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Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen

Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen

Titel: Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Gerberding , Evelyn Holst
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schrecklich aus«, rief sie, während Vera zur Damentoilette stürzte und ihr Gesicht unter den Wasserhahn hielt. »Es war einfach grauenhaft«, erinnert sie sich, »meine erste Hitzewallung und Charlies Ekel davor. Ich fühlte mich klein, mies, ungeliebt.« [Ref26]
    Klar, wir hatten davon gehört. Eine dumpfe Ahnung, dass es fürchterlich sein würde. Schreien, Zicken, Türenknallen – die drohende Pubertät der Tochter. Doch als wir noch jahrelang davon entfernt, noch der Mittelpunkt ihres Universums waren und ihr »Mama, ich hab dich sooo lieb« uns das Herz so wärmte, wie sonst kein Feuer dieser Welt, da kamen uns die Berichte von der Pubertätsfront wie Horrorszenarios aus einem anderen Planetensystem vor.
    Es erwischte uns kalt. Eiskalt. Oft ohne Vorwarnung. Sie schliefen als Engelchen ein und wachten als garstige Pubertätsmonster wieder auf. Über Nacht wurden wir aus dem Paradies vertrieben. Ohne unser Zutun und ohne unsere Einwilligung mutierten wir von innig geliebten Mamis zu peinlichen Nervensägen, eine anstrengende Metamorphose auch in jungen Jahren, doppelt und dreifach belastend, wenn die mütterlichen Wechseljahre zeitlich zusammentreffen mit der Pubertät der Tochter. Die Hölle.
    »Man kann sich nur erschießen«, beschreibt Bea, 53, die drei Schreckensjahre von vierzehn bis siebzehn, als sich ihre eineiigen Zwillingstöchter Laura und Annabelle bereits beim Aufwachen »du Arsch, du Sau, du Fotze« an den Kopf warfen. Albtraum pur. Sie versuchte, wenigstens einen Hauch von Familienleben aufrechtzuerhalten, deckte den Frühstückstisch, presste frischen Orangensaft und saß dann unglücklich zwischen ihren bestenfalls schweigenden, schlimmstenfalls keifenden Töchtern – ihr
Mann zog es seit Pubertätsbeginn vor, aushäusig zu frühstücken. Nach sechs Monaten gab sie auf, kochte auch abends nicht mehr, fing stattdessen das Rauchen wieder an. Sie schrie viel. Weinte oft. Schwankte zwischen Versagens- und Überforderungsgefühlen. »Ich war mitten im Wechsel, mein Blutdruck spielte verrückt, und wenn ich nachts schweißgebadet aufwachte  – Hormone wollte ich nicht nehmen, weil meine Mutter an Brustkrebs gestorben war –, hörte ich, wie meine Töchter sich aus dem Haus schleichen wollten. Klar habe ich mich dann wie eine Furie aufgeführt.«
    Marie kennt dieses Gefühl. Als sie mit vierzig, allein lebend, ihre einzige Tochter Yolande bekam, fühlte sie sich jung, schön, voller Leben. Ein Gefühl, das dreizehn Jahre anhielt und schlagartig verflog, als Yolande »mit einem Donnerschlag« in die Pubertät kam, fast zeitgleich mit dem mütterlichen Beginn der Wechseljahre. »Ich fühlte mich schlecht, hätte viel Trost und Liebe gebraucht«, seufzt Marie. Denn alles war plötzlich vorbei. Gemütliche Lesestunden, gemeinsames Kochen, Hand in Hand spazieren gehen. »Ich hatte das Gefühl, als wenn sich das Schöne aus meinem Leben verabschiedet. Keine Frau mehr und auch als Mutter überflüssig.« Es gab nur noch vier Sätze: Das zieh ich nicht an. Das ess ich nicht. Keine Ahnung, wann ich nach Hause komme. Du nervst, Mama. In ihrer Verzweiflung fing sie mit Yoga an, wo sie betroffene Mütter kennenlernte. »Wir gründeten einen Klub, den wir ›Fliegender Tamponwechsel‹ nannten. Einmal pro Woche trafen wir uns und tauschten uns aus. Das half mir enorm.«
    Das Zusammentreffen von Wechseljahren und Pubertät ist wie ein gegenläufiges Hormonkarussell, auf dem sich beide drehen, Mutter und Tochter. Die eine springt auf, die andere ab. Dabei schubsen und prügeln sie sich. Ein biologischer Staffellauf, bei dem sowohl die auslaufenden als auch die hereinbrechenden Hormone verrückt spielen und das Wissen wenig hilft, dass die jugendliche Myelinschicht, die die Nervenimpulse der Tochter weiterleitet, erst mit achtzehn ausgereift und vorher kaum soziales
Verhalten zu erwarten ist. Denn bis dahin gehen ihre Befreiungsschläge ans mütterliche Eingemachte.
    »Mama«, fragte die fünfzehnjährige Lucy ihre einundfünfzigjährige Mutter Bärbel, »warst du eigentlich hübscher, als du Papa kennengelernt hast?« Eigentlich hat Bärbel Humor, da versagte er. Sie gab Lucy eine schallende Ohrfeige, die griff zum Kartoffelschälmesser, ritzte eine wütende Schramme in den neuen Couchtisch und schrie: »Das mach ich aus Frust, weil ich mit so einer Scheißmutter zusammenleben muss.« Danach lagen sie sich heulend in den Armen. »Ich finde diese Phase schlimmer als ihre Geburt, die war wenigstens nach drei

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