Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition)
aufgrund von actio est reactio also, würde sich der Asteroid mit derselben Kraft, mit der er die Gase ausströmt, von diesen wegbewegen. Er würde im wahrsten Sinne des Wortes abdampfen.
Diese Konzepte, einen Asteroiden oder gar Meteoriten vom Landen auf der Erde abzuhalten, haben einen entscheidenden Nachteil: Kein Mensch kann sagen, ob sie tatsächlich funktionieren, sie wurden noch nie ausprobiert. Wenn Apophis im Vorbeifliegen zwar anerkennend nicken, aber trotzdem im Meer einschlagen würde, könnte er einen Tsunami auslösen, doppelt so hoch wie der katastrophale Tsunami in Südostasien 2004.
Warum sind Tsunamis eigentlich so gefährlich? Immer wenn etwas sehr gefährlich ist, ist sehr wahrscheinlich hohe Energie im Spiel. Beim Tsunami verhält es sich nicht anders. Wenn bei einem Erdrutsch oder Erdbeben ein Teil des Bodens gehoben wird, wird sehr viel Energie frei. Wasser ist aber nicht komprimierbar, das heißt, der Druck weicht nach allen Seiten aus, und so kann ein Tsunami entstehen, eine Wasserwelle zwischen Meeresboden und Wasseroberfläche, die senkrecht schwingt. Das machen nicht alle Wellen. Normalerweise wird nur die Oberfläche des Meers in Bewegung gebracht – Wasserwellen. Bei einem Tsunami wird aber die gesamte Wassersäule vom Meeresboden bis zur Oberfläche zum Schwingen gebracht. Im Meer hebt sich der Meeresspiegel nicht dramatisch. Aber je näher er ans Ufer kommt, desto weniger Platz gibt es für das Wasser, deshalb wird der Tsunami immer höher.
Wenn der Tsunami auf Land trifft, baut sich daher keine Wasserwand auf, sondern es steigt der Wasserspiegel, und zwar rasant, mit rund 30 km/h. Die gesamte Energie des Tsunamis wird an Land in Reibungsenergie umgewandelt, das Wasser drängt so lange ins Land hinein, bis die Energie umgewandelt ist. Man kann sich das ungefähr so vorstellen, wie wenn auf einem Faschingsball eine Partyschlange durch den Saal läuft, und wenn die Schlange den Saal verlässt, sieht der Erste plötzlich, dass im Foyer einer hingespieben hat und Glasscherben am Boden liegen, und will bremsen, aber von hinten kommt laufend Energie nach, so lange, bis niemand mehr anschiebt. Also, der Boden im Foyer ist dann auf jeden Fall sauber, aber der Preis für den Ersten in der Schlange, der die gesamte Energieentladung über sich ergehen lassen müssen hat, ist entsprechend hoch.
All diese Naturkatastrophen haben eines gemeinsam, der Mensch kann nicht viel dagegen tun. Wenn sie passieren und man ist nicht weit genug weg davon, kann man sich je nach Gemütslage seinem Schöpfer empfehlen oder sich zwanglos wieder in den Kohlenstoffkreislauf eingliedern. Das galt früher auch für Epidemien wie die Pest und heute, wenn auch eingeschränkt, für Seuchen wie AIDS. AIDS ist gegenwärtig, vor allem aus politischen und wirtschaftlichen Gründen, in vielen Teilen der Erde ein Todesurteil. Vor der Pest fürchtet sich heute niemand mehr, obwohl die Pest vor Jahrhunderten einmal ein Big Player war. Was ist passiert?
Die große Pest-Pandemie von 1347 bis 1353 forderte in Europa 25 Millionen Todesopfer, das war etwa ein Drittel der damaligen Bevölkerung. Ausgelöst wird die Erkrankung durch das Bakterium Yersinia pestis, das sich gerne mit dem Rattenfloh fortbewegt. Das ging lange Zeit gut, bis Sir Alexander Fleming im Sommer 1928 eilig auf Urlaub fuhr und davor sein Labor nicht mehr ordentlich zusammenräumen konnte. Nach der Rückkehr entdeckte er, dass in eine Petrischale mit Staphylokokken-Kulturen, mit denen er aktuell arbeitete, Schimmelpilze geraten waren, die den Bakterien das Leben mehr als nur schwer gemacht haben. Der Schimmelpilz gehört zur Gattung Penicillium, die eine keimtötende Wirkung hat. Der Rest ist Geschichte, weshalb wir uns heute vor bakteriellen Infektionen wie der Pest nicht mehr zu fürchten brauchen und eine Lungenentzündung nicht mehr bedeutet, dass man schnell sein Testament verfassen sollte.
So verheerend die Pest damals in Europa gewütet hat, so sehr ist sie indirekt für den heutigen Wohlstand mitverantwortlich. Durch den gewaltigen Bevölkerungseinbruch im 14. Jahrhundert kam es zu einer grundlegenden Umstrukturierung der Gesellschaft, was langfristig positive Folgen hatte. Durch die Entvölkerung konnte sich der Wald in den Gegenden erholen, in denen zuvor durch Landnahme massiv gerodet worden war, durch Menschen-, also Arbeitskräftemangel mussten die Zünfte auch Mitglieder zulassen, die davor unstandesgemäß gewesen waren, durch
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