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Wer schön sein will, muss sterben

Wer schön sein will, muss sterben

Titel: Wer schön sein will, muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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meinen Rollstuhl jetzt mit beeindruckender Geschwindigkeit durch die Flure schob, sagte er zu mir: »Arbeiten alle deine Freunde daran, ihre eigene Reality-Show zu bekommen? Jedenfalls haben sie alle einen Hang zum Drama.«
    »Deine nicht?«
    Er wich hastig einem Krankenbett aus und provozierte so einen Ausruf der Schwester. »Tut mir leid«, rief er zurück und winkte über die Schulter, »kritischer Patient.« Dann sagte er zu mir: »Meine Freunde? Sie stehen nicht so darauf, sich im Flur anzuschreien oder im Treppenhaus herumzuknutschen, nein.«
    Ich hätte mich bei den Neuigkeiten herumgedreht, wenn ich nicht so damit beschäftigt gewesen wäre, meine Armlehnen zu umklammern. »Wer hat im Treppenhaus herumgeknutscht?«
    »Ein paar von den Leuten, die gestern hier waren.«
    »Ein paar von den Leuten?«
    »Irgendein Mädchen und irgendein Junge. Ich hab angenommen, es seien Freunde von dir.«
    »Wie sahen sie aus?«
    »Warte, ich zeig’s dir. Ich hab’s gefilmt.«
    »Hast du?«
    »Nein, Dummkopf, das ist es ja gerade.« Wir waren wieder auf meinem Flur. »Wenn Leute herumknutschen, ist man leise und geht weg. Du merkst dir nicht ihre spezifischen Unterscheidungsmerkmale, damit du sie der heißen Patientin aus Zimmer 403 erzählen kannst.«
    Bei seinen Worten begann mein Puls zu rasen. »Bin ich das etwa?«
    Vielleicht war aber auch die Tatsache schuld daran, dass wir auf zwei Rädern um eine Ecke kurvten, fast umgekippt wären und um ein Haar einen Mülleimer mitgenommen hätten.
    Wir sausten durch den Aufenthaltsbereich vor meinem Zimmer. Ich warf einen flüchtigen Blick auf das Mädchen mit dem Malbuch, aber anstelle des dunkelhaarigen Mannes saß jetzt ein glatzköpfiger, ebenfalls wie ein Husky aussehender Mann, der die Daily News las und Cola trank.
    »Ja, du unnötiger Ballast. Und da wir gerade von Zimmer 403 sprechen, wir sind da. Viertel nach drei und alles ist in Ordnung. Wir haben deinen langweiligen Freund um Längen geschlagen.« Er schob mich durch die Tür. »Willst du wieder in dein Bett verfrachtet werden oder bevorzugst du die Bequemlichkeit dieses wunderbaren Thrones?«
    »Ins Bett, bitte.«
    Pete legte die Arme um mich und hob mich hoch. Ich schmiegte meine Nase an seinen Hals. Er roch nach Blaubeerpfannkuchen.
    »Findest du mich wirklich heiß?«
    »Im Moment«, ächzte er, »finde ich dich nur schwer.« Er hievte mich ins Bett.
    »Feigling.« Blaubeerpfannkuchen, geräucherter Speck, ewig frühstücken mit Krümeln und klebrigen Fingern, das musste …
    »Ich habe nie gesagt, dass ich mutig bin«, unterbrach er meinen Tagtraum.
    Einen Moment war ich vollkommen durcheinander –
was machte ich da bloß
?, ich dachte an andere Jungs, während mein Freund, mein absolut cooler Freund, gleich auftauchen würde – aber dann fielen mir die Medikamente ein, die ich bekam. Wahrscheinlich war das auch eine Nebenwirkung, genau wie die Halluzinationen. Pete bedeutete mir nichts.
    »Hast du eine Freundin?«
    »Ja.«
    Und ich bedeutete ihm nichts.
    »Ist sie heiß?«
    »Was« – ächz – »denkst du?«
    Pete beugte sich mit mir auf dem Arm herunter, um mich ins Bett zu legen, als David hereinkam.
    »Äh, störe ich?« Er klang nervös.
    »Ich treib’s gerade mit deiner Freundin«, sagte Pete mit völlig unschuldigem Gesicht zu ihm, aber seine blauen Augen blitzten schelmisch. »Nein, ich mach nur Spaß, Junge. Ich bin hier der Pfleger. Lege sie gerade ins Bett. Aber sie ist ein tolles Mädchen.« Er klopfte beim Herausgehen auf Davids Schulter. »Bis später.«
    Ich beobachtete, wie er ging. Ich war keine Spur enttäuscht, dass er eine Freundin hatte, sagte ich mir. Ich blickte David an. »Wie geht’s dir?«
    »Wie geht’s dir? Du siehst noch besser aus als gestern.«
    »Ich kann meine Arme bewegen.«
    »Schön.« Er nickte und sah sich um. Heute trug er sein Snoopy-for-President-T-Shirt und dunkelbraune Wildleder-Vans. Seine Hose hing tief auf der Hüfte und ich hätte gewettet, dass er seine Captain-America-Boxershorts trug, auch wenn ich sie nicht sehen konnte. Er trug sie gerne zu dem Snoopy-T-Shirt, beide Sachen wären so patriotisch, hatte er erklärt. Das war Liebe, sagte ich mir. Zu wissen, welche Unterwäsche jemand trägt, ohne sie zu sehen.
    Jede Laune zu kennen. Deshalb merkte ich auch, dass David etwas beschäftigte.
    »Du wirkst irgendwie abwesend.«
    »Ich? Nein. Also …« Er zog sich einen Stuhl heran, drehte ihn herum und setzte sich andersherum darauf an mein Bett. »Ich bin

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