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Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Toleranzwert erreichten, der Alarm ausgelöst hätte. Damit war für alle der Fall erledigt.«
    Patton nickte.
    »Die höchste Abweichung bei Lloyd betrug null Komma siebzehn Prozent, bei Weaverly null Komma vierundzwanzig. Wenn man sich das einmal ausrechnet, kommt man auf die bemerkenswerte Feststellung, daß es sich in beiden Fällen um fast auf den Kubikzentimeter genau die gleiche Luftmenge handelt: knapp zweieinhalb Kubikmeter. Ein Zufall? Und ist es auch ein Zufall, daß die Abweichung in beiden Fällen fast auf die Sekunde genau vier Minuten beträgt? Und noch etwas: Sowohl Lloyd als auch Weaverly sind in riesigen Räumen erstickt. Kommt Ihnen das nicht komisch vor?«
    »Ja«, räumte Patton ein, »jetzt, wo Sie mich fragen.«
    »Es kommt immer darauf an, richtig zu fragen. Man sollte doch denken, daß es gerade umgekehrt ist, daß einer eher in einem winzigen Zimmer erstickt als in einer Riesenhalle. Ich will Ihnen etwas verraten, Harold, in einem kleineren Raum hätten die beiden nicht ersticken können.« Timothy weidete sich an Pattons verständnislosem Blick. »Wenn in einem kleineren Raum plötzlich ein paar Kubikmeter Luft weniger geblasen werden, würde sofort die Alarmanlage ansprechen. Ich habe mich gefragt, ob es ein Zufall sein könnte, daß die Klimaanlagen weniger Luft eingaben. Sie werden durch einen Automaten gesteuert, der in den Räumen des Inneren Reiches die Luftdichte mißt. Also wurde weniger Luft gebraucht. Aber niemand hat in dieser Zeit das Innere Reich betreten. Vielleicht ein kleiner Defekt? Genau vier Minuten lang? Und dann hätte die Luftkonzentration abnehmen müssen. Aber sie ist konstant geblieben.« Timothy machte eine lange Pause und sah triumphierend zu Patton hinüber. »Es wurde vier Minuten lang weniger Luft in den Raum geblasen, aber die ganzen vier Minuten war die Konzentration gleich, die Luftentnahme weist keine Schwankungen auf, nicht einmal zweieinhalb Kubikmeter.«
    »Ich verstehe überhaupt nichts«, sagte Patton.
    »Ich habe auch lange gebraucht, um es zu verstehen. Es ist weniger Luft und zugleich nicht. Es gibt nur eine Lösung, und die ist so simpel, daß es schon einiger Genialität bedarf, um darauf zu kommen: ein Vakuum!«
    Es war Patton anzusehen, daß er Timothy noch nicht folgen konnte.
    »Mann, Harold, das erklärt doch alles! Die beiden sind erstickt. In riesigen Räumen voller einwandfreier Luft. Ohne Anwendung von Gewalt. Sie waren organisch gesund. Sie haben nichts Giftiges eingeatmet. Sie sind an nichts gestorben. Das ist es. In einem Vakuum. Ich habe mich erkundigt. Es gibt seit kurzem transportable Geräte zur Erzeugung eines Vakuums in beliebigen Räumen, eine Miniaturausgabe von dem künstlichen Himmel, der sich über Brookers Schloß wölbt.«
    »Und wer sollte nach Ihrer Ansicht ein solches Aggregat in Lloyds Arbeitszimmer geschmuggelt und ihn dazu gebracht haben, ungerührt zuzusehen, wie es in Gang gesetzt wird?«
    »Sie haben vorhin gesagt, nur Lloyd oder Weaverly selbst könnten es sein, die Juniorchefs auch?«
    Patton nickte. »Und die Herren Söhne könnten gewiß auch ihre mißtrauischen Väter unter irgendeinem Vorwand übertölpeln.«
    »Aber warum? Sie haben alles, was sie brauchen.«
    »Weil sie selbst endlich Chef sein wollen und nicht warten, bis sie hundert Jahre alt werden oder noch länger. Weil ihre Väter Mitglieder in diesem famosen Club der Unsterblichen sind.«
    »Ja«, sagte Patton, »das wäre ein Motiv. Aber die Junioren haben einwandfreie Alibis.«
    Timothy grunzte verächtlich. »Dafür gebe ich keinen roten Cent. Ein Junior deckt den anderen. Wer sind denn die Alibizeugen? Allesamt Leute in der gleichen Situation. Eine Art Club zur Bekämpfung der Unsterblichen. Nein, was mir Kopfzerbrechen macht, ist die nun mal nicht zu bestreitende Tatsache, daß selbst die Junioren nicht unbemerkt in ihre Räume im Inneren Reich kommen konnten. Das macht meine schönen Gedanken zunichte. Ja, Harold, wir sind wieder mal am Ende. Wenn man schon keine Beweise hat, muß man wenigstens eine lückenlose Theorie zur Hand haben.«
    Es dauerte lange, bis Timothy die Augen wieder aufschlug. Dann diktierte er Patton eine ganze Reihe von Wünschen.
    »Wollen Sie nicht doch schon mit Brooker sprechen?« fragte Patton. »Ich zittere wirklich um sein Leben. Und wenn es die Söhne sind – Brooker junior und ich sind zur Zeit die einzigen, die der Boss noch an sich rankommen läßt.«
    »Ihr Chef würde mir doch nicht glauben«, sagte Timothy.

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