Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer nie die Wahrheit sagt

Wer nie die Wahrheit sagt

Titel: Wer nie die Wahrheit sagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
so ist«, sagte Simon schmunzelnd, »mal sehen, ob sie mir die Hand abbeißt.« Er streckte Lily Frasier die Hand hin. »Freut mich, noch einen Savich kennen zu lernen.«
    Ihre gute Erziehung gab den Ausschlag, und sie reichte ihm die Hand. Eine weiche Hand, glatt und weiß, aber an den Fingerspitzen Schwielen. Er runzelte die Stirn, als er das fühlte. »Ah, ich erinnere mich, Sie sind Künstlerin, so wie unser Savich hier.«
    »Ja, ich habe dir doch von ihr erzählt, Simon. Sie zeichnet den Aalglatten Remus, politische Cartoons, die …«
    »Ja, sicher, ich erinnere mich. Ich habe die Sachen gelesen, ist aber schon eine Weile her. Das war in der Chicago Tribune, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Genau. Ist dort etwa ein Jahr lang erschienen. Dann bin ich in eine andere Gegend gezogen. Überrascht mich, dass Sie sich daran erinnern.«
    Er sagte: »Sehr bissig und zynisch, die Sachen, aber einfach zum Schreien. Ich glaube nicht, dass es eine Rolle spielt, ob der Leser Demokrat oder Republikaner ist, die politischen Spielchen sind derart gut getroffen, dass es egal ist. Wird die Welt noch mehr von Remus zu sehen kriegen?«
    »Ja«, antwortete Lily. »Sobald ich meine eigene Bleibe gefunden habe, fange ich wieder damit an. Also, wieso sind Sie so erpicht drauf, meine Bilder zu sehen?«
    Sean ließ seinen Cracker fallen, blickte unschuldig seine Mutter an und begann zu brüllen.
    Sherlock hob ihn lachend aus dem Walker. »Fertig fürs Bad, Süßer? Himmel, die Windeln gehören auch mal wieder gewechselt. Ist sowieso schon spät, also bringen wir’s gleich hinter uns. Dillon, wieso machst du Lily und Simon nicht inzwischen einen Kaffee? Ich komme dann noch mal mit dem kleinen Prinzen runter.«
    »Ein Stück Apfelkuchen wäre nicht schlecht«, erklärte Simon. »Hab noch nicht zu Abend gegessen; würde die Falten im Magen ein wenig auspolstern.«
    »Aber gern«, sagte Savich, warf Lily noch einen abschließenden prüfenden Blick zu, um sicher zu sein, dass mit ihr alles in Ordnung war, und verschwand dann in der Küche.
    »Wieso wollen Sie unbedingt meine Bilder sehen?«, wiederholte Lily ihre Frage.
    »Das möchte ich lieber nicht verraten, bevor ich sie nicht gesehen habe, Mrs. Frasier.«
    »Also gut. Und was machen Sie in der Welt der Kunst?«
    »Ich bin Auftragshändler, Agent.«
    »Was genau verstehen Sie darunter?«
    »Nun, ein Kunde will, sagen wir mal, ein bestimmtes Bild erwerben. Einen Picasso. Ich finde raus, wo sich das gewünschte Objekt befindet, falls ich das nicht ohnehin weiß – in den meisten Fällen verhält es sich so – und sehe, ob er zu verkaufen ist. Wenn es so ist, dann kaufe ich ihn für den Klienten.«
    »Und wenn er in einem Museum ist?«
    »Dann rede ich mit den Leuten im Museum, schaue, ob es nicht ein anderes Bild mit ähnlichem Wert gibt, das sie für das, das mein Klient will, eintauschen würden. Wenn es so läuft, wenn das Museum das haben will, was ich im Austausch anbiete – mehr als das ursprüngliche Bild –, dann läuft der Deal. Selbstverständlich versuche ich ständig auf dem Laufenden zu bleiben, was die Wünsche und Bedürfnisse aller wichtigen Museen der Welt betrifft und auch aller wichtigen Sammler.« Er schmunzelte. »Obwohl sich die meisten Museen nur sehr ungern von einem Picasso trennen würden.«
    »Dann wissen Sie also auch alles über den Schwarzmarkt.«
    Ihre Stimme war ausdruckslos, ohne hörbaren Vorwurf, doch er spürte, dass sie ihm nicht über den Weg traute. Wieso? Ach ja, ihre Bilder. Sie vertraute ihm nicht, weil sie Angst um ihre Bilder hatte. Damit konnte er fertig werden.
    Er setzte sich ihr gegenüber aufs Sofa, griff nach einer Decke und hielt sie ihr hin.
    »Danke«, sagte Lily, »mir ist tatsächlich ein bisschen kalt. Nein, nein, werfen Sie sie einfach rüber.«
    Aber das tat er nicht. Er breitete sie über ihren Beinen aus, merkte, dass sie ihn nicht in ihrer Nähe haben wollte, runzelte die Stirn, setzte sich wieder und sagte: »Natürlich weiß ich über den Schwarzmarkt Bescheid. Ich kenne alle wichtigen Spieler, von den Dieben über die skrupellosesten Händler bis zu den besten Fälschern und natürlich den Kunstsammlern, von denen viele regelrecht besessen sind, wenn sie sich auf ein bestimmtes Stück eingeschossen haben. ›Besessenheit‹ ist überhaupt ein häufig gebrauchtes Wort in diesem Metier. Gibt es irgendetwas, das Sie darüber wissen möchten, Mrs. Frasier?«
    »Sie kennen also die Verbrecher, die die Bilder für die

Weitere Kostenlose Bücher