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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Shirley.
    »Nein. Ein Eingeborener. Vergessen Sie den Kriminalinspektor. Ihnen wächst da kein neuer Fall zu, Shirley.«
    »Haben Sie eine Ahnung! Jeder Mensch, der eines unnatürlichen Todes stirbt, ist ein Fall für mich! Ob weiß, braun oder gescheckt, die Hautfarbe spielt dabei gar keine Rolle. Hat man den Mann erschlagen oder erstochen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe ihn nur von weitem gesehen. Er liegt in der kleinen Bucht im Sand, das Gesicht nach unten, nicht einfach hingeworfen, sondern säuberlich hingelegt – man sieht es an der Haltung –, und ich hätte gar nicht auf ihn geachtet, wenn nicht die Raubmöwen schreiend über ihn weggeflogen wären. Auf den ersten Blick sieht er sogar unverletzt aus.«
    »Das kann sich ändern, wenn wir ihn umdrehn! Kommen Sie, Werner, wir werden ihn uns näher ansehen.«
    »Sie wollen hingehen?«
    »Natürlich. Vorausgesetzt, daß er tot ist und nicht nur daliegt als Lockvogel. Dann kann es nämlich passieren, daß wir zu ihm gehen, und plötzlich brechen die Kerle von allen Seiten aus den Büschen. Dann sind wir im Eimer, Werner. Auf dem Land die Krieger, hinter uns das Wasser mit den Haien – wir können nicht mehr weg! Wir müssen sehr vorsichtig sein. Haben Sie sonst noch etwas bemerkt?«
    »Nein, Shirley.«
    »Ich bin dafür, daß ihr hierbleibt«, sagte Anne. Sie sprach ganz ruhig, und Bäcker bewunderte ihren Mut und ihre Selbstbeherrschung. Im Hintergrund ihrer weiten Augen aber lag das stumme Flehen: Bleib hier! Ich habe Angst. Fürchterliche Angst … »Wenn der Mann tot ist, könnt ihr ihm doch nicht mehr helfen.«
    »Wir werden ihn begraben«, sagte Bäcker. »Oder sollen ihn die Vögel zerreißen?«
    »Mich interessiert weniger sein Begräbnis als die Todesursache«, knurrte Shirley.
    Bäcker nickte. »Gehen wir, Shirley. Aber vorher habe ich noch eine Frage: Wie kommt es, daß wir noch leben? Sie standen hier um die Hütte, stahlen, was sie gebrauchen konnten, und fuhren friedlich wieder ab. Verstehen Sie das?«
    »Ehrlich gesagt: Nein. Jetzt nicht mehr. Mich hätten sie auf jeden Fall umbringen müssen. Ich lag direkt vor dem Eingang.«
    »Vielleicht haben sie es nicht getan, weil wir Weiße sind?«
    »Die Zeiten sind vorbei, wo die Weißen Götter waren. Dazu haben wir uns zu miserabel benommen. Aber was auch immer der Grund dafür ist, daß wir noch leben, eines steht fest: Wir leben nicht ganz so außerhalb der Welt, wie wir glaubten. Wenn sie mit ihren Booten hierherkommen, müssen im Umkreis von einigen Meilen bewohnte Inseln liegen! Lange Fahrten unternehmen Eingeborene nur, um neues Land zu suchen. Wäre das ihre Absicht gewesen, wären sie hiergeblieben, um es in Besitz zu nehmen. Aber nein – sie legen einen Toten ab und segeln zurück.«
    »Sie haben gesehen, daß diese Insel kein Wasser hat. Nur der Regen ist da. Eine solche Insel kann nur von Wahnsinnigen wie uns bewohnt werden.«
    »Da haben Sie auch wieder recht.« Shirley zuckte mit den Schultern. »Sehen wir uns den Toten an.«
    Er ging in die Hütte, holte Beil und Hammer und steckte auch die wertlose Signalpistole ein.
    »Vielleicht kennen sie so ein Ding. Dann genügt allein der Anblick.«
    Er blieb stehen und blickte Anne an. Sie stand neben Bäcker und hatte den Arm um seine Hüften gelegt.
    »Soll ich allein gehen, Werner?«
    »Nein! Warum?«
    »Sie sind werdender Vater.«
    »Und Sie sind dreifacher Vater. Reden Sie bloß keinen Unsinn, Paul!«
    »Ich gehe auch mit«, sagte Anne plötzlich.
    »Das wiederum lehne ich kategorisch ab«, sagte Shirley entschieden. »Werner, sprechen Sie ein Machtwort. Und noch eins: Wenn's brenzlig wird, hauen Sie ab! Anne braucht Sie, nicht mich!«
    »Ich glaube, Sie kennen mich noch immer nicht, Paul. Wir gehören hier zusammen, und wir bleiben zusammen. Einer braucht den anderen – keiner ist überflüssig!« Bäcker wollte sich von Anne lösen, aber sie warf sofort beide Arme um seinen Hals und hängte sich an ihn.
    »Du gehst nicht ohne mich!« rief sie, und jetzt war ihre Stimme zerrissen von Angst. »Ich hänge mich an dich! Du kannst mich nur abschütteln, wenn du mich niederschlägst. Ich lasse dich nicht allein! Ich bleibe bei dir!«
    Shirley hob die Schultern. Der rötliche Bart, der ihm gewachsen war, gab seinem Gesicht etwas faszinierend Brutales. Wenn er lachte, war es, als risse dieses wilde Gesicht mittendurch. Und er lachte jetzt.
    »Da haben Sie sich immer eingebildet, der Herr von Viktoria-Eiland zu sein! Das war ein Irrtum,

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