Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen
Tagen vorbei«, stöhnt Bärbel. »Dabei hab ich mir immer eingebildet, eine besonders coole Mutter zu sein.«
Ein Irrtum, dem viele, gerade die alten Achtundsechziger-Mamis, unterliegen, die glauben, weil sie noch in Jeans Größe achtunddreißig passen und früher mal gehascht haben, bliebe ihnen der Pubertätsstress erspart. In den Baby- und Kleinkindjahren können sich auch Spätgebärende trügerische Jugendlichkeit vorgaukeln, spätestens mit Beginn der Pubertät ist das vorbei. Nichts macht eine Frau schlagartig älter, als sich in den schmalen, kritischen Augen ihrer pubertierenden Tochter zu spiegeln. Sich vor dem Weggehen ein »So willst du los? Du siehst scheiße aus!« anzuhören oder mit dem Auto drei Straßen vor dem Kino zu halten, weil sie sich mit ihrer spießigen Mutter in der Öffentlichkeit nicht sehen lassen will.
Vera, eine engagierte Feministin, wollte die erste Regelblutung ihrer Zwillinge mit einem kleinen Ritual bei Vollmond feiern. Fehlanzeige. »Meine Töchter haben mich angesehen, als sei ich reif für die Klapse«, lacht sie. »Ich war mal wieder oberpeinlich.«
»Ohne Frage steckt man als ältere Mutter die Pubertät der Tochter schlechter weg als eine Mittdreißigerin«, meint Bärbel. »Ich finde die jungen Mädchen ungeheuer raumgreifend. Die inszenieren sich und ihren Sex-Appeal so penetrant, da muss ich mich manchmal vor dem Gefühl hüten: Das gönne ich ihnen nicht.«
Doris, 55, unterdrückte tapfer ein Gefühl intensiver Irritation, als sich ihre vierzehnjährige Tochter Gesa ständig an ihren Klamotten vergriff. Dann kaufte sie sich eine Miss-Sixty-Hose, knalleng, sexy. »Ich bin schlank, sie passte mir gut«, sagt Doris, »doch als Gesa sie anzog, musste ich schlucken. Kein Vergleich. Plötzlich fand ich mich alt und lächerlich. Die Hose war für mich verbrannt. Ich schenkte sie Gesa, aber in diesem Moment habe ich sie gehasst.« Es war ein Gefühl, für das sie sich hinterher geschämt hat.
»Wie eine Mutter in den Wechseljahren auf die Pubertät ihrer Tochter reagiert, hängt maßgeblich von ihrer eigenen Befindlichkeit ab«, meint die Hamburger Psychologin Petra Ohlsen. »Manche fühlen ganz intensive Wehmut über einen Abschnitt, der nun für immer vorbei ist, manche holen an der Tochter nach, was sie selbst nicht erlebt haben. Da ist dann die Tochter Stellvertreterin für die verpasste Jugend.«
Nach all den Jahren, in denen wir unseren Töchtern die Welt erklärt haben, sind wir jetzt die Schwächeren. Die Erziehung ist abgeschlossen und wir lechzen wehmütig nach einem Gefühl, das uns gnädig häppchenweise zugeteilt wird. Wir sind wütend, aber unsere Wut interessiert nicht. Die Töchter bestimmen, wann, wenn überhaupt, geredet wird, sie rufen an, wenn es ihnen passt, ansonsten eiskalt Mailbox. Sie knallen nach einem Streit die Haustür zu und treffen sich mit Freunden, während wir schluchzend ins Kissen beißen und die Welt untergeht.
Männer, sofern vorhanden, verkrümeln sich oft in dieser Zeit. Basteln im Hobbykeller, verstummen vor dem Fernseher, tragen ein unsichtbares T-Shirt mit der Aufschrift »Ich bin nicht da. Ich will nicht angesprochen werden!«.
»Gerade jetzt hätte ich meinen Mann gebraucht«, sagt Vera. »Nach einem langen Arbeitstag, wenn ich nach Hause komme und die Wohnung voller Leute ist, laute Musik, Zigarettenqualm, und in meiner Badewanne ein junger Mann liegt. Doch meiner hat sich zum Tennis verdrückt, ich krieg einen Tobsuchtsanfall und anschließend keine Fußmassage.«
Wie überstehen wir diese Zeit? »Von der Illusion verabschieden, dass die eigene Familie so ist wie die Nudelwerbung im Fernsehen, wo drei Generationen am Holztisch fröhlich Spaghetti mit Tomatensoße essen«, rät Bea. »Alte Bilder loslassen, die Dinge mit Humor betrachten und ganz viel Johanniskrauttee trinken.« Denn beides geht vorbei. Die Wechseljahre und die Pubertät. Und dann beginnt eine wunderbare Zeit.
(aus Brigitte Woman , Nr. 2, 2004)
»Muss ich mir auch diesen Vornamen merken?« – Warum das Beziehungsleben unserer Kinder oft eine Zumutung ist
Zwei kleine Kinder spielen in der Sandkiste, während zwei verzückte Mütter sie von der Parkbank aus beobachten – es gibt in der Kleinkindphase keine schöneren Momente. Mami hat einen Moment ihre Ruhe, der Nachwuchs geht einer sozial verträglichen Beschäftigung nach und wenn sie Glück hat, ist die Mami neben ihr keine dieser politisch korrekten Übermütter mit Esoterik-Touch, sondern eine,
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