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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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rang mit seinen Gefühlen, und eine unbestimmbare Angst vor dem Kommenden durchzog ihre Herzen.
    Es war, als erlebten sie nicht nur ein Wunder, sondern würden selbst ein Teil von ihm. Vor zwanzig Jahren hatte das tobende Meer Anne an Land geworfen und Werner Bäcker eine Frau geschenkt. Sie hatte Paul geboren, und das tobende Meer hatte sie wieder genommen. Jetzt brachte das gleiche unbegreifliche Meer dem Sohn ebenfalls eine Frau … und die Schöpfungsgeschichte ging weiter, war nie unterbrochen worden.
    Als die Schatten der Dämmerung aus dem Meer stiegen, erhob sich Bäcker und zog Rainu an den Händen hoch.
    »Komm«, sagte er. Weiter nichts. Und Rainu nickte, sah nicht mehr zurück zu dem Gott, dem sie eigentlich gehörte, sondern folgte ihm an der Hand hinunter zum Strand, kletterte auf das Floß und half ihm sogar, es vom Ufer von Anne-Eiland abzustoßen.
    Gemeinsam paddelten sie zurück auf die alte Toteninsel.
    Paul führte Rainu in den Keller des Hauses, holte kalten gebratenen Fisch aus einer Kiste und bot ihn ihr auf der flachen Hand an.
    Sie zögerte … er wußte warum, er biß zuerst hinein und lachte.
    »Ich werde doch nicht das schönste Mädchen der Welt vergiften«, sagte er. »Rainu, wenn du willst, werden wir von jetzt an immer zusammenbleiben.«
    Sie aß den Fisch, kauerte sich dann auf eine Kiste, starrte in den sich verdunkelnden Himmel und begann plötzlich wieder zu zittern.
    Die Stunden der Geister begannen.
    »Alle Angst ist vorbei, Rainu«, sagte Bäcker und setzte sich neben sie. Er zog sie an sich, und so saßen sie, Körper an Körper, bis die Sterne am Himmel glitzerten und die Kühle der Nacht in Rainus nacktem Leib zitterte.
    Da nahm er sie auf seine Arme, trug sie zu dem Lager, das er sich aus Palmzweigen errichtet hatte, legte sie nieder, deckte sie mit der alten Decke zu, der gleichen Decke, die sein Vater damals mit der Rettungsinsel auf diese Insel gebracht hatte, setzte sich neben sie und hielt ihre Hände fest.
    »Sie werden kommen«, sagte Rainu plötzlich.
    »Wer?«
    »Die Geister der Ahnen.«
    »Nicht hierher, Rainu.«
    »Sie suchen mich.«
    »Ich werde sie verjagen. Ab heute werde ich alles verjagen, was unser Glück zerstören will. Du brauchst keine Angst mehr zu haben, Rainu …«
    Er hielt ihre Hände fest, bis sie eingeschlafen war. Dann hob er vorsichtig die Decke hoch, kroch langsam neben sie, streckte sich neben Rainu aus, umfaßte ihren warmen weichen Körper und hatte das Gefühl, vor Glück sterben zu müssen. Er hielt den Atem an, und sein Herz hämmerte, als wenn es ihm die Brust sprengen wollte. Dann legte er seine Hände vorsichtig über Rainus Brüste, drückte seinen Kopf an ihren Nacken und schlief mit diesem unsagbaren Gefühl der Seligkeit ein.
    Am nächsten Morgen weckte ihn das Brummen eines Flugzeuges. Er hob schlaftrunken den Kopf, wollte Rainu an sich ziehen und griff ins Leere.
    Mit einem Satz sprang er auf, schleuderte die Decke von sich und sah sich in dem dreigeteilten Kellerraum um. Er war allein. Rainu war verschwunden, und er hatte in seinem Glück so tief geschlafen, daß er nicht einen Laut gehört, nicht eine Bewegung gespürt hatte, als sie ihn verließ.
    Er rannte hinaus, sah das Flugzeug in großer Höhe über die Inseln ziehen und dann im Morgendunst verschwinden, kletterte den Hang hinab zum Meer und lief am Strand entlang bis zu den zerstörten Klippen.
    »Rainu!« schrie er. »Rainu! Komm zurück! Versteck dich nicht! Rainu! Ich liebe dich! Bleib bei mir!«
    Er rannte die ganze Insel ab, suchte in den ausgewaschenen Höhlungen an der Böschung, zwischen den Felsen, in den neu entstandenen Erdspalten, aber er fand sie nicht. Je länger er suchte, um so wilder klopfte sein Herz und um so größer wurde die Angst, daß etwas Schreckliches geschehen sein mußte.
    Schließlich blieb er unten am Meer stehen, legte den Kopf in den Nacken, blickte hinauf in den unendlich blauen Himmel und breitete die Arme aus, so wie die Papuas ihre Götter anflehen.
    »Mein Gott da oben!« schrie er. »Hilf mir doch! Du hast mir Rainu geschenkt … warum läßt du zu, daß man sie mir wieder nimmt? Wo ist sie, mein Gott? Hilf mir doch!«
    Aber nur das Meer antwortete, und der Wind sprach mit ihm. Es war ihm, als lachten sie über ihn und seine weggelaufene Liebe.
    Er kletterte zurück auf die höchste Erhebung von Viktoria-Eiland und starrte hinüber zu Anne-Eiland.
    Die Blütenketten zwischen den Holztafeln hatte der Wind weggerissen. Der

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