Wer schlafende Hunde weckt
können. Hinterher hab ich natürlich gemerkt, dass es total blöd war, vor allem, weil ich das Kaninchen ja keinem zeigen konnte. Aber dir muss ich es zeigen. Ich hab gestern den Bericht zu Tommy Miller gelesen, und seine Handynummer, die da stand, war nicht die, von der Cairns angerufen wurde.«
»Hast du ’nen Namen?«
»Nein, ich hab mir nur den letzten eingehenden Anruf angeguckt. Der Anrufer war nicht im Handy gespeichert, da stand nur die Nummer.«
Catherine verspürte die wohlbekannte Erleichterung, einen Sturm vor sich zu haben, der sein Wasserglas wohl nicht verlassen würde. Zwar würde sie in näherer Zukunft nicht ihr Handy mit Laura alleine lassen, aber es gab für alles eine logische Erklärung.
»Wahrscheinlich hat Miller einfach mehrere Handys«, erklärte sie. »Besonders, wenn er mit so vielen Leuten in Kontakt stand.«
»Ist aber nicht ganz so wahrscheinlich, dass er dann gestern Abend rangegangen wäre, was?«
Catherine riss unwillkürlich die Augen auf.
»Ich hab von meinem Schreibtisch aus angerufen«, sagte Laura. »Hat sich einer mit ›Hallo‹ gemeldet, und als ich gefragt habe, ›Mit wem spreche ich, bitte?‹, hat er gleich aufgelegt.«
»Aber Miller war doch auf jeden Fall Cairns’ Kontakt. Abercorn hat doch bestätigt, dass Miller mit Locust und mit Bob in Verbindung stand.«
»Kann ja sein. Bloß hat er nicht Cairns angerufen, als wir Donnerstagmorgen mit ihm im Café waren.«
Catherines Kopf implodierte langsam. Wenn Cairns wirklich einen zweiten Informanten im Spiel hatte, war er ziemlich gerissen vorgegangen: Man konnte einen Kontakt gar nicht besser schützen, als seinen Tipp einem anderen zuzuschreiben. Doch wenn nicht Miller Cairns über die Lieferung informiert hatte, warum stand dann sein Kumpel Whitaker bereit, um den Juwelier auszuräumen?
»Tut mir wirklich leid«, versicherte Laura. »Ich bin normalerweise nicht so hinterhältig, das war nur so ein dummer, spontaner Einfall. Ich fand irgendwie, ich hab hier in Glasgowkeinen guten Eindruck gemacht, aber das macht’s wohl auch nicht besser, was?«
Catherine sah, dass ihr Tränen in die Augen schossen.
»Du machst dich doch super. Wie kommst du überhaupt auf die Idee mit dem schlechten Eindruck?«
»Ach … mir fehlt wohl bloß Selbstvertrauen. Ich steh irgendwie neben mir.«
»Liegt’s an der neuen Stadt? Warum hast du dich eigentlich versetzen lassen?«
Laura schwieg länger, als sie für die vorige Beichte gebraucht hatte.
»Schlimme Trennung«, sagte sie.
Catherine merkte, dass Laura nur ein paar Worte auf einmal herausbekam, weil sie sonst anfangen würde zu weinen.
»Schlimme Beziehung.«
Laura schaute ihr eine Viertelsekunde in die Augen, gerade lang genug, dass Catherine sehen konnte, dass ihr dieses Thema sehr naheging. Ihr Blick war voller Selbstzweifel, Reue, Schmerz und brennender Wut.
Catherine streckte die Hand aus und umfasste Lauras geballte Faust.
»Du machst das schon, Kleine«, flüsterte sie. »Du machst das schon.«
Dann explodierte die Windschutzscheibe.
Catherine bebte vor Angst, als plötzlich Tausende von Glasscherben die Luft füllten. Sie sah kurz Laura an und dann nach hinten. Auch die Rückscheibe fehlte.
Für den Bruchteil einer Sekunde sah sie einen maskierten Mann mit einer Pistole durch das heruntergelassene Fenster eines roten Autos zielen, bevor sie sich duckte, weil er wieder abdrückte.
Sie legten sich so flach wie möglich auf die Vordersitze und hörten weitere Kugeln über ihre Köpfe zischen, von Metall abprallen und die Seitenfenster zertrümmern. Der Rover neigtesich ein Stück zur Seite, als zwei Reifen getroffen wurden, dann heulte ein Motor auf und Reifen quietschten auf Asphalt.
Catherine zitterte immer noch vor Angst und war wie an den Sitz gefesselt, als hätte die Erde plötzlich die Schwerkraft mit Jupiter getauscht, aber sie musste unbedingt das andere Auto sehen. Sie zwang sich, den Kopf zu heben, und sah den Wagen noch eine Sekunde lang, bevor er um die nächste Ecke verschwand.
Das reichte, um zwei Dinge zu erkennen. Erstens, das Nummernschild war abgeklebt, zweitens, es war ein Honda Civic aus den Neunzigern.
Außerhalb des sichtbaren Spektrums
Im Eingangsbereich des Scottish-Gas-Gebäudes an der Maxwell Road wurden sie von einem Mann mit einem hellgrauen Anzug in Empfang genommen, der sich als Eric McGranahan vorstellte, Leiter der Geschäftskundenabteilung. Er war freundlich, sprach leise und wirkte auf Jasmine wie ein Mann, der mit
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