Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?
Geschäftsordnung.«
»Gut«, Bolzenkötter stand auf und wunderte sich abermals über seine Kaltschnäuzigkeit, »dann müssen wir jetzt sofort das Gesetz in Bewegung bringen. Ich weiß auch, dass ich Sie zum derzeitigen Zeitpunkt zu nichts zwingen kann.«
Bolzenkötter machte eine eindeutige Bewegung zu seinen Kollegen, die diese zum Gehen aufforderte. Was er erhofft hatte, trat ein. Ophoven gab klein bei:
»Natürlich stehe ich Ihnen zu einem Gespräch zur Verfügung. Ich fand nur, dass Ihr Ton etwas zur sehr in Richtung Verhör ging.«
»Das war ein Verhör, mein Lieber«, dachte Bolzenkötter nur und wies seine Kollegen wieder an, Platz zu nehmen. Dann ergriff er wieder das Wort:
»Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, beim Beruf von Dr. Manfred Gelinsky. Er ist Mediziner, da hatten Sie Recht, aber er ist Gerichtsmediziner, und das wissen Sie genau!«
»Was soll das jetzt heißen!?!«, Ophovens Augen verengten sich wieder zu einem Schlitz. Bolzenkötter dachte an Kommissar Peter Falk als Kommissar Colombo:
»Ach, ich habe ja ganz vergessen, Ihnen zu sagen, warum wir mit all diesen Fragen überhaupt zu Ihnen kommen.« Bolzenkötter legte eine Kunstpause ein:
»Dr. Manfred Gelinsky hat sich heute in seinem Wochenendhaus in der belgischen Eifel umgebracht und Sie, Herr Dr. Ophoven, in einem Abschiedsbrief, der uns gerade von der belgischen Polizei übermittelt wurde, schwer beschuldigt.«
Das saß. Ophoven sackte in seinem Sessel zusammen und starrte den Kriminalbeamten fassungslos an:
»Was soll ich damit zu tun haben?«
»Dr. Gelinsky schreibt, dass Sie ihn zu einer Fälschung der DNA-Analyse im Falle des ermordeten Landtagsabgeordneten Ludwig Förster gezwungen hätten. Dr. Gelinsky schreibt weiter, dass sich in seinem Büro noch das Halstuch, das man bei dem Toten fand, in einem Umschlag befindet und dass bisher unbekanntes DNA-Material von diesem Tuch genommen wurde. Diese Beweise werden zurzeit gesichert und – natürlich erst nach der Aufhebung Ihrer Immunität – auch mit Ihrem Erbgut verglichen.«
Ophoven starrte den Polizeibeamten an:
»Sie wollen mir einen Mord unterstellen? Sind Sie total verrückt? Ich glaube, langsam muss ich mich dann doch einmal mit Ihrem direkten Vorgesetzen, meinem Freund, dem Innenminister, in Verbindung setzen. Warum sollte ich das kleine politische Licht des Ludwig Förster auslöschen? Um dessen spinnerte Ideen eines freien Rheinlandes zu verhindern? Um die Wiederwahl meines Ministerpräsidenten nicht zu gefährden? Ich bin zwar Parteisoldat, aber so etwas kommt mir doch auch aus politischen Gründen – selbst bei meinem ärgsten Gegner – nicht in den Sinn!«
Heinz Bolzenkötter wusste, dass nun alles auf seine genaue Wortwahl ankommen würde. Daher legte er eine Pause ein und sagte dann ganz langsam:
»Ich spreche nicht von Politik, Herr Dr. Ophoven. Ich spreche von der Tatsache, dass Ihre Frau einmal ein Verhältnis mit dem ermordeten Ludwig Förster hatte.«
Ophoven sah Bolzenkötter zunächst entgeistert, dann mehr und mehr traurig an:
»Herr Hauptkommissar, ich glaube, ich brauche jetzt einen Rechtsanwalt. Ich werde Ihre Arbeit nicht behindern. Ich muss hier noch einige Angelegenheiten im Dienste meines Landes klären und werde den Landtagspräsidenten selbst um die Aufhebung meiner Immunität bitten. Ich kann doch davon ausgehen, dass Sie und Ihre Kollegen mich jetzt nicht allein lassen werden. Auch wenn ich das wünschen würde.«
»Davon dürfen Sie ausgehen«, antwortete Bolzenkötter, »darf ich das als Geständnis werten?
»Das können Sie machen, wie Sie wollen!«, antwortete Ophoven, während Heinz Bolzenkötter seine Elite-Krawatte lockerte.
* * *
Nusselein moserte schon wieder:
»Eine Festnahme, bei der dem Festgenommenen beim Einsteigen in den Polizeiwagen nicht der Kopf runtergedrückt wird, ist für mich einfach keine Festnahme. Sieht man doch bei jeder Festnahme und ich frage mich schon seit ewigen Zeiten, ob die Festgenommenen zu blöde sind, um als Festgenommene in ein Auto zu steigen.«
»Wenn du noch einmal das Wort ›Festgenommen‹ in den Mund nehmen solltest, haue ich dir eins aufs Maul, ganz fest«, sagte Gottfried Zimmermann nur.
»Ich will doch nur Denkanstöße geben«, maulte Nusselein patzig.
Heinz Bolzenkötter hatte inzwischen die Elite-Krawatte ganz abgelegt und machte wieder einen eher unsicheren Eindruck. Ein Außenstehender hätte sogar den Eindruck gewinnen können, dass ihm die ganze Angelegenheit peinlich
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