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Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen

Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen

Titel: Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Gerberding , Evelyn Holst
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jetzt stehen wir dort und schniefen ins Taschentuch. Gerade diejenigen unter uns, die nach der Schule ein Jahr durch Europa trampten und ihren alten, spießigen Eltern nicht mal eine Postkarte schickten.
    Tja, das ist nun die Strafe! Jetzt können wir zwar Handy-Stalking bei unseren Kindern machen, aber damit holen wir sie nicht zurück. Im Gegenteil, je mehr wir es versuchen, desto öfter sind sie im »Funkloch«, dem einzigen Gegenmittel, das Kindern übrig bleibt, deren Eltern am »Überstülpungssyndrom« leiden. Denn das ist die bittere Ironie, wir sind tief enttäuscht, wenn unsere Kinder sich haargenau so verhalten wie wir früher, wenn sie nicht täglich bei uns anrufen oder auf Vorschläge wie »Lass uns doch mal wieder zusammen in ein schönes Ferienhaus nach Dänemark fahren« nur verhalten reagieren.
    »Du lässt dich zur Yogalehrerin ausbilden?«, fragte Bea, 61, ihre Tochter, 35, entgeistert. »Wieso weiß ich das nicht?« –
»Weil es dich nicht betrifft, Mami«, erwiderte die Tochter. »Ich hab das mit meinen Freundinnen besprochen, die verstehen einfach mehr davon.«
    Begluckte Kinder sind beglückte Kinder, sagt eine Mutter, aber stimmt das auch, wenn sie älter sind? Locker machen, sagen unsere Kinder, aber was genau bedeutet das eigentlich? Wie gehe ich damit um, wenn mein Kind weniger Kontakt haben möchte als ich?
    Oskar Holzberg, Psychologe
    Wenn das Kind weniger Kontakt möchte, muss ich das anerkennen und mein eigenes Leben füllen. Keine Vorwürfe, keine Anklagen, sonst zieht sich das Kind nur noch mehr zurück. Manchmal hilft eine Paartherapie. Ich habe kürzlich eine Mutter mit ihrer Tochter behandelt, drei Sitzungen nur, da hat sich der Knoten bereits gelöst.
    »Ich will meiner Tochter nicht auf die Nerven gehen«, seufzt eine Mutter. »Schließlich ist sie über dreißig, also längst erwachsen. Wenn es nach mir ginge, würde ich gern einmal am Tag mit ihr telefonieren, nur mal hören, was sie so macht. Aber wenn sie dann ›Ja, Mama, was gibt’s?‹ in den Hörer seufzt, dann fühle ich mich wie ein lästiger Verehrer. Obwohl ich ihre Mutter bin. Oder vielleicht gerade deshalb.«
    Wenn einem sich das Kind entzieht
    Das sind die Sätze, vor denen wir am meisten Angst haben, sie auszusprechen, zieht uns Eltern in ein tiefes, schwarzes Loch. Mein Kind entzieht sich mir. Es ist mir fremd geworden. Es verkehrt in Kreisen, in denen ich mich fehl am Platze fühle. Unsere Tochter wohnt mit ihrem Mann in einer
Villa, während wir noch immer unser Reihenendhaus abzahlen. Unseren Sohn sehen wir nur selten, er fliegt beruflich ständig in der Welt herum. Oder ist zum Horror seiner Bildungsbürgereltern in einer Motorradgang. Wenn wir deswegen in Trübsal versinken, hilft vielleicht auch hier der Blick zurück.
    Haben wir, nachdem wir von zu Hause ausgezogen sind, ständig angerufen, außer, wir brauchten Geld oder unsere Waschmaschine war kaputt? Haben wir überhaupt einen Gedanken daran verschwendet, wie sich unsere Eltern fühlten, als wir in jungen, wilden Jahren wirklich nichts ausließen, worüber wir heute, wenn es unsere Kinder täten, ausrasten würden? Unsere Eltern haben unseren Abnabelungsprozess viel gelassener genommen als wir. »Ich bin nach dem Abi ein Jahr durch Europa getrampt«, erinnert sich Steffi, 49, »einfach tschüss und weg. Wenn mein Sohn das täte, müsste er jeden Tag mit mir skypen, damit ich immer weiß, dass es ihm auch gut geht.«
    Es ist schon merkwürdig – gerade wir, die sich nach dem Motto »frei sein, high sein, überall dabei sein« verwirklicht haben, können unsere Kinder so schwer loslassen. »Kinder sind uns geliehen«, mahnt der Hamburger Psychologe Oskar Holzberg, »sie sind nicht unsere Partner.« Und genau das sehen wir anders. Sind wir nicht die coolsten Eltern, die je mit ihrem peinlich berührten Nachwuchs und seinen Freunden gechillt, vielleicht sogar gekifft haben? Dürfen unsere halb erwachsenen Kinder nicht Wand an Wand mit uns … SEX haben? Wir sind doch genau die Eltern gewesen, die wir uns früher gewünscht haben. Das mag sein, trotzdem sind wir Eltern. Die, als unsere Kinder noch klein und niedlich und wir für sie die Allergrößten waren, eine Beziehung zu ihnen hatten, die idealerweise sehr nah und zugewandt gewesen ist. Wenn Kinder größer sind, kann diese jedoch in eine von den Eltern zwar gewollte, das Kind allerdings oft einengende Symbiose ausarten.

    Wollen wir unsere Kinder einengen? Wollen [Ref35]

    wir Eltern sein,

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