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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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ich hielt es für besser, Pamela über Nacht in Verwahrung zu nehmen. Sie wehrte sich nur der Form halber und behauptete, vor lauter Müdigkeit könne sie sich nicht an ihren Namen und ihre Adresse erinnern.
    Der Personalausweis lag in der Handtasche, zwischen Make-up, Geldscheinen, Handy und Kondompackung. Pamela Donna Lahtela, geboren neunzehnhundertsiebenundachtzig in Helsinki. Ich gab der Schupo Anweisung, genauere Personalangaben und die Adresse des Mädchens festzustellen, und bat die Zellenaufsicht, Pamela etwas zu essen zu geben. Ob sie am nächsten Morgen, wenn die Entzugserscheinungen einsetzten, vernehmungsfähig sein würde, war fraglich.
    In ganz Espoo war es still geworden, auch in unserem Viertel rührte sich nichts, und unsere Fenster waren dunkel. Es gelang mir, die Tür fast lautlos zu öffnen und auch ohne größeren Lärm wieder zu schließen. Wie viele Menschen in ihrem Alter hatte meine Schwiegermutter einen leichten Schlaf. Meine Vorsicht war jedoch vergeblich, denn ich hatte kaum die Schuhe ausgezogen, als im Flur ein fürchterlicher Radau begann. Der Störenfried war Venjamin, der seine Missbilligung über mein spätes Heimkommen äußerte. Die Tür zum Kinderzimmer war geschlossen, meine Schwiegermutter mochte keine Katzen im Bett. Um das Tier zu beruhigen, nahm ich es hoch und schmiegte mein Gesicht in sein weiches Fell. Venjamin begann fast sofort zu schnurren. Ich nahm ihn mit in die Küche, schloss die Tür und gab ihm Milch und etwas Fisch aus der Gefriertruhe. Dann wusch ich mich, und als ich mich ins Bett legte, sprang die Katze aufs Fußende. Wir suchten beide nach der besten Position zum Einschlafen, letzten Endes landete Venjamin in meiner Kniekehle. Ich musste also in Seitenlage schlafen.
    Kurz vor sechs wurde ich wach. Venjamin maunzte beleidigt, als ich ihn von meinem Bauch schob, auf dem er es sich im Lauf der Nacht gemütlich gemacht hatte. Vor dem Einschlafen hatte ich das Handy auf »lautlos« gestellt und es auf den Nachttisch gelegt, in der festen Überzeugung, von der Vibration bei einem Anruf wach zu werden. Doch ich hatte mich geirrt. Während der Nacht waren drei Anrufe gekommen, davon zwei von Puupponen, der außerdem eine Nachricht hinterlassen hatte.
    »Hallo, Maria, ich fahr jetzt nach Hause. Es ist eins. Arto Saarnio hat gerade angerufen, nachdem er unsere Nachricht auf dem Anrufbeantworter gehört hatte. Es ist selbst erst gegen Mitternacht von der Arbeit gekommen, aber seine Frau war nicht im Haus. Sie ist verschwunden.«
    Der dritte Anruf kam von Arto Saarnio. Auch er hatte auf den Anrufbeantworter gesprochen, mit der besorgten, müden Stimme eines alten Mannes. »Entschuldigen Sie, dass ich so spät in der Nacht störe, aber das ist wirklich nicht Riittas Art. Ich habe schon in allen Krankenhäusern nachgefragt, aber niemand weiß etwas von ihr, und am Mobiltelefon meldet sie sich auch nicht. Kann die Polizei das Handy orten? Bitte rufen Sie mich sofort an, wenn Sie diese Nachricht hören.« Er hatte sich bemüht, den letzten Satz wie einen Befehl klingen zu lassen, doch es war ihm nicht recht gelungen.
    Ich stellte die Kaffeemaschine an und teilte Puupponen per SMS mit, dass ich bald im Präsidium sein würde. Ohne einen Kaffee wagte ich mich allerdings nicht ans Steuer. Solange die Kaffeemaschine noch blubberte, warf ich einen Blick in die Zeitung. Über den Anschlag im Einkaufszentrum wurde auf der ersten Seite berichtet; der Reporter stellte Spekulationen über die Tatwaffe und über eventuelle Verbindungen zu dem Mord an Lulu Nightingale an. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich die Identität des Opfers noch nicht an die Öffentlichkeit gegeben, doch diese Entscheidung hatte bei Kaartamo gelegen. Ich gab dem miauenden Venjamin Futter und versuchte ihn daran zu hindern, den Gürtel meines Morgenmantels aufzuziehen. Als ich mir Kaffee eingoss, ging die Tür auf, und Taneli kam verschlafen in die Küche.
    »Mutti, bist du heute Abend zu Hause?«
    »Ich versuche es. Leg dich ruhig nochmal schlafen, du brauchst erst in zwei Stunden aufzustehen.«
    »Ist Vati heute bei uns?«
    »Nein, er kommt erst morgen. Aber Omi ist hier.«
    Taneli zog die Mundwinkel nach unten. Ich nahm ihn in die Arme. Im selben Moment kam auch meine Schwiegermutter in die Küche.
    »Nanu, du bist schon auf? Hast du überhaupt geschlafen?«
    »Ein paar Stunden. Könntest du heute Abend noch hier bleiben, falls ich arbeiten muss?«
    Ihr stahlgraues Haar stand vom Kopf ab, sie hatte

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