Wer stirbt, entscheidest du
in einem Fall, der möglicherweise auf eine Mordanklage hinausläuft. Also muss die Leiche von Brian Darby obduziert werden. Das dürfte auch Tessa klar sein.» Sie richtete ihren Blick auf Bobby. «Oder lernen angehende State Trooper so was nicht?»
Bobby kratzte sich demonstrativ am Kopf. «Ich bitte dich. Die Ausbildung an der Akademie dauert fünfundzwanzig Wochen. Und in der kurzen Zeit soll unsereins über alle Ermittlungsschritte informiert werden?»
«Trotzdem frage ich mich, warum sie auf eine schnelle Freigabe des Leichnams drängt», sagte D.D. Bobby zuckte mit den Achseln. «Vielleicht glaubt sie, die Obduktion sei schon vorgenommen worden.»
Neil hatte eine andere mögliche Erklärung: «Vielleicht glaubt sie, als Mitglied einer Strafverfolgungsbehörde Sonderwünsche anmelden zu dürfen, nach dem Motto: Liebe Freunde der Gerichtsmedizin, haltet euch bitte nicht allzu lange mit der Leiche meines Mannes auf.»
D.D. knabberte an ihrer Unterlippe. Tessa Leoni war zwar hübsch und verletzlich, gleichzeitig aber ziemlich abgebrüht und erstaunlich helle, wenn es drauf ankam. Dass sie die Gerichtsmedizin zur Eile drängte, musste einen Grund haben.
Den Blick auf Neil gerichtet, fragte D.D.: «Was hat dein Freund ihr gesagt?»
«Er hat nur mit ihrem Anwalt gesprochen und ihn an seine Pflichten als Pathologe erinnert, wofür Cargill natürlich Verständnis hatte. Wenn ich richtig verstanden habe, haben sie sich auf einen Kompromiss geeinigt. Die Obduktion wird vorgezogen, damit die Leiche möglichst schnell freigegeben werden kann.»
«Wann könnte das frühestens der Fall sein?», fragte D.D.
Neil zuckte mit den Achseln. «Nach der Obduktion muss die Leiche zugenäht und sauber gemacht werden, und das kann sich hinziehen. Die Freigabe ist nicht vor Montagabend zu erwarten, eher später. Vielleicht Dienstagnachmittag.»
D.D. nickte, grübelte aber weiter. Aus irgendeinem Grund wollte Tessa den Leichnam ihres Mannes lieber früher als später zurückhaben. Warum sie es damit so eilig hatte, war vielleicht eine Frage, der sich nachzugehen lohnte.
D.D. wandte sich wieder ihrer Taskforce zu und fragte nach bisherigen Ergebnissen. Aber damit konnte niemand aufwarten. Sie verlangte nach neuen Spuren. Ebenfalls Fehlanzeige.
Sie und Bobby referierten nun, was sie über Tessa Leonis unglückliche Jugend in Erfahrung gebracht hatten. Dass sie sich einmal mit einer Schusswaffe zur Wehr gesetzt hatte, mochte man ihr verzeihen. Die Wiederholungstat kam schon einem Muster gefährlich nahe, das die Rechtsprechung allerdings erst beim dritten Mal begründet sah.
D.D. wollte sich den Fall Thomas Howe näher ansehen und am nächsten Tag gleich als Erstes in den Akten nachschauen, welcher Kollege damals die Ermittlungen geleitet hatte. Wenn möglich würden sie und Bobby mit der Familie Howe und mit Tessas Vater Kontakt aufnehmen. Außerdem musste Brian Darbys Fitnessstudio ausfindig gemacht und festgestellt werden, wie oft er trainiert und ob er Anabolika genommen hatte. Aus dem Sensibelchen war in kürzester Zeit ein Temperamentsbolzen geworden. Diesem Wandel auf den Grund zu gehen, würde sich wahrscheinlich lohnen.
D.D. schrieb die nächsten Schritte auf und verteilte Hausaufgaben. Das Videoteam sollte seinen Sichtungsmarathon auf sämtliche Überwachungskameras Bostons ausweiten. Phil sollte die Hintergrundrecherchen komplettieren, eventuellen Grundbesitz lokalisieren und den Vorgesetzten von Brian Darby vernehmen. Neil sollte seinen Posten in der Gerichtsmedizin einnehmen und einen richterlichen Beschluss für einen Abgleich von Brians Arbeitsschuhen mit dem blauen Fleck auf Tessa Leonis Hüfte besorgen.
Die Kollegen der Sonderkommission setzte D.D. darauf an, sich mit dem Spritverbrauch und Streckenprofil des Denali zu beschäftigen und die Suche nach Sophie Leoni zu intensivieren, während die Kollegen der Hotline eingehenden Hinweisen folgen sollten.
D.D. wollte in spätestens einer Stunde die Berichte sämtlicher Vernehmungen dieses Tages auf ihrem Schreibtisch haben. Das Team forderte sie auf, mit der Dokumentation zu beginnen und eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang den Dienst wiederaufzunehmen. Solange Sophie Leoni vermisst blieb, gab es für Müdigkeit kein Verständnis.
Die Detectives machten sich auf den Weg.
D.D. und Bobby blieben zurück. Sie mussten den Leiter des Morddezernats auf Stand bringen und sich dann noch mit dem Staatsanwalt von Suffolk County beraten. Beide Männer waren an
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