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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Mark nahm ihr so viel Arbeit ab, wie er konnte, ließ nicht zu, dass sie schwere Sachen hob. Wäre Ricky seine Freundin, dann müsste sie nicht mehr arbeiten. Er würde alles tun, nur damit sie glücklich war und lachte, so wie neulich, als sie mit ihm Autofahren geübt hatte.
    Marks Herz wurde schwer. Es war so schrecklich kompliziert. Wenn er doch wenigstens schon achtzehn wäre und endlich zu Hause ausziehen könnte! Nika würde nicht für immer bei Ricky und Jannis im Keller hocken, und wenn sie weg wäre, könnte er dort einziehen. Mark lächelte. Der Gedanke gefiel ihm. Wieso war er nicht viel eher auf diese Idee gekommen? Mit Ricky unter einem Dach zu wohnen wäre das Größte.
    Der Hund stupste ihn auffordernd mit seiner feuchten Schnauze an, weil er aufgehört hatte, ihn zu streicheln.
    Â»Oh, entschuldige bitte«, sagte Mark zu ihm. »Komm, wir gehen rüber ins Büro. Da haben wir ein kuscheliges Körbchen für dich, und ich finde sicher noch was Leckeres zu fressen. Hm, was hältst du davon?«
    Er kam auf die Beine, und der Hund folgte ihm wie ein kleiner Schatten über den Hof zu dem flachen Gebäude, in dem sich die Verwaltungsräume und die Futterküche des Tierheims befanden. Es war halb neun. Genug Zeit, die Webseite des Tierschutzvereins zu aktualisieren und wie versprochen nach Rickys Pferden zu sehen. Vielleicht war sie ja bis dahin schon von der Versammlung zurück.
    *
    Bürgermeister Herzinger beendete die Farce nach exakt zweiundvierzig Sekunden.
    Â»Danke!«, sagte er, und alles setzte sich wieder. Ehe er jedoch weitersprechen konnte, zog Jannis Theodorakis sein Mikrophon aus der Halterung und stand auf.
    Â»Bevor Sie sich jetzt hier allerhand schöne Worte anhören müssen, will ich Ihnen ein paar Details über den geplanten Windpark erzählen, die Ihnen der Herr Bürgermeister und die anderen Herrschaften ganz sicher verschweigen werden«, sagte er.
    Der Bürgermeister war durch die unerwartete Attacke kurz aus dem Konzept gebracht, gab sich aber so schnell nicht geschlagen. Auf seinen Wink hin drehte der Tontechniker Theodorakis’ Mikrophon kurzerhand den Saft ab. Sofort brach ein empörtes Pfeifkonzert los. Bodenstein beobachtete mit Sorge, wie lange der Bürgermeister brauchte, um die aufgebrachte Menge zu besänftigen. Er wandte sich zu Pia um, die mit verschränkten Armen neben ihm an der Wand lehnte und an ihrer Unterlippe nagte.
    Â»Ich hab kein gutes Gefühl bei der ganzen Sache«, sagte er.
    Â»Die Stimmung ist ganz schön aufgeheizt«, bestätigte sie. »Vielleicht sollten wir Verstärkung rufen.«
    Der Bürgermeister lächelte angestrengt. Wahrscheinlich bereute er bereits, sich auf einen öffentlichen Schlagabtausch mit den Gegnern des Windparks eingelassen zu haben. »Sie werden auch genug Zeit zum Reden bekommen, aber wir wollen uns doch bitte an die Regeln der Höflichkeit halten.«
    Theodorakis zuckte die Achseln und deutete eine Verbeugung an, die vom Publikum mit Gelächter aufgenommen wurde. Eine Viertelstunde lang priesen der Bürgermeister und Theissen abwechselnd das geplante Windparkprojekt und überhörten dabei konsequent jede Zwischenfrage, was das Publikum allmählich vor Wut zum Kochen brachte. Theodorakis schüttelte die ganze Zeit den Kopf und lachte sogar hin und wieder spöttisch. Im Saal wurde es unruhig. Vereinzelt standen Leute auf und riefen ihre Fragen, immer wieder ertönten Pfiffe und Buhrufe.
    Â»Halt’s Maul!«, brüllte sogar jemand, und der Bürgermeister überließ schließlich widerwillig Theodorakis das Wort.
    Â»Wir von der Bürgerinitiative ›Keine Windräder im Taunus‹ sehen die ganze Sache etwas differenzierter«, begann er. »Nachdem die Herren Ihnen jede Menge Sand in die Augen gestreut haben, möchte ich Ihnen ein paar nüchterne Zahlen und Fakten präsentieren, die all das widerlegen werden. Im Jahr 2006 kamen nach Ansicht des Planungsverbandes im Ballungsraum Rhein-Main 66 Standorte für Windenergie in Frage. Seitdem sind die Flächen aufgrund eines festgelegten Kriterienkatalogs genau überprüft worden; übrig blieben bis Januar 2009 genau fünf sogenannte Windvorranggebiete. Der Vordertaunus zählt durch die höchst wechselhaften Windverhältnisse nicht dazu.«
    Â»Aber warum wurde denn dann eine Baugenehmigung erteilt?«, rief jemand

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