Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?
Metropolen und bundesdeutschen Provinznestern – darunter auch aus Monschau. Seit ein findiger Kopf – unbestätigte Gerüchte sprechen von einem E-Techniker – errechnet hat, dass in hochschulgebildeten Kreisen ein permanenter Frauenmangel herrscht, will jeder im ersten Glied stehen, wenn die Neuen die Bühne der Hochschule betreten. Einheitlich sitzen sie dann zusammen – den festen Blick gen Tablett-Ausgabe gerichtet, wo die Jung-Studentinnen hilflos nach dem Plastik-Besteck in Gummi-Eimern suchen. Daran sollt Ihr sie erkennen.
Einheitlich sitzen sie zusammen: 68er-Fossile, erst unlängst mit einer goldenen Siebzig für eben so viele Semester ausgezeichnet: Leicht wässriger Blick hinter nickelbebrillten Augen, langes angefilztes Haar, gelbe Zähne und von Selbstgedrehten gelbe Fingerspitzen, Pullover mit Inka-Mustern, Breitcordhose Modell ›Manchester‹, den harten Schritt von Wollsocken und Jesus-Latschen gedämpft. Abends greift dieser Typ gerne zu einem billigen Glas Wein und erzählt von den Zeiten, als die Frauen noch Latzhosen trugen. Nächtelang habe man diskutiert, die Rotweinflasche und den Shit-Kuchen kreisen lassen. Zwar hätten an diesen Abenden einige Frauen allseits bekannte Schnipp-Schnapp-Schwanz-ab-Thesen verkündet und dabei drohend mit Nagelscherchen gespielt. Doch zur vorgerückten Stunde sei es dann oft doch recht nett unter dem Onkel-Ho-Poster auf dem Matratzen-Lager zugegangen. Nun ist er schon einige Jahre solo und lebt in einer Männer-Wohngemeinschaft in Raeren. Aber in diesem Jahr soll endlich wieder etwas abgehen mit einer ganz jungen Studentin, die sich nach einer politisch gefestigten Schulter, Ikea-Möbeln und 2001-Versand-Katalogen sehnt. So etwas wie die Uschi Obermeier damals, so etwas müsste es doch auch heute noch geben.
Die Träume eines RCDSlers: Da sitzt auch der Germanist, Jahrgang 1980, tief in Erstbesteigungs-Gedanken vertieft. Damals auf seinem Dorf, da lief nie etwas mit Mädchen und später musste er sich um seine ersten Scheine und den RCDS kümmern, wo die Mädels den Charme von Pfarrhaushälterinnen ausstrahlen. Versonnen zupft er sich an seiner Krawatte und denkt an die Schwarze vom MSB-Spartakus mit dem dicken Arsch und den dicken Thesen. Ja, bei den Linken geht es bestimmt ganz locker zu.
Denkt wenigstens der RCDSler. Er sieht doch ganz gut aus und kann sich auch mit seiner Familie sehen lassen. Bloß seinen Vater müsste er mal zum Frisör schicken.
Der Finanz-Gespritzte: Hinten in der Eintopf-Mensa lässt noch einer den Blick gen Tellerausgabe schweifen. Er kam damals – Medizin fest im Blick – an das Aachener Klinikum, ohne den Hauch einer Chance auf Eltern- oder Bafög-Zuschüsse in der Tasche. Also stapfte er geraden Schrittes in eine der damaligen In-Discos, um eine Studien-Finanzspritze zu finden. Er wurde bei einer netten Versicherungsfachangestellten der AOK Rheinland fündig, mit der er dann auch sehr schnell zusammenzog: »Natürlich heirate ich dich – nach meinem Studium, wenn ich fertig bin. – Natürlich brauchst du dann nicht mehr zu dieser beschissenen AOK zu gehen. – Natürlich verdiene ich dann unser Geld. – Natürlich ziehen wir dann aufs Land, nach meinen PJ – Natürlich kriegen wir dann auch Kinder. – Natürlich stört es mich überhaupt nicht, dass du nicht studiert hast. – Kannst du mir mal schnell hundert Euro geben?« In einem Semester gibt er seine Arbeit ab, langsam wird es Zeit, dass er sich eine Neue sucht: Jung, hübsch, eine, die man auch einem künftigen Chefarzt vorzeigen kann: »Ah, interessant. Ihre Frau studiert auch Medizin.«
Und dann hat die Spannung ihren Höhepunkt erreicht. Laufende Boten, die wahre Marathon-Spurts durchführen, verkünden die Frohe Botschaft: »Sie kommen! Die frischen Studentinnen kommen!« Und dann sind sie da, geboren im Jahre Siebzehn nach Cohn-Bendit. Die Luft ist angereichert von Chanel des fünften Aufgusses, die Kleider sind Benetton-aufwärts, C & A ist auch in der Young-Fashion-Ausgabe schlichtweg verpönt. Bei ersten Gesprächen (»Was studierst du denn?«, »Na, neu hier?«) erfährt man dann, dass die Früchtchen »fest verlobt«, »im nächsten Jahr heiraten«, »unbedingt als Jungfrau in die Ehe gehen« und »bei einer befreundeten Familie meiner Eltern« wohnen. Doch damit nicht genug. Nach dem Motto »Wer Lari sagt, muss auch Fari sagen« erzählen sie, dass sie »an jedem Wochenende nach Hause in die Eifel fahren«, »das Studium so schnell wie möglich
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