Wer viel fragt
Ich würde Ihnen eine von meinen mitgeben, aber ich habe nur
noch zwei, und die meisten Männer mögen sowieso kein Menthol.«
Sie blickte mich von unten an, als sei nun ich an der Reihe.
»Ich wollte eigentlich
einen Lehrer hier treffen. Mr. Shubert.
Einen Biologielehrer.«
»Ah, Johnny. Der
Verheiratete. Der wird erst in der dritten Stunde frei sein. Das heißt,
wenn die Pause nach der zweiten Stunde und die ›Klassenstunde‹
vorbei sind.«
»Zu welcher Uhrzeit
wird das ungefähr sein?«
»Sie sind also gar
keine Vertretung, oder?«
»Nein, bin ich nicht.«
»Oh. Wirklich zu
schlimm!« sagte sie und versuchte rätselhaft zu klingen.
Wahrscheinlich verfiel sie nur in ihr Berufsgehabe.
»Die ›Klassenstunde‹
dauert ungefähr noch eine halbe Stunde.
Dann müßte er
eigentlich kommen. Er ist noch nicht alt genug, um irgendwo anders
hinzugehen, und er ist auch nicht einer dieser überkandidelt
intellektuellen Typen.«
»Gut«, sagte ich,
ohne die Hürden, die ich da genommen hatte, überhaupt zu kennen.
Sie nahm ihren Kaffee, der
bis dahin in der Maschine gestanden hatte und abgekühlt war, und
begab sich damit zu einer rein männlichen Gruppe am anderen Ende des
Raumes.
So daß ich schließlich
mit der Morgenausgabe des Star allein im Lehrerzimmer der Central High
School sitzen blieb.
In den vierzig Minuten, bis
John Shubert eintrat, herrschte ein ständiges Kommen und Gehen, aber
kein Mensch sprach ein Wort mit mir.
Nein. Das ist nicht
vollkommen richtig. Fünfundzwanzig Minuten nachdem ich mich gesetzt
hatte - als ob er wüßte, daß ich bei ›flüssigkeitsdurchtränkt‹
mit vier Buchstaben hängengeblieben war -, erwachte ein Lautsprecher
in der Decke zum Leben. Eine Glocke läutete, und eine tiefe,
klangvolle Stimme, verunstaltet nur vom schweren, nasalen Akzent des
Provinzlers aus Indiana, begrüßte uns Jungen und Mädchen
und wies uns an, uns zum Fahneneid zu erheben. Die Lehrer im Lehrerzimmer
zuckten nicht einmal mit der Wimper. Entweder war ihnen bewußt, daß
sie nicht gemeint waren, oder sie waren einfach abgestumpft allem gegenüber,
was um sie herum vorging. Wie dem auch sei, ich war es zufrieden. Mir war
nicht danach zumute aufzustehen.
Auf den Eid folgte eine
Aufnahme des Starspangled Banner; der Gesang wurde durch eine
ungeschlachte Baßstimme live angeführt.
Die Musik endete, aber die
Stimme ließ sich weiter vernehmen. »Diese Aufnahme unserer
Nationalhymne und vieler anderer schöner Stücke, eingespielt von
der Central High School Band, ist in jedem Klassenzimmer bei eurem
Beauftragten für Tonaufnahmen erhältlich. Unterstützt eure
Band und tragt dazu bei, daß sie sich neue Instrumente anschaffen
kann. Nur fünf Dollar das Stück. Kauft zwei, und ihr könnt
eine verschenken!« Die Tagesdurchsage schloß mit dem Läuten
einer Glocke. Die Klassenstunde war vorbei. Im Lehrerzimmer kam es zu
einer ganzen Serie von Abgängen und Auftritten.
Ich erkannte John Shubert an
dem mit Zetteln vollgestopften Biologiebuch, das er bei sich hatte. Und
daran, daß er verheiratet aussah.
»Mist«, wandte er
sich an das Lehrerzimmer im allgemeinen und niemanden im besonderen.
» Es muß doch eine bessere Möglichkeit geben, seinen
Lebensunterhalt zu verdienen.«
»Idealismus, John, mehr
Idealismus«, wies ihn ein kerngesund wirkender Mann zurecht, der
sich in eine der Schulbänke gequetscht hatte. Er mischte gerade ein
Deck Karten. Ich trat zu ihnen.
»Mr. Shubert? Ich würde
gerne mit Ihnen über eine Ihrer Schülerinnen reden.«
»Macht es Ihnen etwas
aus, wenn wir uns während des Kartenspiels unterhalten? Das ist meine
Spielstunde. Soweit man hier davon reden kann.« Er setzte sich in
eine der Bänke und steuerte sie wie einen Autoscooter dem
Kartenmischer entgegen, der jetzt gab. Ich zwängte mich in die Bank
gegenüber von Shubert auf der anderen Seite des Ganges. Er nickte
seinem Freund zu. »Das ist Clark Mace. Über wen wollen Sie
etwas wissen?«
Ȇber Eloise
Crystal.« Der Kartenkünstler gab langsam und mit großer
Konzentration, als wolle er vermeiden, Fehler zu machen.
»Ahh, Eloise Crystal.«
Shubert lehnte sich in seiner Bank zurück, während ihm all das,
was ich gerne wissen wollte, durch den Kopf ging. »Darf ich fragen,
wer Sie sind?«
»Ich heiße Albert
Samson. Ich stelle Nachforschungen für Elly Lilly an. Wir
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