Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)
würde heute Abend auf die beiden warten.
»Du, Emma – sind diese Typen auch hinter dir her? Ich meine, bist du …«
»Nein, Mama. Mach dir keine Sorgen. Danke, dass du mir hilfst.«
Eine Weile blieb es still, und Emma hoffte, dass ihre Mutter nicht weiterfragte.
Eine hochschwangere Frau ging langsam und gekrümmt auf dem Kiesweg vor ihr. Der zukünftige Vater hielt ihre Hand und sah sie ängstlich an. Emma wandte den Blick ab. Helene sagte:
»Pass auf dich auf, meine Süße. Wir sehen uns am Samstag.«
Emma schluckte. »Ja, am Samstag.«
Helene legte auf, und Emma hielt noch einen Moment das Telefon ans Ohr. Dann holte sie tief Luft und wählte die Nummer der Redaktion. Bente nahm ab, ihre Stimme klang anders als sonst, knapp und etwas schrill.
»Emma, wo bist du, was machst du?«
»Ich bin im Krankenhaus. Keine Sorge, ich bin okay. Der Pastor ist angeschossen worden, und Schmitz ist verschwunden. Blume hat mir einen Maulkorb verpasst.«
»Kannst du trotzdem etwas davon bringen?«
»Ja, aber nur für die Nachrichten. Ich fahr nachher ins Funkhaus.«
»Soll ich auf dich warten? Ich bin sowieso noch ’ne Weile hier.«
»Brauchst du nicht. Ich kann mit Schneider reden.«
»Da wirst du kein Glück haben. Schneider ist gegangen.«
»Jetzt schon? Dann ruf ich ihn nachher aus dem Sender an.«
Bente schwieg einen Moment. Die Frau auf dem Kiesweg stöhnte. Ihr Freund sah sich verlegen um.
»Emma, pass auf dich auf. Dein Name ist in einem Blog aufgetaucht.«
Emma spürte, wie sich etwas in ihr zusammenzog.
»Was für ein Blog? Was steht da?«
»Ich schick dir den Link.«
Berlin, Charlottenburg.
Redaktion BerlinDirekt
B ente legte auf. Sie fror im kalten Zimmer, aber ohne Frischluft war der Raucherdunst hier nicht auszuhalten. Schneiders Schreibtischstuhl verursachte ihr Rückenschmerzen, ihre Knie stießen an die Tischkante, aber der Schraubmechanismus war eingerostet. Im engen Raum hatte sie das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Vor ihr lagen der Wochenplaner und verschiedene Umlaufmappen, vollgestopft mit Zetteln, auf denen die unleserliche Handschrift von Schneider stand. Bente beschloss, sich die Sachen an ihrem Platz drüben im Großraumbüro anzusehen. Sie holte tief Luft und versuchte sich zu freuen. Wenn sie alles geprüft hatte, würde sie zu dem Delikatessenladen an der Ecke gehen und die teuerste Flasche Champagner kaufen.
Brandenburg, Kreisstadt Müncheberg.
Kreiskrankenhaus
H ier.«
Emma hielt Heike einen kleinen Zettel hin und sagte:
»Das ist die Adresse meiner Mutter in Bremen. Ich fahre euch jetzt nach Berlin, dann nehmt ihr den nächsten Zug.«
Heike sah sie an, als verstünde sie nicht, was sie gerade gehört hatte. Emma drückte ihr den Zettel in die Hand. »Am besten sagt ihr niemandem, wo ihr hinwollt, und ruft auch nicht an.«
Heike starrte auf den Zettel in ihrer Hand und flüsterte:
»Wenn ich noch mal fehle, schmeißen die mich raus.«
»Ich klär das. Gib mir die Adresse, ich rufe dort an. Ich sage, du hast einen Schock nach dem Überfall. Das ist vermutlich nicht mal gelogen.«
Heike sah Emma an. Etwas in ihrem Blick veränderte sich.
Ihre Augen begannen zu schwimmen, aber sie holte tief Luft und drückte die Tränen weg. Sie nickte und sagte leise:
»Ich wollte nicht, dass dem Pastor was passiert.« Sie schluckte. »Die Partei will das Pfarrhaus übernehmen. Nach der Wahl. Als Ausbildungszentrum. Ich will da mitmachen. Ich kann gut mit Menschen umgehen.«
Emma fragte: »Was war in der Nacht? Als Lukas starb?«
Heike zögerte. Sie schloss ihre Finger um den Zettel und senkte die Augen. Emma sagte leise.
»Du hast ihn gemocht, oder? Den Lukas?«
Die junge Frau drehte sich weg. Emma seufzte und betaste vorsichtig ihre Wunde am Kopf.
»Wir sollten losfahren. Je schneller ihr beide hier raus seid, desto besser.«
Heike nickte. Emma ging zu August nach vorne in die Kapelle und setzte sich neben ihn auf die Bank.
»August, du machst jetzt mit deiner Schwester einen Ausflug. Ihr fahrt für ein paar Tage nach Bremen. Es wird dir gefallen!«
August hatte noch immer starr nach vorne gesehen. Jetzt drehte er seinen Kopf zu ihr und sagte: »Er hat gesagt, er bleibt immer bei mir.«
»Wer, der Pastor?«
»Nein, nicht der Pastor. Mein Bruder. Marlon. Er hat gesagt, wir müssten aufeinander aufpassen. Warum hat er das gemacht, Emma?«
Emma nahm seine Hand. »Ich weiß es nicht, August. Ich kannte ihn nicht.«
Der Junge sagte leise: »Vielleicht habe ich nicht gut
Weitere Kostenlose Bücher