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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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Kindern?«, fragte Catherine.
    Fletcher wirkte angespannt, als wäre er hin- und hergerissen.
    »Bloß noch eine offenere Warnung vor Abercorn«, erklärte er. »Vor allem, wenn man bedenkt, wo dich deine Ermittlung womöglich hinführt.«
    »Ich höre.«
    »Du kennst sicher die Witze, wofür Locust steht. Na ja, Kinder und Narren … Es gibt wirklich geheime Deals. Gibt’s schon immer, und keiner von uns ist so stur und idealistisch, dass er nicht kapieren würde, warum. Wenn der Krieg nie aufhört, muss man sich seine Schlachten aussuchen. Man kann nicht an jeder Front gleichzeitig kämpfen. Man braucht Abkommen. Allianzen. Du kennst mich, ich erzähl nicht gerne Geschichten …«
    Catherine musste sich ein Grinsen verkneifen. Fletcher erzählte für sein Leben gern Geschichten. Er war seit dreißig Jahren Polizist und eine Vollblut-Tratschtante, aber auf seine Informationen konnte man sich fast immer verlassen.

    Es war zwar sonst keiner im Flur, aber er sprach mit gesenkter Stimme weiter.
    »Es gibt ein paar Leute, die sich fragen, wie lange man sich um das Vertrauen von jemandem bemühen kann, bevor man ihm zu nahekommt. Ich übrigens nicht. Ich sage nicht, dass Abercorn bestechlich ist oder für die Gegenseite arbeitet, aber, wie der liebe Nietzsche sagt, kriegt man immer auch selbst was ab, wenn man zu lange in die Dunkelheit starrt. Ich sag nur, pass auf mit Abercorn, solange du nicht weißt, welches Spiel er wirklich spielt. Und vor allem, auf wessen Seite er steht.«

Kleine Schritte und zarte Füße
    Jasmine stand in der Stille des Büros und hörte nicht auf die Stimme, die sie fragte, was zum Teufel sie gerade tat. Das Büro machte ihr an diesem Morgen keine Angst, das war schon mal ein Fortschritt, aber die zielstrebige Entschlossenheit, die sie gepackt und hierhergeführt hatte, raste bei ihrer Ankunft fast mit ihr gegen die Wand. Sie konnte sich sogar eine von mehreren Wänden aussuchen, die in den engen Räumen alle nicht weit weg waren.
    Sie arbeitete jetzt seit ein paar Wochen als Privatdetektivin bzw. als Privatdetektiv-Azubi. Das war noch keine große Erfahrung, aber mehr, als andere hatten. Sie musste wie eine Detektivin denken. Wie Jim denken, genauer gesagt. Und wie dachte Jim? Ihr fielen die Wörter methodisch, kleinschrittig und ein bisschen langweilig ein. Nein, nicht langweilig, das war unfair. Sachlich. Rational. Unerschütterlich. Ja, genau, kein Problem. Die letzten vierundzwanzig Stunden hatte sie in ihrem Kopf nur Platz für ungefilterte Emotionen gehabt, da hatte Logik keine Chance, genauso gut könnte man sich an höherer Mathematik versuchen, während man mit seinem sturmumtosten Segelboot absäuft. Sie musste sich jetzt mit Fakten und Daten beschäftigen, nicht mit Schock und Angst.
    So schwer es auch war, sie war gezwungen, ihre Ängste zu benennen. So würde sie sie nicht unbedingt unter Kontrolle bekommen, aber wenigstens verstehen. Die erste Möglichkeitwar die, dass Jim tot war und unentdeckt irgendwo herumlag, ob er nun überfallen worden war oder einen Unfall gehabt hatte. Dass er seit Tagen nicht zu Hause gewesen war, konnte sowohl an diesen Alternativen liegen wie auch an der anderen, dass er untergetaucht war. Jasmine konnte der ersten Angst hauptsächlich die Tatsache entgegensetzen, dass sein Handy noch funktionierte. Sie hatte es an diesem Morgen noch mal probiert, zwar ohne jeden Optimismus, aber man weiß ja nie. Es klingelte immer noch und leitete einen dann erst ans Bürotelefon weiter. Wenn er irgendwo tot im Graben lag, wäre doch mittlerweile bestimmt der Akku leer und sie würde den Hinweis hören, dass das Handy aus war, oder? Sie wusste es nicht.
    Nun also zu der Theorie, dass er untergetaucht war. Er hatte ihr den Freitag freigegeben. Hatte er sich mehr Zeit verschaffen wollen, bevor irgendwer sein Fehlen bemerkte, oder hatte er ihr eine gefährliche Situation ersparen wollen, in die er sich am Freitag begeben musste?
    Sergeant Collins hatte erklärt, dass Vermisste oft wegen Beziehungs- oder Geldfragen abtauchen, was für Jasmine nicht neu war, schließlich hatte Jim ganze Aktenordner zu dem Thema im Büro. Sie konnte sich zwar kaum vorstellen, dass das hier zutraf, aber andererseits hatte Collins auch gesagt, dass diese Leute die Probleme oft verschweigen, vor denen sie später fliehen.
    Hatte Jim Schulden, von denen keiner wusste? Nie im Leben. Er hatte Jasmine ihr erstes Monatsgehalt im Voraus gezahlt. Ein gerissener Schachzug, denn sie bezweifelte,

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