Wer will schon einen Traummann: Roman (German Edition)
einmal Spanisch reden?« Lucy knallte den Bohrer auf den Tisch. »Ich such mir jetzt so einen Laden, in dem man Sachen verkloppen kann und Geld dafür kriegt.«
»Ein Pfandhaus?«, fragte Nealy.
»Ja, genau! Ich will in ein Pfandhaus. Vielleicht krieg ich ja einen gebrauchten Fernseher für dies Dings.«
»Du gehst nicht in ein Pfandhaus!« Mats Kiefer begann zu jucken.
»Zu viel Fernsehen verblödet nur«, bemerkte Nealy.
»Er is doch nich für mich. Er is für Button. Hast du denn gar keine Ahnung?«
»Anscheinend nicht. Wieso braucht Button einen Fernseher?«
Lucy schoss ihr wieder einen ihrer patentierten Wie-blödbist-du-eigentlich-Blicke zu. »Damit sie Teletubbies gucken kann wie alle Kids in ihrem Alter. Aber dir ist’s ja wahrscheinlich egal, wenn sie im Kindergarten durchfällt oder so.«
»Schnall dich an«, donnerte Mat. »Und ich will kein Wort mehr über Pfandhäuser oder Tele-Dingsbums oder irgend sonst was hören. Hat das jeder verstanden?«
Allgemeines Schweigen folgte.
Mat wählte die Route 50, einen zweispurigen Highway, aber keine Interstate, um die Grenze von West Virginia nach Ohio zu passieren, und da begriff Nealy, dass er sich noch immer Sorgen machte, die Mädchen könnten von der Polizei gesucht werden. Gegen Mittag bewölkte es sich, und es begann zu regnen, sodass Nealy leider auf ihr Picknick verzichten musste. Stattdessen aßen sie Hamburger und durchquerten die malerischen, aber nassen Hügel von Südost-Ohio, der Heimat von acht Präsidenten – obwohl Warren Harding ein so schlechter gewesen war, dass sich Nealy fragte, wieso ein Staat ihn überhaupt für sich reklamieren sollte.
Button blieb relativ ruhig und gab sich mit dem Anblick ihres heiß geliebten Mat zufrieden; aber Lucy forderte bei jedem Einkaufszentrum, Supermarkt oder Rastplatz anzuhalten. Mat ignorierte sie völlig, was sie nur noch unleidlicher machte. Nealy fürchtete allmählich, dass Lucy nicht nach Iowa wollte, und das bereitete ihr Sorgen.
Schließlich zwang sie Mat, an einem Highway-K-Mart-Laden anzuhalten, und tauchte mit einer Hand voll Reisespiele sowie einigen Büchern und Zeitschriften, die Lucy ablenken sollten, wieder auf.
»Der kleine Hobbit?« Lucy warf das Buch, das Nealy ihr mitgebracht hatte, verächtlich beiseite. »Das is doch ein Kinderbuch!«
»Tut mir Leid, Schätzchen«, entgegnete Nealy mit geheucheltem Verständnis, »aber Ulysses war gerade nicht auf Lager.«
Da Lucy keine Ahnung hatte, wovon Nealy redete, konnte sie ihr nur einen finsteren Blick zuwerfen. Ein paar Minuten später lümmelte sie sich mitsamt dem »ätzenden« Hobbit hinten aufs Doppelbett, und Nealy hörte den restlichen Nachmittag keinen Mucks mehr von ihr. Jetzt, wo Button friedlich in ihrem Autositz schlief und der Teenager endlich beschäftigt war, konnte sich Nealy entspannt zurücklehnen und die Landschaft genießen.
»Tut mir ehrlich Leid, dass du auf dein Picknick verzichten musstest«, sagte Mat.
»Tut’s dir nicht.« Sie lächelte. »Und es sieht aus, als ob es wieder aufklart, also werden wir es vielleicht am Abend nachholen.«
»Kann’s kaum erwarten.«
»Du bist immer so zynisch. Woher kommt das?«
»Liegt wohl an meinem Job.«
»Ich wusste gar nicht, dass man als Stahlarbeiter zynisch wird.«
Er zuckte kurz mit den Augenlidern. »Das kommt und geht.« Aber dann meinte er träumerisch: »Letzte Nacht war schön.«
Auf einmal fühlte sie sich verlegen wie ein Teenager. »Für mich nicht. Du hast dich unmöglich benommen, wegen des Kissens. Nicht nur, dass du …«
»… ein toller Küsser bist?«
Sie unterdrückte ein Lächeln. »Vielleicht bist du ja in Ordnung …«
Er seufzte. »Wir haben einigermaßen unterschiedliche Stile.«
»Das stimmt.«
»Ich mag tiefe, aggressive, männliche Küsse … die Art Küsse, die einem die Zehennägel hochrollen. Du andererseits magst lächerliche Kleinmädchenküsse, Küsse, bei denen sich einem nicht mal ein Haar aufstellt.«
»Kleinmädchenküsse?«
»Ja, die Art von Küssen, die kleine Mädchen zigarrenrauchenden Onkels geben.«
»Glaub mir, ich würde einen Onkel nie so küssen, wie ich dich letzte Nacht geküsst habe!«
»Zimperliche Küsse.«
»Zimperlich!« Das empörte sie nun doch. »Ich bin überhaupt nicht zimperlich.«
»Du hast weiße Unterwäsche gekauft.«
»Ja, weil ich dich ärgern wollte. Wenn du nicht da gewesen wärst, hätte ich was ganz anderes ausgesucht.«
»Was denn?«
»Geht dich nichts an!«
»Tut es schon!
Weitere Kostenlose Bücher