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Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Titel: Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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von einst getan hatte.
    Sie haben alle Angst vor diesem Mann , dachte ich damals bei mir. Er muss sehr wichtig sein . Und außerdem, so erkannte ich, sehr mächtig. Irgendwie mochte ich ihn plötzlich sogar noch weniger.
    Mein Vater, so bemerkte ich voller Stolz, fürchtete sich ganz und gar nicht vor dem Mann mit dem großen Hut. Er ging forsch neben ihm her, und beide verschwanden in einer Hütte. Nach einer Weile kamen sie wieder hervor. Jetzt konnte ich sehen, dass es mein Vater war, der ärgerlich dreinblickte.
    Seine Stimme durchdrang klar und deutlich die morgendliche Luft. »Dieses Kind war bei weitem noch keine zehn Jahre alt! Sie wissen genauso gut wie ich, dass es seit beinahe zwei Jahren gesetzwidrig ist, einen Knaben von weniger als zehn Jahren für die Arbeit unter Tage einzusetzen!«
    In der Stimme meines Vaters lag so viel Wut, dass ich glaubte, es müsse den Großhut beeindrucken, doch der starrte meinen Vater nur unverschämt an und zuckte mit den breiten Schultern. Als er die Pfeife aus dem Mund nahm, um zu antworten, klang seine Stimme äußerst aggressiv.
    »Die Eltern des Jungen haben mir gesagt, dass er zehn Jahre alt ist. Ich habe ihnen geglaubt. Sie wissen ja selbst, was für Zwerge diese Bergleute als Brut hervorbringen.«
    Ich war überrascht von seinem Ton, weil mein Vater normalerweise von allen Leuten mit großem Respekt behandelt wurde. Wie kann er es wagen? , dachte ich empört bei mir. Wie kann er es wagen, in diesem Ton mit meinem Papa zu sprechen?
    Zuversichtlich wartete ich darauf, dass mein Vater diesen Burschen zurechtwies, doch obwohl ich sehen konnte, wie wütend er war, klang seine Stimme sehr bestimmt und kalt, als er wieder sprach. Irgendwie machte mir das mehr Angst, als wenn er gebrüllt hätte.
    »Ja«, sagte er. »Ich weiß, dass diese Kinder von schlecht ernährten Müttern geboren werden und dass sie selbst schlecht ernährt werden und daran gewöhnt sind, von frühester Kindheit an schwere, unangemessene Arbeit zu leisten. Kein Wunder, dass sie unter Rachitis und anderen Krankheiten leiden und dass ihre Körper verkrüppelt sind. Doch es ist völlig unmöglich, dass dieses Kind dort hinten …«, mein Vater deutete zu der Hütte hinter sich, »… dass dieses Kind dort hinten von irgendjemandem älter als höchstens sechs oder sieben Jahre geschätzt werden könnte.«
    Bevor Großhut etwas darauf erwidern konnte, gab es einen Tumult, und zwei Männer kamen aus der Hütte, eine Bahre zwischen sich. Auf der Bahre lag ein kleines Bündel unter einer Decke. Einer der Männer stolperte auf dem unebenen Boden; die Bahre kippte, und die Decke rutschte zur Seite. Eine Hand glitt darunter hervor und baumelte über den Rand hinunter. Eine winzige Kinderhand.
    Mein Vater setzte den Hut ab, doch Großhut schnaubte nur und behielt seinen lächerlichen Kopfputz fest an seinem Platz.
    Ein Karren war herbeigebracht worden, und die Männer luden die Bahre darauf. Plötzlich durchdrang ein furchtbarer Schrei die Luft. Ich hatte noch nie zuvor solch einen Schrei vernommen und zuckte angstvoll zusammen. Auch das Pony erschrak und setzte sich vorwärts in Bewegung, weil der Junge nicht mehr da war, der es am Zügel gehalten hatte. Der Einspänner ruckte, und ich hatte kurz Angst, dass das Tier durchgehen und mich mit sich reißen würde. Ich packte die Zügel, zerrte mit aller Kraft daran, und zu meiner großen Erleichterung blieb das Pony stehen.
    Eine Frau war aufgetaucht und rannte auf die Stelle zu, wo mein Vater, Großhut und die beiden Männer mit der Bahre standen. Sie wedelte mit den Armen und schrie unverständliches Zeug wie eine Irre, und ihr Mund war zu den groteskesten Formen verzerrt. Der Umhang, den sie trug, wie es arbeitende Frauen taten – über den Kopf und unter dem Kinn zusammengebunden –, löste sich und fiel in den Schmutz. Doch sie bemerkte es nicht einmal, obwohl ihre Kleidung ärmlich und schmutzig war. Ihr Gesicht war von tiefen Linien durchfurcht wie das einer alten Frau, doch nach der Art und Weise, wie sie rannte, musste sie noch recht jung sein. Sie erreichte den Karren, kletterte hinauf und warf sich auf den kleinen Leichnam auf der Bahre, während sie unablässig weinte und an der Decke zerrte, um das Gesicht des Toten freizulegen. Ich erkannte, dass es die Mutter des kleinen Jungen sein musste, und beobachtete das Geschehen mit wachsendem Entsetzen.
    »Davy! Davy!«, weinte sie. »Ich bin es, Mum! Wach auf, mein Junge, und sprich mit

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