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Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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die Hoffnung noch nicht aufgeben.«
    Er kam schon nach zwei Stunden wieder zurück. Timothy fragte ihn, wie und woher er selbst die internsten Details aus Lloyds und Weaverlys Privatsphäre in so verblüffend kurzer Zeit bekäme. Patton grinste nur. Aber als Timothy sich schon mit den neuen Unterlagen beschäftigte, hörte er Patton summen. Timothy hatte ein ausgezeichnetes Gehör. Patton summte einen eigenen Text nach der Melodie des »City-Swamps«: »Da fragte Lu-fu den Peng-tao, lalala, lalala –«
    Timothy schmunzelte. Lu-fu und Peng-tao waren die Privatsekretäre zweier rivalisierender chinesischer Potentaten im ersten Jahrtausend gewesen, sie hatten insgeheim zusammengearbeitet, einmal der einen, dann wieder der anderen Seite einen Sieg oder einen Vorteil zugebilligt und so ihre Herrscher bei Laune gehalten.
    »Aber ich bin nicht Liu Mao-tschu«, sagte Timothy laut. Patton sah ihn verblüfft an und wurde rot wie ein kleiner Junge.
    »Können Sie etwas entdecken?« fragte er.
    Timothy schüttelte den Kopf. »Aber ich habe so ein Kribbeln in der Nasenspitze. Am besten, Sie lassen mich jetzt allein.«
    Patton ging nur widerwillig. Am nächsten Tag ließ Timothy ihn gar nicht erst ein. Er meldete sich auch nicht am Communicator. Timothy schmunzelte, als er spätabends den Speicher abrief und die immer verzweifelter klingenden Anfragen vorgespielt bekam. Patton hatte alle Stunde versucht, ihn zu erreichen. Timothy gab ihm Nachricht, daß er ihn am nächsten Vormittag erwarte.
    6.
    »Nun?« fragte Patton aufgeregt. »Spannen Sie mich nicht auf die Folter, Tiny. Haben Sie es?«
    »Vielleicht. Ich muß erst noch einiges wissen, bevor ich Ihre Frage beantworten kann.« Er führte Patton in das Mausoleum. »Setzen Sie sich.«
    Patton sah Timothy erwartungsvoll an.
    »Als erstes möchte ich wissen, warum Brooker Ihnen so bedingungslos vertraut.«
    »Das hat mit diesem Fall nichts zu tun. Glauben Sie mir!«
    »Ich will wissen, nicht glauben.«
    Patton zögerte. »Ich möchte lieber nicht darüber sprechen.«
    Timothy legte sich lang und verschränkte die Hände unter dem Nacken. »Keine Ausflüchte.«
    »Das ist eine lange Geschichte, Tiny.«
    »Gut, geben Sie eine Kurzfassung.«
    »Als ich vierundzwanzig war«, begann Patton, »erkrankte ich an Drüsenephemie. Es war aussichtslos für mich. Meine Eltern hätten nie das Geld für die Behandlung aufbringen können, ich war damals noch Student. Da kam ein Mann von der UNITED zu mir. Sie würden mir helfen und die Behandlungskosten übernehmen, wenn ich mich für ihren Sicherheitsdienst verpflichtete. Eine Ablehnung wäre Selbstmord gewesen. Ich wurde in die Klinik der UNITED gebracht, und nach ein paar Monaten war ich geheilt.« Patton lachte bitter. »Von der Drüsenephemie. Dann ging ich zur UNITED. Mister Flower empfing mich. Kannten Sie Flower?«
    Timothy verneinte.
    »Der Sicherheitschef der UNITED. Er war ein Vieh. Flower sagte mir, er freue sich, daß es mir so gut ginge und so weiter, und dann eröffnete er mir, man habe ein neues Medikament angewandt, das leider eine nicht vorhergesehene Nebenwirkung gezeigt hätte, eine Art Antibluterkrankheit; wissen Sie, das Blut gerinnt sofort, selbst in meinen Adern, wenn ich nicht einen bestimmten Wirkstoff einnehme.«
    »Und den hat die UNITED natürlich?«
    »Ja, es sei eine Zufallsentdeckung, sagte Flower, ich könne von Glück reden, daß ich nicht bei der Konkurrenz gelandet sei, die hätte mir nicht helfen können. Er könne es. Und er würde es auch tun. Solange ich ihn nicht enttäusche. Es gibt tatsächlich kein anderes Präparat, Tiny.«
    Timothy goß ihm einen Whisky ein und reichte ihn hinüber. »Wir waren zehn, und man hatte uns sorgfältig ausgesucht. Wir hatten alle ausgezeichnete Ergebnisse an der Universität. Keiner einen Intelligenzquotienten unter 195, und wir brauchten nicht lange, um zu wissen, daß wir nicht Opfer eines fehlgeschlagenen medizinischen Versuchs, sondern eines wohlberechneten Anschlags geworden waren und daß wir nicht zufällig erkrankten. Jetzt waren wir von dem Medikament abhängig und mußten machen, was Flower von uns verlangte. Die Flowerboys.«
    Er schwieg lange.
    »Aber es muß doch möglich sein, herauszubekommen, wie sich das Zeug zusammensetzt«, sagte Timothy.
    »Wir haben alles versucht, um aus Flowers Gewalt auszubrechen, sechs von uns haben es mit dem Leben bezahlt. Sehen Sie, Tiny, wir haben immer nur eine Tagesration bekommen und sie gleich schlucken müssen. Einer von

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