Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen
Trotteln machen
Unsere über alles geliebten Kinder, Monster im Schlaraffenland. Psychologen warnen seit Jahren vor diesem pausenlosen Konsum, der sie zu kleinen, niedlichen, später großen, sehr viel weniger niedlichen »Kaufen, haben, sonst schrei ich«-Monstern macht. Warnen vor diesem »Alles erlauben«, diesem Einknicken vor jedem Wunsch. Dort, wo von liebenden Eltern alles möglich gemacht wird, ist irgendwann nichts mehr interessant.
Oskar Holzberg, Psychologe
Verwöhnen ist schädlich, wenn es ein Dauerzustand wird, um sich die Liebe und Zuwendung der Kinder zu erkaufen. Eltern geraten leicht in eine sogenannte hedonistische Tretmühle, das heißt, die Geschenke müssen immer größer werden, damit sie überhaupt noch positive Wirkung zeigen. Früher reichte der Gameboy, jetzt wird mindestens ein Laptop erwartet.
Manche finden solche Kinder aber auch toll, wie der Designer und Kinderfreund Karl Lagerfeld, der in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung begeistert von seinem Patenkind berichtet, das einen Monstereinstieg
im Kindergarten hinlegte: »Den Jungs hat er [Ref22]
gleich eine Ohrfeige gegeben und sie geboxt. Dann hat er, und er ist nicht mal drei Jahre alt, gesagt: ›I have nothing to do with you. I am a supermodel.‹ … Der ist zum Weglachen!« Supermodel? Sieht mehr nach einem zukünftigen Superarschloch aus. Und dürfen wir noch darauf hinweisen, dass der grauschwänzige Modeguru keine eigenen Kinder hat? Und dass wir das für einen Segen halten?
Selbstverständlich wissen wir, was wir tun müssen, damit unsere Kinder gut gelingen. Genauso wie wir wissen, dass zu viel Fett, Zucker und Alkohol schlecht für uns sind. Das Zauberwort heißt: Nein!
Nein, du brauchst noch kein Handy, du bist erst sieben Jahre alt.
Nein, es gibt jetzt keine zweite Portion Pommes, du bist dick genug.
Nein, die Seven-Jeans ist zu teuer, die von H & M tut es auch.
Nein, du kannst zu deinem Geburtstag nicht mit deiner ganzen Klasse nach Mallorca fliegen.
Nein, dein Taschengeld wird nicht erhöht, hundert Euro im Monat für eine Zehnjährige sind genug.
Wir sollten es gemeinsam üben, dieses kleine Wörtchen NEIN! Woher kommt diese verdammte Unfähigkeit, es auszusprechen? Nein, nein, nein! Ganz leicht, oder? Und warum sind dann konsequente Eltern so überaus selten? Die Antwort ist einfach: Weil wir zu bequem sind, uns mit der Frustration unserer Kinder auseinanderzusetzen. Nachzugeben ist eben viel einfacher, als durchzuhalten. Und das müssen wir, denn wir haben unsere Kinder leider so angstfrei und selbstbewusst erzogen, dass ein Nein keineswegs das Ende, sondern erst der Anfang einer langen, Nerven zermürbenden Debatte ist. Eine, die wir selten gewinnen, weil sie einfach
länger durchhalten als wir. Der Kampf um die Macht, bei dem wir meist die Unterlegenen sind, beginnt bereits in der ersten gemeinsamen Nacht.
Sie schreien.
Wir stehen auf und füttern sie.
Sie schreien weiter.
Wir holen sie ins Bett, wo sie, wenn wir Pech haben, die nächsten 876758 Nächte verbringen werden, und zwar als nachtaktive Windmühlenflügel, die uns an den äußersten Rand des Bettes drängen, wenn wir nicht vorher Zuflucht auf dem Sofa oder zusammengekrümmt im Kinderbett gesucht haben.
Und so geht es weiter. »Ich mag nichts Gesundes«, kreischen sie später, und wir reden uns ein, dass die Gurke im Cheeseburger schließlich auch so etwas wie Gemüse ist. Genauso wie die kleinen Paprikastücke auf der Pizza. Markenklamotten, totale Reizüberflutung im Kinder-, später Jugendzimmer – trotzdem sind unsere Engelchen nie zufrieden. Wie im Märchen Vom Fischer und seiner Frau , die sich vom Pisspott in den Palast quengelt und zum Schluss wieder im Pisspott sitzt. Was unseren Kindern natürlich nicht passiert, dafür sorgen wir schon, das »Portemonnaie auf zwei Beinen«, wie es Ina, 43, drei Kinder, 14, 17 und 21, gern nennt. »Ich fühle mich von ihnen manchmal richtig ausgesaugt«, sagt sie. »Immer wollen sie, brauchen sie, müssen sie etwas unbedingt haben. Früher haben sie die Milch aus meinen Brüsten gesaugt, jetzt saugen sie mein Konto leer.«
Warum ziehen Eltern bei ihren Kindern immer den Kürzeren?
Kinder verwöhnen ist wie zu viel Alkohol trinken, keiner will es, jeder tut es, keiner gibt es gern zu. Verwöhnen tun ja immer nur die anderen Eltern. »Der größte Fehler, den ich in der Erziehung meiner beide Söhne gemacht habe, war
mein Bedürfnis, sie immer nur glücklich zu machen«, sagt
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