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Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Titel: Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Hancock
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nicht fassen! Das wäre die Leistung, auf die ich nach meiner Aufnahme in Yale am stolzesten wäre. Im Geiste probte ich eine schnelle Dankesrede. Wie schön, dass ich Matt und Chris und Jessica und Bill öffentlich für ihre Unterstützung danken konnte! Vielleicht würde ich mich sogar bei Eleanor bedanken. Ich würde kurz das Projekt beschreiben und erzählen, wie ich diese Angst bis zum Ende aufgeschoben hatte, weil es einfach die schrecklichste von allen war. Und am Ende würde ich einen Spruch im Sinne von »Träume können wirklich wahr werden« bringen.
    Als der Letzte fertig war, betrat der Moderator die Bühne. »Und jetzt zu den Gewinnern des New York’s Funniest Reporter Contest 2009!«, rief er. Aufregung und nervöse Vorfreude tobten in meinem Magen.
    »Der dritte Platz geht an …« Er nannte den Namen des Good Morning America -Korrespondenten, der selig grinste und in die Menge winkte.
    »Der zweite Platz geht an …«
    Es kommt ganz selten vor, aber es gab ein paar Gelegenheiten in meinem Leben, in denen ich eine Vorahnung von etwas hatte, das gleich passieren würde. Kein Verdacht, sondern eine Gewissheit. Und auf einmal wusste ich, dass ich diesen Wettbewerb nicht gewonnen hatte. Ich war so sicher, dass sie meinen Namen jetzt nennen würden, dass ich ihn im Geiste mitsprach:
    »Noelle Hancock!«
    Obwohl ich es gewusst hatte, brandete eine schmerzliche Enttäuschung durch meinen Körper. Meine Freunde klatschten zögerlich. Sie wussten nicht, ob sie für den zweiten Platz applaudieren sollten, wo sie doch so sicher gewesen waren, dass ich gewinnen würde. Ich lächelte strahlend, aber in meiner Kehle pochte es vor unterdrückten Gefühlen. Hinter meinen Augenlidern begann es zu stechen. Jetzt heul nicht , schimpfte ich mich selbst.
    Die lakonische CNN -Produzentin wurde zur Siegerin gekürt. Sie sah überhaupt nicht überrascht aus, als sie auf die Bühne kam, und es schien ihr auch nicht allzu viel zu bedeuten. Sie nahm die Auszeichnung mit einem Ausspruch wie »Hey, danke, Leute« entgegen. Bevor sie die Bühne verließ, sagte sie: »Aber jetzt auch noch mal ein Applaus für die übrigen Teilnehmer. Ihr wart einfach großartig!« Dann war die Show vorbei. Matt und meine Freunde waren auf der anderen Seite des Saales, aber ich ging nur langsam zu ihnen hinüber, denn ich wollte mich erst ein bisschen fangen, bevor ich mich zu ihnen gesellte. Glücklicherweise fing mich unterwegs der Moderator ab, der mich und die anderen beiden Gewinner zur Bühne führte, wo wir zehn Minuten lang fotografiert wurden. Wenn ich mir diese Bilder später ansah, staunte ich immer wieder, wie sich auf einem Gesicht zwei so widerstreitende Emotionen zugleich spiegeln können. Mein Mund war zu einem breiten Grinsen geöffnet, aber meine Augen wirkten kraftlos und glänzten von den unterdrückten Tränen. Als wir fertig waren, verließ ich die Bühne, und Jessica empfing mich mit einer Umarmung.
    »Den Sieg haben sie dir aber wirklich geklaut!«, sagte sie. »Tut mir leid, dass ich nicht bleiben kann, aber mein Flieger morgen geht so früh, und ich hab noch nicht gepackt.« Sie hatte kurz entschlossen einen Rucksackurlaub in Argentinien geplant.
    »Danke, dass du gekommen bist! Und jetzt hau ab, du Hippie!« Ich versuchte, fröhlich zu klingen, aber meine Stimme hatte diesen verzweifelten hohen Ton, den Menschen anschlagen, wenn sie eine Enttäuschung verbergen wollen.
    Dann war Matt auch schon bei mir. Er gab sich gar keine Mühe, seine Stimmung zu verhehlen, sein Gesichtsausdruck verriet die pure Empörung. »So ein Scheiß!«, rief er. »Ich kann’s nicht fassen, dass du nicht gewonnen hast.« Dann hellte sich seine Miene auf. »Ich kann überhaupt nicht glauben, wie gut du da oben warst!« Er legte die Arme um mich und verschränkte sie hinter meinem Rücken. »Du warst so selbstsicher, Schatz. Ich hatte das Gefühl, du kommst da richtig in dein Element. So was hab ich noch nie gesehen.«
    Als er das so sagte, wurde mir auf einmal bewusst, wie absurd ich mich verhielt. Als ich heute hierhergekommen war, war es mein einziges Ziel gewesen, meinen Text nicht zu vergessen. Und auf einmal hatte ich die Messlatte so hoch gelegt, dass mich nur die absolute Perfektion befriedigen konnte. Dadurch hatte ich mir eine Enttäuschung bereitet, wo ich mich eigentlich nur hätte freuen sollen. Genau die Angewohnheit, über die ich seit einem halben Jahr hinwegzukommen versuchte. Und in diesem Moment beschloss ich, meine

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