Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)
eigenes Schicksal verantwortlich zu sein, während ich Tausende von Metern über dem Boden schwebte.
Ein weiterer Grund, warum ich das Fliegen so wichtig nahm, war der, dass Eleanor für ihr Leben gern geflogen war. Sie ist in den Zwanziger- und Dreißigerjahren mehr Meilen geflogen als jede andere Frau auf der Welt, woraufhin die Zeitschrift Good Housekeeping sie prompt »unsere fliegende First Lady« taufte. Franklin fiel das Reisen aufgrund seiner Lähmung schwerer, und so flog sie für ihn um die Welt, und das zu einer Zeit, in der die meisten Amerikaner Flugreisen immer noch für eine unsichere Sache hielten. Sie flog mit einer C-87A-Regierungsmaschine mit dem Namen Guess Where II . Ursprünglich war sie für Franklin gedacht, bis sich herausstellte, dass die C-87A gar zu gern abstürzte und Feuer fing. Also gab der Geheimdienst das Flugzeug lieber für Eleanor frei.
Im April 1933 nahm die berühmte Flugpionierin und Frauenrechtlerin Amelia Earhart bei einem offiziellen Dinner im Weißen Haus teil. Eleanor war noch nie nachts geflogen und lauschte hingerissen, während Amelia beschrieb, wie es war, wenn man hinunterblickte und die Lichter von Washington D.C. unter sich sah. In einer Laune schlug Amelia vor, noch in derselben Nacht mit Eleanor nach Baltimore und zurück zu fliegen. Und eine Stunde später waren die beiden Frauen schon in der Luft, mit Abendkleid, Handschuhen und Stöckelschuhen. Sogar mir als Flugzeughasserin gefiel diese Geschichte: zwei beherzte Frauen, die ein langweiliges Dinner gegen einen Ausflug in Abendgarderobe tauschten. Als sie landeten, hatte sich die Presse schon am Flughafen versammelt.
»Wie hat es sich angefühlt, in einer Maschine zu sitzen, die von einer Frau geflogen wird?«, fragte einer der Reporter.
»Ich habe mich absolut sicher gefühlt«, antwortete Eleanor. »Ich würde etwas darum geben, wenn ich selbst fliegen könnte.« Amelia bot ihr an, ihr Flugstunden zu geben, und die First Lady schaffte es bis zur Gesundheitsprüfung für Piloten, doch dann riet ihr Franklin davon ab, dieses Projekt weiterzuverfolgen.
»Ich weiß, wie Eleanor Auto fährt«, sagte er angeblich. »Wenn man sich dann vorstellt, wie sie fliegt …«
Mit dem Erwerb eines Pilotenscheins konnte ich zu Ende bringen, was Eleanor verwehrt blieb! Aber, wie ich bald herausfand, kostet es zwischen 7000 und 10 000 Dollar, den Pilotenschein zu machen, und erfordert mindestens vierzig Flugstunden mit einem Lehrer. Es musste noch einen anderen Weg geben. Da erinnerte ich mich an ein Gespräch, das ich vor ein paar Jahren einmal mit einem befreundeten Investmentbanker geführt hatte. Er hatte erzählt, dass er bei einer Betriebsfeier ein bisschen zu tief ins Glas geguckt und bei einer stillen Auktion ein Gebot auf einen Flug in einem Kampfjet abgegeben hatte. Ein Freund und er waren zu einer Kampffliegerschule gegangen, in der Zivilisten einen Tag lang Kampfpilot spielen durften.
»Wie in einer Computersimulation?«, fragte ich hoffnungsvoll.
»Nein, Mann, du sitzt in einem richtigen Flugzeug in 1500 Metern Höhe. Der Ausbilder startet und landet den Flieger, aber ansonsten steuerst du das Teil ganz allein! Mann, wir haben lauter so abgefahrene Tricks gemacht!« Er imitierte seine Flugmanöver und verschüttete dabei ein bisschen von seinem Drink. »Einmal wäre ich fast bewusstlos geworden von der Beschleunigung! Das war so der Hammer!«
Es klang grässlich, und genau deswegen fühlte ich mich gezwungen, es zu machen. Ich schickte ihm eine Mail und bekam die Nummer des Unternehmens, das sich Air Combat USA nannte. Als ich anrief, erfuhr ich, dass der nächste Termin erst in einem Monat frei war. Billig war es auch nicht gerade, aber auf jeden Fall günstiger als ein Pilotenschein. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, gab ich ihnen meine Kreditkartennummer. Der Mann am Telefon nahm meine Daten auf und informierte mich, dass ich eine gepfefferte Strafe zahlen müsste, für den Fall, dass ich doch wieder absagte.
Die nächsten Wochen waren von unbeschreiblicher Angst geprägt. Der Tag mit dem Kampfflieger lauerte in der Ferne und überragte alle anderen Herausforderungen, denen ich mich bis dahin noch stellen wollte. Skeptisch blätterte ich das Informationsmaterial durch, das mir Air Combat geschickt hatte. Im Brief mit den Anweisungen hieß es:
Ihre Mission ist angesetzt für 13.00 Uhr. Melden Sie sich fünfzehn Minuten vorher zum Dienst, damit Sie Ihren Fliegeranzug anprobieren und sich Helm und
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