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Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Z. Lewin
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Ich würde Ihnen eine von meinen mitgeben, aber ich habe nur
     noch zwei, und die meisten Männer mögen sowieso kein Menthol.«
     Sie blickte mich von unten an, als sei nun ich an der Reihe.
    »Ich wollte eigentlich
     einen Lehrer hier treffen. Mr. Shubert.
    Einen Biologielehrer.«
    »Ah, Johnny. Der
     Verheiratete. Der wird erst in der dritten Stunde frei sein. Das heißt,
     wenn die Pause nach der zweiten Stunde und die ›Klassenstunde‹
     vorbei sind.«
    »Zu welcher Uhrzeit
     wird das ungefähr sein?«
    »Sie sind also gar
     keine Vertretung, oder?«
    »Nein, bin ich nicht.«
    »Oh. Wirklich zu
     schlimm!« sagte sie und versuchte rätselhaft zu klingen.
     Wahrscheinlich verfiel sie nur in ihr Berufsgehabe.
    »Die ›Klassenstunde‹
     dauert ungefähr noch eine halbe Stunde.
    Dann müßte er
     eigentlich kommen. Er ist noch nicht alt genug, um irgendwo anders
     hinzugehen, und er ist auch nicht einer dieser überkandidelt
     intellektuellen Typen.«
    »Gut«, sagte ich,
     ohne die Hürden, die ich da genommen hatte, überhaupt zu kennen.
    Sie nahm ihren Kaffee, der
     bis dahin in der Maschine gestanden hatte und abgekühlt war, und
     begab sich damit zu einer rein männlichen Gruppe am anderen Ende des
     Raumes.
    So daß ich schließlich
     mit der Morgenausgabe des Star allein im Lehrerzimmer der Central High
     School sitzen blieb.
    In den vierzig Minuten, bis
     John Shubert eintrat, herrschte ein ständiges Kommen und Gehen, aber
     kein Mensch sprach ein Wort mit mir.
    Nein. Das ist nicht
     vollkommen richtig. Fünfundzwanzig Minuten nachdem ich mich gesetzt
     hatte - als ob er wüßte, daß ich bei ›flüssigkeitsdurchtränkt‹
     mit vier Buchstaben hängengeblieben war -, erwachte ein Lautsprecher
     in der Decke zum Leben. Eine Glocke läutete, und eine tiefe,
     klangvolle Stimme, verunstaltet nur vom schweren, nasalen Akzent des
     Provinzlers aus Indiana, begrüßte uns Jungen und Mädchen
     und wies uns an, uns zum Fahneneid zu erheben. Die Lehrer im Lehrerzimmer
     zuckten nicht einmal mit der Wimper. Entweder war ihnen bewußt, daß
     sie nicht gemeint waren, oder sie waren einfach abgestumpft allem gegenüber,
     was um sie herum vorging. Wie dem auch sei, ich war es zufrieden. Mir war
     nicht danach zumute aufzustehen.   
    Auf den Eid folgte eine
     Aufnahme des Starspangled Banner; der Gesang wurde durch eine
     ungeschlachte Baßstimme live angeführt.        
    Die Musik endete, aber die
     Stimme ließ sich weiter vernehmen. »Diese Aufnahme unserer
     Nationalhymne und vieler anderer schöner Stücke, eingespielt von
     der Central High School Band, ist in jedem Klassenzimmer bei eurem
     Beauftragten für Tonaufnahmen erhältlich. Unterstützt eure
     Band und tragt dazu bei, daß sie sich neue Instrumente anschaffen
     kann. Nur fünf Dollar das Stück. Kauft zwei, und ihr könnt
     eine verschenken!« Die Tagesdurchsage schloß mit dem Läuten
     einer Glocke. Die Klassenstunde war vorbei. Im Lehrerzimmer kam es zu
     einer ganzen Serie von Abgängen und Auftritten.
    Ich erkannte John Shubert an
     dem mit Zetteln vollgestopften Biologiebuch, das er bei sich hatte. Und
     daran, daß er verheiratet aussah.
    »Mist«, wandte er
     sich an das Lehrerzimmer im allgemeinen und niemanden im besonderen.
     » Es muß doch eine bessere Möglichkeit geben, seinen
     Lebensunterhalt zu verdienen.«
    »Idealismus, John, mehr
     Idealismus«, wies ihn ein kerngesund wirkender Mann zurecht, der
     sich in eine der Schulbänke gequetscht hatte. Er mischte gerade ein
     Deck Karten. Ich trat zu ihnen.
    »Mr. Shubert? Ich würde
     gerne mit Ihnen über eine Ihrer Schülerinnen reden.«
    »Macht es Ihnen etwas
     aus, wenn wir uns während des Kartenspiels unterhalten? Das ist meine
     Spielstunde. Soweit man hier davon reden kann.« Er setzte sich in
     eine der Bänke und steuerte sie wie einen Autoscooter dem
     Kartenmischer entgegen, der jetzt gab. Ich zwängte mich in die Bank
     gegenüber von Shubert auf der anderen Seite des Ganges. Er nickte
     seinem Freund zu. »Das ist Clark Mace. Über wen wollen Sie
     etwas wissen?«
    »Über Eloise
     Crystal.« Der Kartenkünstler gab langsam und mit großer
     Konzentration, als wolle er vermeiden, Fehler zu machen.
    »Ahh, Eloise Crystal.«
     Shubert lehnte sich in seiner Bank zurück, während ihm all das,
     was ich gerne wissen wollte, durch den Kopf ging. »Darf ich fragen,
     wer Sie sind?«
    »Ich heiße Albert
     Samson. Ich stelle Nachforschungen für Elly Lilly an. Wir

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