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Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Titel: Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Hancock
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mir Sorgen, dass mir das Geld ausgeht, bevor ich …« Ich hielt mitten im Satz inne, und an der Stelle, auf der die Füllfeder ruhte, bildete sich ein Tintenfleck auf dem Papier. In diesem Text kamen so viele »Ichs« vor. Mir wurde klar, dass man mit Sorgenmachen nicht nur nichts erreicht, sondern auch seinem Ego die Zügel schießen lässt. Es geht so oft um einen selbst und die eigenen Gefühle. Noch ein guter Grund, das Sorgenmachen einzuschränken. Nimm dir ein bisschen Zeit für dich, aber dann beschäftige dich lieber wieder mit dem Leben.
    Als ich an meinem letzten Abend zum Essen kam, stellte ich fest, dass Margaret bereits abgereist war. Offensichtlich war sie ohne ein Wort des Abschieds verschwunden. Ich wusste nichts über sie, außer dass sie verheiratet war (das hatte mir ein Blick auf ihren Ring am Finger verraten) und gern Pullis mit Noppenstruktur trug. Als ich vorm Schlafengehen meinen Koffer packte, fiel mir auf, dass ich anstelle meiner technischen Spielzeuge Eleanors Bücher benutzt hatte, um mich abzulenken. Jedes Mal, wenn ich diese Woche angefangen hatte, mich mit meinen Sorgen auseinanderzusetzen, hatte ich zu den Büchern gegriffen. Sie gehörten genauso zu meinem Vermeidungsverhalten. Wow, diese Woche war ja wirklich ein Schlag ins Wasser gewesen.
    Nach fünf Tagen unaufhörlicher Regengüsse hörte ich jetzt, wie das Prasseln von einem Moment auf den anderen aufhörte. Ich zog die Glasschiebetür auf, schlich auf den Hinterhof und ging im Mondlicht das Labyrinth ab. Bei meiner Ankunft hatte ich Alice gesagt, dass ich lernen wollte, einfach nur zu sein . Aber einfach nur sein bedeutete auch Arbeit. Es reichte nicht, Schweigeexerzitien zu machen. Man konnte nicht in ein paar Tagen eine echte Veränderung seines Bewusstseins erzielen, indem man mal ein paar Kleinigkeiten im Leben wegließ. Ich würde weiter daran arbeiten müssen, nicht nur für den Rest des Jahres, sondern wahrscheinlich für den Rest meines Lebens. Während ich langsam auf die Mitte zulief, hatte ich immer weniger Schuldgefühle, weil meine Schweigeexerzitien kein uneingeschränkter Erfolg gewesen waren. Wenn man durch ein Labyrinth läuft, glaubt man manchmal, in eine bestimmte Richtung zu gehen, nur um dann herauszufinden, dass man genau in der entgegengesetzten unterwegs war. Es gibt keine Sackgassen, genauso wie es auch im richtigen Leben keine echten Sackgassen gibt – es gibt nur jede Menge Gelegenheiten, seinem Leben eine andere Richtung zu geben. Ja, ich war beim Meditieren gescheitert und war so abgelenkt, dass ich mich nicht mal auf meine Sorgen konzentrieren konnte, aber wir veränderten uns doch alle ständig. Sogar Eleanor, die ehemalige Antisemitin, war eine der engagiertesten Verfechterinnen jüdischer Anliegen geworden. »Es reicht nicht, bloß über den Frieden zu reden«, hatte sie gesagt, »man muss daran arbeiten.« Sie bezog sich zwar auf einen echten Krieg, aber im Grunde konnte man dasselbe vom inneren Frieden sagen.
    Und damit verschwanden alle Gedanken aus meinem Kopf. Ich ging einfach weiter, nahm Spirale um Spirale und spürte die kühlen, feuchten Steine unter meinen Füßen, während ich langsam auf die Mitte zuging.

11. K APITEL

    Das Leben ist dazu da, dass man es lebt,
dass man seine Erfahrungen bis ins Letzte
auskostet, dass man ständig begeistert
und furchtlos nach neuen und größeren
Erfahrungen sucht.
    Eleanor Roosevelt
    A ls Kind träumte ich oft vom Fallen. Es war nie so richtig klar, wo ich eigentlich herunterfiel, aber es war ganz klar, wohin die Reise ging. Bei diesen Träumen zuckte ich so heftig zusammen, dass ich jedes Mal aufwachte, bevor ich auf dem Boden aufschlug. (»Du hast Glück«, verkündete mir meine damals beste Freundin im Brustton der Überzeugung. »Wenn du im Traum auf dem Boden aufschlägst, stirbst du auch in echt. Das ist wissenschaftlich erwiesen.«) Neunundzwanzig Jahre lang war Skydiving buchstäblich mein schlimmster Albtraum.
    Ich dachte an die körperlichen Risiken, die Eleanor in ihrem Leben eingegangen war. 1933 fuhr sie vier Kilometer tief in eine Kohlemine in Ohio. Kohlebergwerke waren richtig gefährlich, weil oft Stollen einstürzten und es Explosionen oder Überschwemmungen gab. Wenn so eine Katastrophe passierte, war eine Bergung der Minenarbeiter oft schwierig bis unmöglich. Doch Eleanor wollte die Arbeitsbedingungen dieser Menschen selbst erleben und kam zu dem Urteil, dort unten sei es »dunkel, feuchtkalt und erschreckend«.
    Einmal nahm

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