Wer will schon einen Traummann: Roman (German Edition)
Blümchenbluse, knallblauen Shorts, karierten Turnschuhen und einer Lesebrille an einer bunten Schnur um den Hals auf ihn zu. Gleich hinter ihr trottete ein dürres Männlein drein in ordentlich gebügelten, marineblauen Shorts, einem karierten Sporthemd, schwarzen Socken und braunen Ledersandalen.
»Hallöchen!«, trillerte die dicke Dame. »Wir sind die Waynes aus Fort Wayne. Ich bin Bertis und das ist mein Mann Charlie. Wir hatten gehofft, dass eine nette junge Familie neben uns campt.«
Mat sah all seine Hoffnungen auf Einsamkeit und eine stille Verführung den Bach runtergehen.
»Ihr Kleines da drin scheint ja recht aufgeregt zu sein«, bemerkte Charlie. »Unsere Enkeltochter hat auch oft so geschrien, aber Bertis konnte sie immer beruhigen, stimmt’s nicht, Bertis? Bringen Sie das Baby ruhig heraus, Grandma kümmert sich schon darum.«
In diesem Moment tauchte Nell mit Button auf dem Arm aus dem Trailer auf. Button wand sich und schrie aus Leibeskräften. Ihre Bäckchen waren ganz nass, das rosige Mündchen zornig aufgerissen.
»Ich dachte, dass vielleicht ein bisschen frische Luft …« Nell brach ab, als sie die Waynes erblickte.
»Hallöchen, Honey!« Bertis stellte sich und ihren Mann erneut vor, setzte sich dann ihre Brille auf und streckte die Arme nach dem Baby aus. »Geben Sie sie mir. Ich beruhige sie schon.«
Keinesfalls würde Mat zulassen, dass Fremde den Dämon anfassten, und er schnappte sie Nell weg, bevor die Konkurrenz Button berühren konnte. »Sei still, du Hexe!«
Eine 747 hätte auf ihrer Unterlippe landen können, aber sie hörte auf zu brüllen.
»Schon besser!«
Ihre Unterlippe zog sich zurück. Sie hickste und blickte ihn dann mit einer beleidigten Schnute an, so als ob sie sagen wollte, dass nur ein Diamantarmband oder zumindest ein Pelzmantel die angetane Schmach wieder gutzumachen vermöchte.
»Na, sieh sich das einer an! Sie können’s aber gut mit der Kleinen, nicht wahr? Das ist einfach nicht fair.« Bertis schenkte Nell einen verschwörerischen Blick. »Wir machen die ganzen Geburtswehen durch, nur um zusehen zu müssen, wie sie dann mit ihren Daddys schmusen.«
»Ich habe sie nicht geboren«, sagte Nell. »Ich bin …«
»Mommy? Daddy? Vielen Dank für das wundervolle Buch, das ihr mir geschenkt habt. Ich hab viel daraus gelernt.«
Er blickte auf und sah Lucy aus dem Wohnwagen treten, und ihr bescheidener Gesichtsausdruck wollte so gar nicht zu ihrem Schlampen-Make-up passen. »Hi, ich bin Lucy Jorik!«
Mat zuckte zusammen. Er konnte noch immer nicht fassen, dass Sandy ihren Kindern seinen Nachnamen gegeben hatte.
»Das ist mein Dad Mat und meine Mom Nell und unser Baby Button. Is sie nich süß? Sie wollten sich schon scheiden lassen, weil mein Vater eine Affäre mit meiner besten Freundin hatte, aber dann haben sie sich doch wieder vertragen, und Button ist sozusagen ihr Versöhnungsgeschenk.«
Mat blickte Nell an. »Ich glaub, ich muss gleich kotzen.«
Nell lachte und wandte sich dann an Bertis. »Lucy ist frühreif. Achten Sie nicht auf sie. Mat und ich sind nicht verheiratet. Ich bin bloß sein Kindermädchen.«
Bertis Blick verriet, dass sie kein Wort glaubte, gleichzeitig jedoch schon so viel erlebt hatte, dass sie sich kein Urteil mehr erlaubte. Sie beäugte Lucys zahlreiche Ohrringe. »Hoffentlich lässt du dir nicht auch noch die Zunge piercen, junge Dame. Unsere älteste Enkeltochter Megan hat sich mal die Zunge piercen lassen und dann das Metallteil verschluckt. Sie musste eine Woche lang ihr Geschäft in einen Eimer machen und das Ergebnis mit Gummihandschuhen durchsuchen, bis sie das vermisste Objekt wiederfand.«
Mat war froh zu sehen, dass Lucy entsetzt aussah, und seine Achtung vor Bertis stieg gewaltig.
»Kommt doch zum Abendessen rüber zu uns, sobald ihr euch ein wenig eingerichtet habt. Ich habe einen Honigschinken mitgebracht und meine Ore-Ida-Kartoffel-Kasserole. Und wartet nur, bis ihr meinen Dosenfrüchtekuchen probiert habt! In der Kirche bitten sie mich immer, ihn zum Potluck mitzubringen. Komm, Lucy, du kannst Charlie helfen, die Picknicktische zusammenzustellen. Und für dich, kleiner Schatz, finden wir auch ein geeignetes Happihappi!«
Mat blickte Nell an und hoffte, dass ihr eine gute Ausrede einfiele, doch sie schien ganz begeistert zu sein von den Waynes.
»Vielen Dank für die Einladung«, sagte er, »aber …«
»Liebend gerne!«, fiel Nell ihm ins Wort. »Lassen Sie uns bloß ein paar Minuten zum Auspacken.«
Und
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