Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)
war am Telefon, richtig geschrien hat der. Du musst mich da raushauen, hat er gesagt. Ich brauch das Auto und so. Also, der hatte richtig Schiss wegen seinem Führerschein.«
Emma sah noch einmal kurz nach hinten. August schlief. Sie fragte:
»Und sonst? Hat er sonst noch was erzählt von der Nacht?«
»Nee. Ich hab so getan, wie wenn ich schlafe. Weil, weißte«, sie sah kurz zu Emma, »wenn der sauer ist, dann will der immer mit mir schlafen. Und das ist dann nicht gerade Blümchensex, verstehste.«
Emma schwieg eine Weile. Dann sagte sie: »Mal ehrlich, was findest du eigentlich an dem Typen?«
Heike sah nach vorn. Sie schien zu lächeln. »Meistens ist der ja ganz lieb. Und da ist immer was los.«
Sie sah zu Emma. »Mir geht’s nicht um die Kohle. Echt nicht. Aber der will was, verstehste? Der hat Ehrgeiz. Und den hab ich auch.«
»Und Marlon?«
Vor ihr war ein Großlaster. Emma blinkte, um links zu überholen, aber keiner ließ sie dazwischen. Sie riss das Steuer hart nach links, der Autofahrer hinter ihr bremste und ließ die Lichthupe aufleuchten. Emma sah stur geradeaus und scherte vor dem Laster wieder rechts ein. Dann fiel ihr die Stille im Wagen auf. Heike sah wieder nach rechts aus dem Fenster. Dann drehte sie sich zu Emma.
»Als meine Eltern den Unfall hatten, da war ich gerade 16. Ich hatte immer die Jungs. Der Pastor, der hat uns geholfen, klar, aber ich war doch mit den Jungs zuhause.«
Sie schwieg. Die Scheibenwischer quietschten, und Emma stellte sie aus. Heike meinte:
»Ich bin jetzt auch mal dran.«
Emma sah sie an, aber Heike schaute nach vorn. Den Rest der Fahrt schwiegen sie.
Am Bahnhof weckten sie August. Emma holte am Schalter Fahrkarten mit ihrer EC -Karte, kaufte etwas Proviant und gab Heike ihren letzten Zwanziger.
»Nehmt euch ein Taxi, wenn ihr da seid.«
Heike nickte. Etwas unbeholfen standen die beiden voreinander und wussten nicht, wie sie sich verabschieden sollten. Schließlich beugte sich Emma zu August und umarmte ihn.
Auf dem Gleis standen nur wenige Leute. Heike beobachtete ihren kleinen Bruder, der am Geländer turnte. Sie drehte sich zu Emma:
»Darf man im Zug rauchen? Nee, oder?«
»Nein.«
Heike seufzte. Sie hielt ihre Plastiktüte mit dem Proviant im Arm und sah sehr jung aus. Als der Zug kam, kletterte sie mit August in den Wagen. Emma winkte, bis sie nicht mehr zu sehen waren.
Berlin, Charlottenburg. Redaktion BerlinDirekt
I n der Redaktion ging es hektisch zu. Ein Feuer war in der Nähe des Flughafens ausgebrochen und behinderte mit Rauchschwaden den Flugverkehr. Drei Kollegen saßen am Telefon und versuchten, den jeweils aktuellen Stand für die Nachrichten zu erfahren. Der Ü-Wagen war zur Brandstelle gefahren, und Susanne, die Spätredakteurin, war dabei, den Sendeplan umzustellen. Als Emma an ihr vorbeiging, sah sie von ihrem Telefon hoch und legte eine Hand über die Sprechmuschel.
»Ich hab dir auf den AB gequatscht, gilt jetzt aber nicht mehr. Kannst du gleich noch mal kommen, dann reden wir.«
Emma nickte und ging zu ihrem Schreibtisch. Drei Anrufe hatte ihr Telefon während der Autofahrt gespeichert. Susanne wollte eine Zusammenfassung für die 19-Uhr-Sen dung, Bente fragte, ob sie sich den Blog angesehen hatte, und Sebastian, wann sie endlich den Dienstwagen zurückbringen würde.
Bei der letzten Nachricht grinste Emma. Sie nahm den Autoschlüssel aus der Tasche und rief Sebastians Namen. Als er sich umdrehte, warf sie ihm die Schlüssel quer durch das Großraumbüro zu.
»Hier, hab sogar getankt.«
Sebastian fing die Schlüssel auf. Sein Gesicht lief rot an, und er drehte sich abrupt wieder um. Ein paar der Umsitzenden lachten.
Emma suchte die Nummer von Heikes Arbeitgeber heraus und erzählte der Vorgesetzten von dem Überall. Die Frau stöhnte, beharrte auf der Krankschreibung und legte dann auf. Wie es Heike ging, schien sie nicht zu interessieren.
Susanne hatte ihr Telefongespräch beendet, und Emma ging zu ihr. Sie ließ sich auf den Stuhl schräg hinter ihr fallen, und Susanne drehte sich halb zu ihr um.
»Ich wollte eigentlich eine Zusammenfassung von dir. Was seit dem Mord passiert ist. Ermittlungen, Pressekonferenz heute. Aber das bringe ich jetzt doch nicht mehr unter. Oder gibt’s noch was Neues?«
»Der Vater vom Mordopfer ist heute angeschossen worden. Täter unbekannt, vermutlich ausländische Drogenbanden. Sie haben einen Neonazi aus dem Umfeld des Toten entführt.«
Susanne sah sie mit offenem Mund an. »Was
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