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Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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zustimmend.
    »Ja«, sagte sie, »ich möchte mich nicht gleich zu Anfang meines neuen Jobs blamieren. Aber es ist unmöglich, bestimmt.«
    Timothy dachte nach. Die Bachstelze blieb geduldig neben seinem Sessel stehen.
    »Was ist mit seinen Betreuern?« fragte Timothy. »Er muß doch Betreuer haben, einen Haufen Personal, das ihn umsorgt, ihn großgezogen hat. Vielleicht gibt es jemand, der nichts von den eigentlichen Versuchen verraten könnte, mir aber Informationen über Baxters alltägliches Verhalten geben kann?«
    »Ich habe wenig Hoffnung, aber ich will mich umsehen. Lassen Sie mich hinaus?«
    Da Timothy wußte, wie genau die Bachstelze ihn jetzt beobachten würde, machte er eine Reihe überflüssiger Handgriffe; er schaltete die Luftversorgung herauf, ließ im Wohnzimmer die Fensterjalousien schließen und das Licht aufflammen, ließ die Goldfische füttern, das Kaffeewasser anheizen und Badewasser einlaufen, dabei ruhte seine linke Hand etwa zehn Sekunden lang auf dem Tast-Identificator der Armlehne. Kurz darauf öffnete sich die Tür des Mausoleums. Deborrah Johnson stürmte hinaus, Timothy hatte Mühe, ihr zu folgen. An der Wohnungstür drehte sie sich noch einmal um.
    »Ich rechne fest mit Ihnen, Tiny. Sie müssen es schaffen. Es wird Ihr Schade nicht sein.«
    Timothy verriegelte die Tür hinter ihr. Dann holte er seinen Whisky und setzte sich zu Napoleon.
    »Ach, alter Junge«, stöhnte er. »Wenn du wüßtest, wie schmutzig die Welt ist, du würdest dir die Sicherungen aus dem Leib reißen.«
    Er diktierte Napoleon Wort für Wort und Ziffer für Ziffer den Inhalt der geheimen Folien; auf eine Code-Frequenz, versteht sich. Dann instruierte er den Communicator. »Ich gehe baden und dann ins Bett und bin für niemanden zu sprechen außer für Deborrah Johnson.«
    »Zum Teufel mit ihr«, fügte er noch hinzu, doch erst, nachdem er die Empfangsdiode geschlossen hatte.
    5.
    Timothy fühlte sich frisch, als er erwachte. Er frühstückte ausgiebig, obwohl es mitten in der Nacht war, bereitete sich einen Bohnenkaffee und setzte sich zu »Schneewittchen«. Die Sonic tönte leicht und beschwingt. Fast eine Stunde saß er bei ihr, wippte im Schaukelstuhl und gab sich den zarten Tongespinsten hin, die »Schneewittchen« über ihn ausströmen ließ. Dann gab er Baxters Foto in den Spectomaten, stellte das Bild auf Lebensgröße und dirigierte es so auf die Bildwand, daß er Samuel Baxter gerade in die Augen sehen konnte. Große, klarblaue Augen. Ein Dutzendgesicht. Ein junger Bursche, wie es sie zu Tausenden gab, blond, weißhäutig, leicht abstehende Ohren, das sah man trotz der dichten, schulterlangen Haare, Sommersprossen, eine noch nicht voll ausgebildete Nase, ein Grübchen am Kinn. Er schien ein wenig traurig dreinzuschauen, doch das konnte täuschen. Timothy vergrößerte das Bild auf Wandhöhe und ließ den Eindruck auf sich wirken. Baxter sah tatsächlich traurig aus. Keine Gefühle? Bah! Als ob es das geben konnte: ein Mensch ohne Gefühle. Und ein Mensch war es wohl trotz allem, oder?
    Timothy ließ Napoleon aufsagen, was er ihm über Baxter eingegeben hatte. Verdammt wenig. Ohne zusätzliche Fakten lohnte es sich kaum anzufangen. Er holte die Landkarte von Illinois und den Stadtplan von Chicago aus dem Geheimschrank. Wenn die Bachstelze wüßte, daß ich so was besitze, dachte er vergnügt, sogar Meßtischblätter – und die neuesten dazu!
    Um sieben Uhr rief er Josuah Trevers an und ließ sich über Mister Super-X informieren; wozu hat man den Hauptarchivar der größten Nachrichtengesellschaft zum Freund? Timothy entschuldigte sich nicht, daß er ihn schon beim Frühstück überfiel, und Joe beklagte sich nicht; er hatte sich längst Klagen an Timothys Adresse abgewöhnt. Und neugierige Fragen. Es mußte ein gigantischer Rummel sein, Joe fluchte Stein und Bein über Mister Super-X.
    »So ein Aufwand wegen Cornflakes!« schloß er. »Als ob es nicht völlig egal ist, welche Sorte man in sich hineinschlingt, der ganze Fraß stammt doch ohnehin aus ein und derselben chemischen Fabrik.«
    Timothy lud ihn zum Essen ein. Er versprach Joe Fisch, einen frischen Hecht. Sobald er ihn beschaffen konnte. In echter Butter. Von Baxter hatte Joe selbstverständlich gehört. Die ICC würde nichts von der Großfahndung bringen, keine der Nachrichtengesellschaften.
    »Die Polizei ist komischerweise nicht daran interessiert«, sagte Trevers, »Hast du eine Ahnung, warum?«
    »Nein«, entgegnete Timothy, »wie sollte

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