Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)
Hals hielt.
Schneider war ihm in der Hinsicht keine Hilfe. Seit Wochen lagen die Vorschläge für die Kürzungen der Freiengehälter auf seinem Schreibtisch, aber jedes Mal, wenn er ihn darauf ansprach, hatte er gerade ein dringendes Problem in der laufenden Sendung.
Schulenburg kramte in seiner Schreibtischschublade nach etwas Essbarem. Er fand einen zu Feinstaub zerfallenen Müsliriegel und einen abgelaufenen Schokoladenweihnachtsmann. Den steckte er sich gleich ganz in den Mund.
Als wenn ihm das Spaß machte. Die Nachrichtenschicht würde er zusammenstreichen müssen, zwei Leute im Wechsel konnte sich der Sender nicht mehr leisten. Für die Nachrichtenleute hieße das, jede halbe Stunde auf Sendung mit wechselnden Formaten. Das hielt keiner lange durch. Er hörte schon, wie sie sich beschwerten, er würde sie verheizen. Aber war er nicht verpflichtet, auch immer neuen Leuten eine Chance zu geben?
Er riss den Müsliriegel auf und schüttete sich die Krümel in die Hand. Genauso viele Kalorien wie Schokolade, aber man konnte sich wenigstens einreden, etwas Gesundes zu sich zu nehmen.
Er brauchte einen Chefredakteur, der ihn nicht mit Einwänden abbremste. Er war es leid, immer der Buhmann zu sein. Sicher würde er gern hochkarätigen Journalismus anbieten, aber die Zeiten waren eben nicht so.
Schneider würde er nicht so einfach loswerden. Er hatte den Sender mit aufgebaut, damals Mitte der 80er, als die ersten Privatsender in Deutschland aufmachten. Sein Vertrag war eindeutig, hatte der Justitiar gesagt, eine Freistellung ging nur unter Weiterführung der Bezüge. Damit brauchte er dem Vorstand gar nicht zu kommen. Eine schwere Krankheit wäre die Lösung, aber so etwas wünschte er ja eigentlich keinem.
Sorgfältig wischte er die Krümel vom Tisch und stopfte das Stanniolpapier und die Müslipackung in die Taschen seiner Gucci-Jeans. Er gestand es sich nicht ein, aber es war ihm vor seiner Sekretärin peinlich, so einen Müll gegessen zu haben.
Er beschloss, sich den Rest der Mails auf seinem iPad zuhause anzusehen und fuhr den PC runter. Er würde bei Raphaele halten und sich gegrillte Sardinen mitnehmen, vielleicht noch einen guten Weißwein.
Er nahm seine Tasche und die Jacke, schloss das Büro ab und fuhr mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage. Es war kalt, nur noch wenige Wagen standen hier. Seine Schritte hallten auf dem Betonboden, und er war froh, als er seinen Landrover erreicht hatte. Die Verrieglung piepste, er setzte sich hinein, legte Jacke und Tasche auf den Nebensitz und holte tief Luft.
Es gab immer eine Lösung. Er würde mit Schneider reden. Dann startete er den Wagen und verließ das Gebäude.
Berlin, Kreuzberg
O h, was für eine schöne Überraschung! Hallo!«
Emma erschrak, als sie von hinten umarmt wurde. Blume küsste sie auf die Wange, während sie es mit hängenden Armen geschehen ließ. Sie stand schon seit ein paar Minuten hier und hatte gezögert, auf die Klingel zu drücken. Sie musste mit Blume über den Fall reden, aber im Grunde wäre sie jetzt lieber allein gewesen.
»Sind wir verabredet? Egal, komm erstmal rein.«
Er ging an ihr vorbei zur Haustür und schloss auf. Auf dem Boden vor ihm lag die Zeitung. Er hob sie auf und stopfte sie in eine der vollen Leinentaschen, aus der Milchtüten herausschauten. Bei Aldi einkaufen, aber in Ökotaschen packen, dachte Emma und ärgerte sich sofort darüber, so kleinlich zu sein. Sie lächelte und nahm ihm eine der Taschen ab. In seiner Wohnung stellte sie die Einkäufe in der Küchenzeile ab. Blume fing an, die Sachen einzuräumen.
»Hast du Hunger? Ich könnte uns schnell was machen.«
»Nein danke«, sagte Emma und dachte an das Padam, das sie mit Weiß geteilt hatte. Er hatte es kaum angerührt und ihr das meiste überlassen.
Blume schnitt sich ein Brot ab und belegte es mit Käse. Er aß es im Stehen an der Küchenzeile, während er die Zeitung überflog. Den Bericht über den Mord mit den Fotos von der Wohnung wollte er schon überblättern, da legte Emma ihre Hand auf die Seite.
»Wie sind die denn an die Fotos gekommen?«
Blume versuchte weiterzublättern, aber Emma hielt seine Hand fest. Er sah sie an und seufzte.
»Es gab einen Riesenärger deswegen. Keine Ahnung, wer das war. Die Bilder sind aus der Hüfte geschossen, vermutlich mit einem Handy.«
Blume zog eine Grimasse, als wollte er sich darüber lustig machen, aber sein Gesichtsausdruck sagte ihr, dass er sich ärgerte. Keine gute Ausgangslage, um etwas von
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