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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ausgezogen, den Kot vom Körper gewaschen und eine schwache Schluckbewegung ausgenutzt, um ihm die beiden Chinintabletten in den Mund zu stopfen.
    Ich weiß nicht, dachte Bäcker erschöpft, ob Chinin bei einer solchen, Vergiftung hilft, ich habe keine Ahnung, aber schaden kann es bestimmt nicht. Die Hauptsache ist, daß der Körper merkt, man läßt sich nichts gefallen. Man nimmt den Kampf auf. Shirley, alter Junge, was nutzt dir deine ganze bullige Kraft, wenn eine einzige, kleine Muschel dich umhauen kann. So ist das mit den Menschen: Sie bilden sich ein, sie seien die Herren der Welt – aber es brauchen nur drei Bienen herumzusummen, und schon rennen sie wie um ihr Leben. Es gibt nichts Aufgeblaseneres als einen Menschen, wenn er meint, der Mächtigste zu sein.
    Shirley schlief bis zum Abend des nächsten Tages. Er starb nicht. Der Muskelkrampf ließ allmählich nach, sein Atem ging langsamer und tiefer. Er wachte auf, als Anne gerade ein Stück Fleisch am Spieß briet.
    »Ich kann Eßbares nicht mehr riechen!« sagte Shirley schwach. »Anne, gehen Sie mit dem Fleisch aus meiner Nähe.«
    »Willkommen auf der Erde, Paul!« Bäcker setzte sich neben Shirley. »Sind sie verrückt, sich mit Hilfe einer kleinen Muschel vor allen Problemen zu drücken? Das könnte Ihnen so passen, uns die Last Ihrer Beerdigung auch noch aufzubürden! Nach Lage der Dinge wird uns niemand glauben, daß Sie eines natürlichen Todes gestorben sind. Über eine vergiftete Muschel wird man lachen. Das haben Sie ganz schön ausgeheckt, mein Lieber.«
    Shirley lächelte schwach. Er tastete nach Bäckers Hand. »Sie dämlicher Humanist. Warum haben Sie mich nicht krepieren lassen? So eine Gelegenheit kommt nie wieder.«
    »Ich brauche Sie noch zum Bootsbau, Shirley. Nur darum. Verlieren Sie nicht die Hoffnung, vielleicht klappt's mit Ihrem Tod, wenn das Boot fertig ist …«
    »Geben Sie's auf, Bäcker. Sie haben kein Talent zum Lügen.« Shirley hielt Bäckers Hand fest und drückte sie. Es war nur die Andeutung eines Druckes, aber für Shirley war es jetzt eine gewaltige Anstrengung. »Ich danke Ihnen, Werner. Sie haben mir das Leben gerettet. Aber ich nehme es nicht als Geschenk. Ich will es kaufen.« Shirley drehte mühsam den Kopf zu Anne. Sie hatte den Braten vom Feuer genommen. »Anne – ich habe Sie offiziell vergessen. Sie sind frei. Ich werde es irgendwie verantworten, ohne Sie nach Papeete zu kommen.« Er drehte den Kopf wieder zu Bäcker und versuchte zu lächeln. »Zufrieden, Werner?«
    »Nein! Erst wenn Sie wieder auf den Beinen stehen, Shirley. Wir rennen gegen die Zeit an … Anne hat nur noch sieben Monate vor sich. Was sind sieben Monate, wenn man aus einem Baum ein Boot schlagen muß? Allein schaffe ich das nicht.«
    Shirley lächelte müde, nickte schwach und fiel dann wieder in Bewußtlosigkeit.
    Sieben Tage brauchte Shirley, um wieder leidlich fit zu sein. Da er sich noch immer vor allem Eßbaren ekelte, magerte er ab, und als Anne ihn zwang, kleingeschnittenes Fleisch herunterzuwürgen, war er nach dieser Prozedur gelb im Gesicht vor Widerwillen und sagte: »Lieber verhungern, als das noch einmal!«
    Dann wartete er, daß alles wieder aus ihm herauskam, aber erstaunlicherweise behielt er das Fleisch. Sein Magen verarbeitete die Speise mit einem deutlichen Rumoren.
    »Die Maschine läuft wieder an«, sagte er mit bitterem Humor. »Diese Insel hat mich geschafft, Bäcker. Was fehlte uns jetzt noch? Einen Taifun haben wir gehabt, eine Fischvergiftung, einen Zweikampf, mehrere Morddrohungen – was könnte eigentlich noch passieren?«
    »Die Kapitulation vor dem Baumstamm!«
    »Sind Sie jetzt endlich auch soweit? Geben Sie auf? Ich hasse diesen Baum!«
    »Eine große Chance haben wir noch.«
    »Ein schönes, weißes, dickes Schiff, das sich verirrt hat, genau hier vorbeifährt und uns mit Musik an Bord hievt! Dieses Wunder würde ich dem Papst melden!«
    »Das Flugzeug, Shirley.«
    »So viel Glück gab's nur einmal. Das kommt nicht wieder. Sie haben ja Ihr Gesicht dazwischengehalten!«
    »Damals waren Sie noch bereit, Anne abzuliefern. Aber wenn das Flugboot jetzt wiederkommt, schießen wir alle roten Raketen ab. Wir haben noch vier Stück.«
    »Welcher Idiot sollte hier noch einmal vorbeifliegen?«
    »Es muß nächste Woche kommen.«
    »Was?«
    »Das Flugzeug. Ich habe es Ihnen nicht gesagt, Shirley … aber hier muß ein Liniendienst vorbeiführen. Alle vier Wochen ist bisher das Flugzeug aufgetaucht. Auf meinem Kalender

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