Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen
dein Kind!« Der unausgesprochene Nebensatz dabei lautet: »Weil ich die tollere Mutter bin.«
Oskar Holzberg, Psychologe
Kinder werden überhöht, weil sie Teil unseres Selbst sind. Gelungene Kinder zeigen der Welt, dass auch ihre Eltern gelungen sind. Dazu kommt, dass es früher sehr viel mehr selbstverständliche Bindungen gab, zu Nachbarn, Kollegen, zur Familie. Heutzutage sind Kinder oft die einzig sichere Bindung für die Eltern.
Und genau deshalb gibt es heute viele Mütter, die über ihren Kindern wie ein Helikopter kreisen. Sie sind für ihre Umwelt so lästig wie ein Mückenschwarm im Sommer. Meiden Sie sie wie die Pest, weil sie Ihnen mit ihrer manischen Angeberei nur richtig schlechte Laune machen. Haben Sie für Notfälle eine schlagfertige Bemerkung parat, beispielsweise: »Wie schön, dass Ihre Fünfjährige schon den Verlorenen Groschen von Mozart spielt. Dafür kann mein Achtjähriger bereits ganz allein die Pornohefte meines Mannes lesen.«
Und dann sind da noch die Männer. Als Väter finden die meisten Männer zwischen Klettergerüst und Buddelkiste hauptsächlich am Wochenende statt, es sei denn, sie sind arbeitslos. Bevor es auf den Spielplatz geht, haben sie mit dem »Bin ich nicht toll?«-Blick und ihrem niedlichen Nachwuchs Samstagsbrötchen gekauft und den ganzen Laden mit ihrer umständlichen Bestellung »Haben Sie die mit den Körnern, die ich beim letzten Mal hatte, oder nein, lieber die dunklen oder doch ein Baguette« aufgehalten.
Männer, so beobachten Mütter, denen es ganz anders geht, reden auf Spielplätzen eher weniger miteinander, vermutlich, weil es ihnen doch etwas peinlich ist, an diesem
nichtmaskulinen Ort öffentlich gesehen zu werden. Dafür telefonieren sie viel. Wer nicht telefoniert, krempelt die Ärmel hoch, bringt Einsatz und zeigt demonstrativ, was sein Kind dank Papa heute mal wieder für eine super Zeit hat. Damit können sie allerdings nicht bei allen Frauen punkten. Mehr Frauen, als Männern lieb ist, sind Männer auf Spielplätzen nämlich eher befremdlich, wenn nicht sogar unheimlich. »Ich weiß gar nicht, was das für Männer sind, die so viel Zeit haben, um hier im Sand zu buddeln. Die Frau arbeitet wahrscheinlich. Auf so einen Loser hätte ich ja gar keinen Bock«, sagt eine Mutter aus Hamburg-Eppendorf. Dagegen sind zwei Müttergruppen auf deutschen Spielplätzen
besonders stark vertreten:
Die Supermami hat den Spielplatz in ihrer Nähe zu ihrem zweiten Wohnsitz erkoren. Dort sitzt sie jeden Tag immer auf derselben Bank, von der sie sich nur erhebt, wenn ihr Kind auf der Schaukel angeschubst werden möchte oder ein anderes ihm im Sandkasten das Schäufelchen wegnimmt. Dann wird sie zur Furie. Sie hat immer eine Vorratsdose mit leicht bräunlichen Apfelschnitzen, eine Ersatzwindel aus Stoff und ein paar Müslikekse aus dem Bioladen dabei. Supermami macht alles richtig. Während der Schwangerschaft ist ihr Körper ein heiliges Gefäß, das weder mit Nikotin noch mit Alkohol oder dem Sperma des zukünftigen Vaters in Berührung kommt. Sie gebiert natürlich, ohne Kaiserschnitt und Rückenmarkspritzen. Ist ihr Kind endlich da, darf es die ersten drei Monate nur mit desinfizierten Gummihandschuhen angefasst werden. Supermami stillt, und zwar bis zur Einschulung, und füttert allerhöchstens selbst gestampften Hirse-Brokkoli-Brei zu. Ihr Kind spielt ausschließlich mit Holzspielzeug. Jede Mutter, die es anders macht, wird mit bösen Blicken und spitzen Kommentaren bedacht wie »Ist Ihnen klar, dass Ihr Kind bei dieser Erziehung auf dem Weg zum Massenmörder ist?«.
»Schon allein diese kleinkarierten Gesprächsstoffe, den sich die Mütter hier gegenseitig liefern, verursacht bei mir Übelkeit«, sagt ihr Counterpart, die Schlampenmutti, die im Gegensatz zur Supermami ihr Leben genüsslich weiterführt und es nicht von Grund auf umgekrempelt hat. Sie sitzt immer in der Sonne, hat oft einen Caffè Latte, manchmal sogar Zigaretten dabei, und ihrem Gesichtsausdruck ist anzusehen, dass eine harte Spielplatzbank nicht zu ihren Lieblingsaufenthaltsorten gehört. Sie telefoniert häufig und dann redet sie sich die Wut von der Seele, dass sie hier ihre Zeit vergeude, dass sie eine erstklassige Ausbildung habe, aber seit das Kind da ist, nur noch Teilzeit arbeite. Wenn ihr Kind schreit, hört sie das meist erst dann, wenn es bereits so rot angelaufen ist, dass andere Mütter
schon dabei sind, den Kindernotdienst anzurufen. Schlampenmutti macht alles falsch. Sie
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