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Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition)

Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition)

Titel: Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Gruber , Heinz Oberhummer , Martin Puntigam
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Lediglich 50 Femtosekunden lang (circa 50·10 –15 Sekunden), und das ist wirklich sehr, sehr kurz. Wenn sich Wasser vor einer Mathematikschularbeit noch einmal schnell im Buch was anschauen wollte – es hätte es buchstäblich noch in derselben Sekunde vergessen. Deshalb hat Wasser auch keine Matura [33] , weil es sehr schlecht lernt. Aus demselben Grund brauchen Sie auch nicht zu fürchten, dass sich Wasser an Sie erinnert. Wasser, das Sie heute als Harn abschlagen, wird in ein paar Jahren nicht als Sodawasser vor Ihnen am Tisch stehen und sagen: „Hallo, wir kennen uns noch von damals, ich war Ihr kleines Geschäft.“

    Im Gegensatz zu dem sie umgebenden Wasser können sich Goldfische, denen landläufig ein Drei-Sekunden-Gedächtnis nachgesagt wird, ziemlich lang zurückerinnern. Tatsächlich beträgt die Gedächtnisspanne von Goldfischen mindestens mehrere Monate. Man kann Goldfische ganz gut dressieren, wenn man damit etwa die Verwandtschaft zu Weihnachten bei Laune halten will. Sie können sich erinnern, wann sie wo Futter bekommen haben, und schwimmen deshalb zur selben Tageszeit immer wieder an denselben Platz in einem Teich oder Aquarium. Karpfen, die mit Goldfischen sehr eng verwandt sind, können sogar verschiedene Musikstile auseinanderhalten. Sie können etwa Blues von Klassik unterscheiden, im Einzelnen John Lee Hooker von Johann Sebastian Bach. [34] Ob sie Klassik von Barock unterscheiden können, also etwa Mozart von Bach, ist nicht bekannt. Aber dadurch würden die Goldfische auch nicht schlauer, das weiß man mittlerweile. Der sogenannte Mozart-Effekt existiert nämlich nicht. Diesem fast 20 Jahre alten Mythos wurde 2010 von einem Team der Fakultät für Psychologie der Universität Wien endgültig der Garaus gemacht.
    Psychologen von der Universität Wisconsin hatten im Jahre 1993 über verbesserte räumliche Vorstellungen nach dem Hören von Mozarts Musik berichtet. Dies wurde als Mozart-Effekt bekannt, weil in dieser Arbeit die Sonate für zwei Klaviere in D-Dur (KV 448) von Wolfgang Amadeus Mozart verwendet wurde. Populär wurde das Ganze im Jahre 1997 durch den Bestseller „The Mozart Effect“ des Amerikaners Don Campbell. Das Hören von Musik, insbesondere von Mozart, könne die Gehirnleistung stärken, Kreativität fördern und sogar Körper und Geist heilen, wurde darin behauptet. Eine riesige Geschäftemacherei setzte daraufhin ein. Unzählige Kinder und auch Tiere im Stall mussten sich Mozarts Musik als Brain-Booster anhören. Schwangere Frauen und Babys werden bis heute mit der Musik von Mozart und anderen Klassikern berieselt. Beispielsweise verschenkte der Gouverneur von Colorado, USA, an jede werdende Mutter eine entsprechende Mozart-EffektCD.

    Warum gibt es den Mozart-Effekt nicht? Was weiß man 2010 in Wien besser als 1993 in Wisconsin?
    Manchmal können, wie beim Mozart-Effekt, die ursprünglichen Forschungsergebnisse von anderen Forschern nicht redupliziert werden. In diesem Fall kann man auf eine Metastudie zurückgreifen. Das ist eine Studie von Studien, das heißt eine Zusammenfassung von vielen Untersuchungen zu einer bestimmten Frage. Solche Metastudien sind die modernste Art der Forschung, weil sie etwaige Unzulänglichkeiten und Fehler einzelner Studien ausmerzen. Und so eine Metastudie haben die Forscherinnen und Forscher der Universität Wien gemacht, dabei nicht weniger als 40 Studien von über 3000 beteiligten Personen ausgewertet und eben gefunden, dass am Mozart-Effekt nichts dran ist. Psychologinnen und Psychologen reihten kürzlich den Mozart-Effekt an die sechste Stelle der 50 größten Mythen der populären Psychologie. (An erster Stelle steht übrigens die Ansicht, dass wir nur zehn Prozent unseres Gehirns tatsächlich nutzen – siehe Seite 21.)
    Das hat aber die Firma Mundus nicht davon abgehalten, eine „Abwasserbehandlung mit Naturschallwandler“ zu entwickeln. [35]
    Was soll dabei passieren? Mikroben, die in Kläranlagen bei der Reinigung des Abwassers mithelfen, werden rund um die Uhr mit einem „Best of Zauberflöte“ beschallt. Angeblich werden sie dadurch leistungsfähiger und sorgen dafür, dass weniger Klärschlamm anfällt. Ob sie das wirklich tun oder nur versuchen, sich die Ohren zuzuhalten, weiß auch einer der Verkäufer der Methode nicht, weil er – wie er ehrlicherweise in einem Interview zu Protokoll gibt – selbst nicht weiß, wie das Ganze überhaupt funktioniert. [36] Und da ist er nicht der Einzige, denn wie so etwas

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