Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)
eine andere Gelegenheit…«
»Kommen Sie, wir können uns doch noch auf dem Weg unterhalten.«
Er nahm seine Aktentasche und machte eine einladende Bewegung, ihm zu folgen. Bente ging hinter ihm durch den schmalen Eingangsbereich der Kantine und fühlte sich wie eine Idiotin.
Er wandte sich zur Treppe, sie blieb beim Fahrstuhl stehen. »Es ist nichts, Herr Hirsch, auf ein andermal.« Sie wechselte ihre Kaffeetasse in die linke Hand und reichte ihm die rechte zum Abschied. Für keinen Job der Welt würde sie hinter ihm die große Freitreppe entlangstolpern und für jeden hörbar über ihre Fähigkeiten plaudern. Sie wollte ein Gespräch unter vier Augen. Ein paar eilig hingesagte Sätze auf dem Treppenabsatz fand sie entwürdigend.
Hirsch blieb stehen und sah sie schmunzelnd an. Bente hatte nach der Begegnung mit Blume den Internetauftritt von Eberhard Hirsch auf den Seiten der Senatsverwaltung nachgelesen. Sie wusste, dass der Mann erst Mitte fünfzig war. Er sah viel älter aus. Er sagte:
»Ich hab gestern Ihren Bericht im Radio gehört, über diese Aktion der Rechten Liga. Alle Achtung, das war saubere Arbeit.«
»Danke.«
»Ich sollte Ihrem Wortchef sagen, was für eine wertvolle Mitarbeiterin er da hat!«
Er wusste längst, was sie von ihm wollte, und sie war ihm dankbar, dass er es ihr so leicht machte. Sie lächelte und sagte:
»Vielleicht kann ich später am Tag noch mal bei Ihnen vorbeischauen.«
»Das wäre mir sehr lieb. Nach der Plenarsitzung habe ich noch einen Termin, wie wäre es gegen 17 Uhr?«
»Gern.«
Er nickte ihr noch einmal zu, dann eilte er die Treppe hinunter. Bente drückte auf den Fahrstuhlknopf.
Während sie darauf wartete, dass sich die Metalltüren öffneten, dachte sie über das Gespräch nach. 17 Uhr passte ihr gar nicht, sie würde den Zahnarzttermin mit den Mädchen verschieben müssen.
Sie hob ihre Kaffeetasse an die Lippen und merkte, dass ihre Hand noch immer zitterte.
Der Aufzug kam, Bente ging hinein und drückte auf Erdgeschoss.
Vielleicht konnte Martin die Kinder holen. Sie brauchte noch etwas Zeit, um sich auf das Gespräch vorzubereiten.
Als sich die Kabine in Bewegung setzte, sah sie auf ihr verschwommenes Spiegelbild in den blanken Türhälften. Im Grunde graute ihr vor dem Treffen mit Hirsch. Er schien ein unkomplizierter Typ zu sein, aber sie hasste es, sich selbst zu präsentieren. Aber andere machten es doch auch. Und kamen weiter. Sie holte noch einmal tief Luft und versuchte, sich zu entspannen. Vielleicht war dies die Chance, die sie so dringend brauchte.
Brandenburg, Hofsmünde
H err Brinkmann? Sind Sie da? Haben Sie …« Emma versagte die Stimme. Die Kartons im Flur waren aufgerissen, Kleider quollen heraus. Sie schob sich daran vorbei und lauschte angestrengt. Ihr Herz schlug hart gegen die Rippen.
»Pastor Brinkmann?«
In der Küche waren die Schubladen herausgerissen, Besteck und Geschirrtücher lagen verstreut auf dem Boden, weiß gepudert von einer aufgerissenen Tüte Mehl. Emma zögerte, lauschte. Wieder ein Laut, als ächzte eine alte Schranktür, Emma hörte leises Gerumpel. Sie rannte durch die Küche weiter ins Treppenhaus, von dem mehrere Türen abgingen. Emma stieß eine Tür auf und sah ein Wohnzimmer, ähnlich verwüstet wie die restlichen Räume. Plötzlich knallte etwas mit Wucht gegen ihren Hinterkopf, sie keuchte, stützte sich mit den Händen nach vorne ab und versuchte nicht zu fallen, aber sie griff ins Leere und krachte auf den Holzboden. Ihr rechtes Handgelenk knackte laut, und sie schrie auf. Der Angreifer, der hinter der Tür gestanden hatte, rannte aus dem Zimmer. Emma rappelte sich auf und lief hinterher. Die rechte Hand an die Brust gepresst stolperte sie durch den verstreuten Hausrat und erwischte an der offenen Haustür mit ihrer Linken den Zipfel einer hellroten Satinjacke. Erst als sich die Person umdrehte, registrierte Emma, dass Heike vor ihr stand. Sie schlug nach Emmas Hand und kreischte in hohen Tönen.
»Lass los, du blöde Sau, lass los!«
Blitzschnell ließ Emma die Jacke los, und Heike taumelte nach vorn. Sie fiel auf den Boden und schrie unkontrolliert weiter. Emma griff mit ihrer Linken nach dem schweren Messinggestell der Lampe und ging damit drohend auf Heike zu, die erschrocken ihre Arme vor das Gesicht hielt. Emma schrie:
»Wo ist der Pastor? Was habt ihr mit ihm gemacht?«
Heike fing an zu weinen. Sie ließ ihre Arme sinken, bis die Hände ihr Gesicht bedeckten und schüttelte den Kopf. Grob
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