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Wer Schuld War

Titel: Wer Schuld War Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Bernuth
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könnte, wir haben das nicht geplant, es ist so über uns gekommen
.
    Aber stimmte das?
    Da Barbara wegen ihres Pressetermins woanders übernachten musste und weder Gina noch Manuel an diesem Abend etwas Besseres
     vorhatten, trafen sie sich in einem Café, und das war das erste und einzige Mal, dass sie stundenlang redeten, Gina und er,
     in schrankenloser Aufrichtigkeit, so, wie es Fremde tun, wenn sie die Gewissheit haben, sich nicht wiederzusehen. Und seitdem
     weiß Gina Dinge über Manuel und Barb, die ihr nicht einmal Barb je erzählt hat, und Manuel weiß Details aus Ginas Gefühlsleben,
     die selbst Barb nicht kennt, und schon damit hat im Grunde genommen der Betrug an ihrer Freundschaft begonnen, denn irgendwann,
     nach einigen Gläsern Shiraz, verlor ihr Gespräch dann den Beichtcharakter und bekam diesen talmihaften Glitzer, der meistens
     einer Nacht vorausging, die man am nächsten Morgen bereut.
     
    Eine halbe Stunde später ist Manuel da, eine Stunde später liegen sie erschöpft auf den frisch bezogenen Bettdecken, und Gina
     fühlt sich körperlich gut, aber innerlich leer, vor allem, weil sie wieder einmal nicht miteinander gesprochen haben, als
     hätten sie alles, was zwischen ihnen gesagt werden musste, schon in ihrem Mammutgespräch an ihrem allerersten Abend erörtert.
     Es gibt keinen gemeinsamen Alltag, gemeinsame Freunde verbieten sich als Gesprächsstoff erst recht; sie sind nichts als Komplizen,
     und das verbindet und trennt sie gleichermaßen.
    Also steht Gina auf, um sich zu duschen und nicht zu reden.Sie spürt Manuels Blick in ihrem Rücken und dreht sich um, aber das Gefühl war falsch. Manuel sieht sie gar nicht an, liegt
     auf dem Rücken, das Laken über seine langen Beine gebreitet und starrt an die Decke mit einem Ausdruck, den sie nicht deuten
     kann, den sie nie deuten konnte, und vielleicht ist das ja auch besser so, also lässt sie ihn in Ruhe und geht ins Bad. Am
     liebsten wäre es ihr, wenn er verschwinden würde, sagt sie sich, während sie noch unter der Dusche steht, aber in dem Moment
     weiß sie schon, dass sie sich selbst belügt.
    Als sie in das Schlafzimmer zurückkommt, ist er schon dabei, in seine Hose zu steigen. Die Gier nach ihm, nach seinen Lippen,
     seinen Händen, seinem harten flachen Bauch hat sich vollkommen verflüchtigt, es ist, als würde ein Fremder in ihrem Zimmer
     stehen, den sie auch niemals kennenlernen wird, weil dafür zu viel oder zu wenig passiert war.
    Er zieht sich sein Hemd über den Kopf, nicht hastig, aber doch so, als wäre er in Eile, und auch Gina holt ein Kleid aus dem
     Schrank und schlüpft hinein, weil sie auf keinen Fall mehr nackt sein will, wenn er fertig ist.
    Während sie mit dem Rücken zu ihm ihr Kleid zuknöpft, hört sie, wie er hinter sie tritt, spürt einen leichten Kuss auf ihrem
     Nacken.
    »Hast du ein Glas Wasser?«, fragt er sie.
    »Sicher«, sagt sie, ohne sich umzudrehen. »In der Küche, im Kühlschrank. Bedien dich.«
    »Möchtest du auch ein Glas?«
    »Ja, gern.«
    Seine Schritte entfernen sich, während Gina ihre Ballerinas anzieht und sich noch eine leichte Strickjacke aus dem Schrank
     holt, dann das Fenster aufmacht und feststellt, dass die Sonne bereits untergegangen ist, und sich die Dämmerung schon in
     den Zimmerecken breitmacht.
    Als sie vollständig angezogen ist, kommt Manuel wieder herein und bringt ihr ein Glas Wasser; er selbst hat seins wohl schon
     in der Küche hinuntergestürzt; seine Lippen glänzen rot und feucht, seine Augen tränen leicht, und Gina bedankt sich und nimmt
     es ihm aus der Hand. Das Wasser ist nicht ganz kalt, sie hat es erst vor einer Stunde in den Kühlschrank gestellt, und sie
     trinkt ein paar Schlucke, während sie die Kohlensäure im Hals kratzt.
    Sie stellt das Glas auf die Fensterbank und fischt sich eine Zigarette aus der Schachtel, die danebenliegt.
    »Manuel«, sie lächelt ihn an, »ich glaube, es ist besser, du gehst jetzt«, sie zwinkert ihm zu. »Ich will nämlich rauchen«,
     eine Flucht nach vorn, in leichtem Ton, darauf anspielend, dass er Rauchgeruch mittlerweile hasst.
    »Schön«, sagt Manuel. »Dann gehe ich jetzt.« Er schließt sie fest in die Arme, sie befreit sich nach ein paar Sekunden, nimmt
     seine Hand und bringt ihn zur Tür, aber dann legt er seine Hand auf ihre, und bevor sie die Tür öffnen kann und damit endgültig
     alles zu Ende bringen würde, was zwischen ihnen war, scheint plötzlich einen winzigen Moment lang etwas möglich zu

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