Pollock – wenn Jackson mal eine Scheiß-Periode gehabt hätte –, und als sich die Türen schließen, brechen sämtliche Fahrgäste in Gelächter aus. So richtig brüllendes Gelächter, bei dem man sich gegenseitig auf den Rücken haut. Es war herrlich. An jenem Abend hat etwas eine Gruppe von Fremden in New York zusammengebracht.« Ich legte eine letzte Kunstpause ein. »Und es war scheißlustig.«
Kurze Stille, dann explodierte das Publikum.
»Vielen Dank!«, rief ich über das Klatschen und die Beifallsrufe hinweg und steckte das Mikro wieder auf den Ständer. »Sie waren ein tolles Publikum!«
Unglaublich. Das Gefühl, das mich in diesem Moment überkam, war anders als alles, was ich bisher erlebt hatte. Es war eine so reine und tiefe und ungetrübte Freude, dass es sich fast anfühlte, als wäre ich high. Ich war ganz verliebt in diesen Moment. Ich hätte am liebsten meine Sachen gepackt, um vollkommen in diesen Moment einzuziehen. Ich wollte den Rest meines Lebens darin verbringen. Ich war überwältigt und ekelhaft glücklich. Und was noch besser war – ich fand mich selber spitze.
Als ich in den abgetrennten Bereich mit den anderen Teilnehmern zurückkam, gab es High Fives und Schulterklopfen von den anderen. »Na, damit wäre der Wettbewerb wohl gelaufen«, meinte einer grinsend. Ein anderer beugte sich vor und sagte mir ins Ohr: »Du hast das Ding in der Tasche! Herzlichen Glückwunsch!« Noch bevor ich an meinem Platz war, brummte mein Handy schon, weil die ganzen SMS von meinen Freunden eintrafen.
Chris: »Wahnsinn! Wir sind ALLE total hin und weg!«
Jessica: »Ich verzeihe dir, dass du die Terroristenbabys weggelassen hast. Denn du warst wirklich FANTASTISCH ! Du hast so lässig ausgesehen da oben. Deine Vorstellung war unglaublich.«
Bill: »Ich glaube, du bist echt der Held für mich. P. S.: Ich habe mich so was von fremdgeschämt, als diese Mischung aus Pink und Rumpelstilzchen auf der Bühne war. Mann, war die Frau Panne.«
Aber die schönste SMS war die von Matt. Er schrieb: »Das ist das Tollste, was ich dich jemals habe tun sehen. Und nicht nur dich. Du könntest echt Stand-up-Comedian werden. Es war so was von gut. Wenn du nicht gewinnst, fackel ich denen die Bude ab.«
Während der Auftritte der nächsten drei Teilnehmer konnte ich gar nicht aufhören zu strahlen, und ich hörte gar nicht zu, was sie sagten. Mein Gott, jetzt würde ich diesen Wettbewerb tatsächlich gewinnen. Ich konnte es
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