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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Menschenfresser und Kopfjäger so selten geworden sind.« Er richtete sich auf. »Sie müssen schon am Abend hier gewesen sein und sind in der Morgendämmerung wieder aufs Meer. Nachts wagt sich kein Eingeborener aufs Wasser. Wir haben da oben geschlafen, und sie hockten hier und warteten auf den ersten Streifen der Sonne. Haben Sie nichts gesehen? Sie können noch nicht weit sein!«
    Sie liefen zurück, kletterten auf den Hang zu den drei hohen, stolzen Palmen und blickten über das glatte Meer.
    Die Morgensonne schüttete Gold aufs Wasser, es war der Anfang eines Tages, an dem die Welt wirklich Gottes Schöpfung war. Bäcker und Shirley waren wie geblendet, aber als sich ihre Augen ein wenig an das gleißende Licht gewöhnt hatten, sahen sie ganz fern zwei Punkte in dem schimmernden Wasser, kaum noch erkennbar – die Boote.
    »Da sind sie!« sagte Shirley. »Bestimmt zwei große Ausleger. Sie hätten uns die Hälse durchschneiden können, und wir hätten von alldem nur einen kurzen Stich im Hirn gespürt! Werner, ab heute müssen wir wieder Wachen einteilen. Sie kommen wieder, das ist so sicher, wie jetzt die Flut wiederkommt.«
    Sie gingen zur Hütte zurück und sahen Anne, wie sie herumrannte und aufgeregt etwas suchte. Sie war so nackt, wie sie aus dem Bett gekommen war, und Bäcker schien es, als seien ihre Brüste voller und ihre Hüften runder geworden.
    Das Kind, dachte er. Ihr ganzer Körper ist in Erwartung des Kindes.
    Anne hörte sie kommen und winkte ihnen mit beiden Armen zu.
    »Die Schwimmwesten sind weg!« rief sie. »Und der Werkzeugkasten! Und drei Plastikbeutel … Ich begreife das nicht!«
    »Diese Saukerle!« schrie Shirley. »Während wir schliefen, haben sie uns beklaut!« Dann erst schien ihm voll klarzuwerden, was gestohlen worden war und in was für eine schreckliche Situation sie dieser Diebstahl gebracht hatte. Er starrte Bäcker entsetzt an und umklammerte mit beiden Händen seinen Kopf.
    »Die Werkzeuge«, sagte er heiser. »Was sind wir auf dieser Insel ohne Werkzeuge? Unser Boot … ohne Werkzeuge … Werner, sie haben uns nur noch die Luft zum Atmen gelassen. Aber das ist zu wenig … das stehen wir nicht durch …«
    »Im Werkzeugkasten waren nur noch unwichtige Dinge. Ein Zollstock, ein Schraubenzieher, eine Lötlampe, aber kein Brennstoff dafür, zwei Schraubenschlüssel, ein paar Nägel und Schrauben. Was wir täglich brauchen, ist in der Hütte.«
    »Sind Sie sicher?« Shirley knirschte mit den Zähnen und sah Bäcker mißtrauisch an. »Sie wollen mich nur beruhigen, Werner. Nachher bringen Sie mir wie einem Kind bei, das zu Weihnachten nur einen Händedruck bekommt: Es fehlt uns wirklich alles! Sagen Sie's lieber gleich! Ich kann die Wahrheit ertragen. Ich brauche keine Trostlosigkeit in kleinen Häppchen! Was haben sie gestohlen?«
    »Wir werden sehen.«
    Während sie zur Hütte liefen, erklärten sie Anne, was sie gesehen hatten. Noch bevor sie eingetreten waren, stellten sie fest, daß auch der Bogen und die Pfeile, die an einem Nagel draußen an der Hüttenwand gehangen hatten, fehlten.
    »Das ist alarmierend«, sagte Shirley. »Sie betrachten uns als Feinde. Sie haben unsere Waffen mitgenommen. Wissen Sie, was das bedeutet?«
    »Ich kann's mir denken.«
    »Krieg!« Shirley lachte heiser. »Überall dasselbe. Selbst Viktoria-Eiland hat jetzt seinen Krieg! Und Sie Narr glaubten, es gäbe noch Paradiese! Sie großer Souverän … wir können aufhören mit unserem Einbaum. Jetzt müssen wir das tun, was die Hauptaufgabe der Kulturvölker ist: aufrüsten! Wir müssen Waffen herstellen: Speere, Bogen, Pfeile, Palisaden aus Bambus, Fallgruben rund um die Hütte mit angespitzten Holzpfählen auf dem Grund … dieses ganze Sauzeug eines Urkrieges kommt auf uns zu. Und wir müssen es schnell tun! In ein paar Tagen sind sie wieder da … fünf oder zehn Kriegskanus … und wenn sie auch keine Feuerwaffen haben, sondern nur das elementarste Werkzeug zum Töten, dann können wir uns nur noch zu Helden machen!«
    »Wir haben noch unsere Raketen!«
    »Wollen Sie mit nassen Säcken um sich schlagen?«
    »Eins kann das getrocknete Pulver noch: Zischen! Rot zischen!«
    Bäcker sah, wie Anne ihn aus großen Augen anstarrte. Die Angst machte sie stumm.
    »Warum denken Sie gleich an Krieg, Shirley?« fragte Bäcker, »immer Mord und Totschlag! Können die Eingeborenen nicht zurückkommen, ohne uns umzubringen? Warum haben sie uns nicht getötet, als wir schliefen? Da ist eine Lücke in Ihrer

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