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Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Z. Lewin
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von sich weg.
    »Bist du ansteckend?«
     fragte sie.
    Wenn es auch schwer zu
     glauben ist, wir sind alle gute Freunde.
    »Ich werde es ihm geben«,
     sagte sie. Ich stand einfach da und grinste wie der Trottel, als der ich
     mir vorkam. »Also ab mit dir!« sagte sie. »Husch husch!
     Er ruft dich an.«   
    Ich zeigte es ihr. Ich ging.
    Ich stieg ins Auto, kurbelte
     das Fenster herunter und fuhr los.
    Langsam.
    Ich mußte eine
     Entscheidung treffen. Nachdem ich mein Päckchen losgeworden war, an
     der frischen Luft und unterwegs, konnte ich auch wieder klar denken. Aber
     mir fehlte noch irgendeine Beschäftigung für den Abend, die sich
     mühelos beenden ließ, bis ich gegen halb zwölf die Briefe
     abholen würde.        
    Sollte ich Eloise anrufen und
     ihr sagen, sie solle die Geschichte mit halb zwölf vergessen? Und die
     Briefe nachmittags mitbringen?
    Ich beschloß, das nicht
     zu tun. Denn ich wollte sie schon vor morgen nachmittag durchsehen, und es
     leuchtete mit jetzt, da ich etwas frischer und nachsichtiger war, auch
     ein, daß es für sie schwieriger sein konnte, die Briefe zu
     einer anderen Zeit hinauszuschaffen als in den ruhigeren Nachtstunden.
    Gut. Dann also die Pacers
     oder meine Flamme. Ich rief meine Flamme an.
    Lieb, wie sie nun mal ist,
     sagte sie mir, ich solle mir gar nicht erst die Mühe machen, wenn ich
     vor halb zwölf wieder weg wollte. Und sie hat recht. Wir haben eine
     klare Geschäftsgrundlage; damit war mein Vorschlag unvereinbar.
    Ent- oder weder.
    Also auf zu den Pacers.
    Am Fairgrounds Coliseum
     entnahm ich dem Rest einer Eintrittskarte, die ich dort auflas, daß
     die Pacers ihr zweites Saisonspiel Freitag abend gehabt hatten. Heute war
     Samstag: spielfrei. Die verschlossenen Tore und die ausgeschaltete
     Beleuchtung trugen zur Erhärtung meiner Schlußfolgerung bei.
    Es brach mir das Herz.
    Dann ging ich ins Fox-Kino
     und sah mir schmutzige Filme an.
    Was sonst soll ein Mann an
     einem einsamen Samstagabend tun?

13
    Wenn einem der Kopf ganz
     schwer ist vor angestrengter Konzentration auf die fremde Welt des Sexus,
     was käme da gelegener als ein spätabendliches Stelldichein mit
     einer schönen Maid wie Mademoiselle Eloise?
    Ich wartete wie befohlen an
     der Ecke Jefferson und Siebzigste Straße; um zwölf fragte ich
     mich zum ersten Mal, wann ich wohl ungehalten werden sollte. Aber kaum daß
     ich mich mit dieser Frage beschäftigte, wurde mir eine Erscheinung
     zuteil, die um die Ecke der Hintergasse bog und auf mich zukam. In
     Indianapolis scheinen sogar Phantasiehäuser Hintergassen zu besitzen.
     Eloise Crystal kam barfuß, im Nachthemd und mit den versprochenen
     Kartons auf mich zugehüpft. Wer will da noch behaupten, daß uns
     der Film eine Traumwelt zeigt?
    Jetzt stellten sich wirklich
     schwere Kopfschmerzen ein. Ich öffnete die Beifahrertür, und sie
     rutschte neben mich. Nicht einfach auf den Sitz, sondern neben mich.
     »Ich habe lange gebraucht«, sagte sie atemlos, »um die
     richtigen zu finden und mich aus dem Haus zu schleichen. Ich bin den
     ganzen Weg gerannt. Aber ich habe es geschafft, was?« Sie sah zu mir
     auf; auf ihrem Gesicht wirre Reflexe der Straßenbeleuchtung. Ich
     fragte mich, ob sie high war. Ich fragte mich, ob ich selbst high war.
    Was soll man sagen? »Hauptsache,
     Sie haben sie«, sagte ich.
    »Tut mir leid, daß
     ich so blöd zu Ihnen war, in Ihrem Büro heute. Ich will
     eigentlich gar nicht so sein.« Sie nahm meine Hand und küßte
     sie, und fast im gleichen Augenblick schlüpfte sie aus dem Auto,
     setzte über den beleuchteten Teil des Gehsteigs und verschwand in der
     Dunkelheit der Hintergasse.
    Eine romantische Erscheinung
     für einen einfachen Mann.
    Vielleicht sollte
     Mademoiselle Eloise treffender die Naive Eloise genannt werden.
    Was tut man mit Klienten, die
     einem die verdammte Hand küssen?

14
    Als ich nach Hause kam, war
     ich nicht in der Verfassung zu schlafen. Ich machte mich über die
     Briefe her. Nur ein paar vor dem Zubettgehen. Sie hatte sieben Kartons
     gebracht. Eine gewaltige Menge Papier. Bis in die frühen
     Morgenstunden hinein sortierte ich die Briefe nach Datum; um die
     vierzehnhundert Stück, alle in ihren Originalumschlägen.
    Der älteste stammte vom
     Februar eines nicht näher bestimmbaren Jahres Ende des neunzehnten
     Jahrhunderts, der letzte von 1954, geschrieben anläßlich des
     Todes von Estes Graham.
    Es waren keine Geschäftsbriefe
     dabei, aber viele

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