Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)
dran. Kommt das jetzt groß in die Öffentlichkeit, dann ist ganz schnell die Frage da, worum es hier eigentlich geht. Und dann vernichten die Brüder alle Beweise und halten die Füße still. Dann haben wir keine Chance mehr.«
Emma sah noch immer aus dem Fenster. Blume nahm seine Hand von ihrer Schulter. Emma spürte die Wärme, die er ausstrahlte. Sie hätte sich gerne an ihn gelehnt. Blume sagte:
»Ich brauche dich, um an die Frau ranzukommen. Gesine Lorenz.«
»Die Lehrerin?«
Er drehte sich zu ihr und nickte. Emma versuchte einen Scherz zu machen, obwohl ihr nicht danach zumute war. »Zieht dein Charme bei ihr nicht?«
Blume lächelte nicht mal.
»Sie ist der Schlüssel, ich bin mir sicher. Sie war die Geliebte von Brinkmann, und sie ist in der Szene, wenn auch nicht offiziell.«
Emma rieb sich die Schläfen. Der Kopfschmerz löste sich allmählich aus der Betäubung und kehrte zurück.
»Emma, wir brauchen das Zeug als Beweis, sonst kriegen wir nicht mal einen Haftbefehl. Ich bin mir sicher, dass sie weiß, wo Brinkmann es deponiert hat.«
Emma nickte langsam. So rächen sich kleine Lügen, dachte sie. Blume gegenüber hatte sie so getan, als wären sie und die Frau vertraut miteinander. Dabei hatte sie keine Ahnung, wie sie etwas aus ihr herausbekommen sollte. Entschlossen holte sie Luft.
»Was springt für mich dabei raus?«
Blume sah sie erleichtert an.
»Du bekommst die Geschichte exklusiv. Wenn der Haftbefehl steht. Aber Emma«, er sah ihren interessierten Blick und hob abwehrend die Hand, »bis dahin muss das alles unter uns bleiben. Kein Wort. Auch nicht zu Bente oder Schneider. Wenn das platzt, weil die Presse es vorab versaut, dann …«
»Bist du deinen Job los.«
Er sah sie wütend an.
»Dann wird die Rechte Liga das Ganze zu Werbezwecken ausschlachten, den Rechtsstaat lächerlich machen und in den Landtag einziehen.«
Emma fragte sich, ob er übertrieb, um sie zu überzeugen. Sie räusperte sich.
»Ich muss los.«
Zögernd ging sie einen Schritt auf die Treppe zu. Blume fragte:
»Was ist, hilfst du uns?«
Sie blieb stehen, sah ihn an. Waren seine grauen Haare an den Schläfen mehr geworden? Seine schönen dunklen Augen sahen sie müde an.
»Hilfst du mir?«
Sie schluckte. »Ich denk drüber nach.«
Sie ging langsam zur Treppe.
»Emma?«
Die Hand am Geländer drehte sie sich um und sagte:
»Ich will jetzt zum Pastor ins Krankenhaus.«
»Ich vertraue dir. Aber wenn du uns nicht unterstützt, werde ich mit allen Mitteln gegen dich und deinen Sender vorgehen.«
Die Tür fiel hallend hinter Emma ins Schloss. Blume wartete noch einen Moment, dann zog er sein Smartphone aus der Tasche und wählte die Nummer von Staatssekretär Hirsch. Während es läutete, trat er ans Fenster und sah auf den Vorplatz hinunter. Emma ging über den Platz zum Wagen des Senders. »Hirsch?«
»Herr Hirsch, ich habe Emma Vonderwehr in unsere Pläne eingeweiht.«
In der Leitung blieb es einen Moment still, dann sagte der Mann:
»Das hatten wir anders besprochen.«
Blume holte tief Luft.
»Die Situation hat sich verschärft. Der Vater des Opfers ist angegriffen worden.«
»Was? Ich dachte, das hätten Sie unter Kontrolle?«
Blume beobachtete, wie Emma in den Wagen stieg. Laut sagte er ins Telefon:
»Herr Hirsch, ich übernehme die Verantwortung. Ich kenne Emma. Sie ist jetzt nur noch aufzuhalten, wenn sie weiß, worum es geht.«
Der Staatssekretär sagte eine ganze Weile wieder nichts. Blume blieb still und wartete ab. Schließlich seufzte der Mann am anderen Ende des Telefons und sagte:
»Es ist jetzt eh nicht mehr zu ändern. Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun.«
Blume sagte leise: »Vertrauen Sie mir.« Dann legte er auf.
Im Abgeordnetenhaus behielt Staatssekretär Hirsch den Hörer in der Hand. Ohne es zu merken, begann er, mit den Zähnen zu knirschen. Jetzt hatte er noch einen potentiellen Zeugen, um den er sich kümmern musste, ausgerechnet eine Journalistin. Entschlossen blätterte er in seinem Adressbuch. Ein alter Studienfreund von ihm saß im Bundesnachrichtendienst. Vielleicht gelang es ihm, über den kurzen Dienstweg eine Überwachung zu veranlassen.
Als der Hörer abgenommen wurde, bat er darum, mit seinem Freund verbunden zu werden. Unruhig tippte er mit den Fingern auf die Schreibtischplatte vor ihm. Diese Überwachung durfte auf keinen Fall an die Öffentlichkeit kommen. Je weniger davon wussten, umso besser.
Brandenburg, Kreisstadt Müncheberg.
Kreiskrankenhaus
E mma
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