Wer zuerst kommt, küsst zuerst
Badezimmer ihrer Wohnung – dem einzigen Ort, an dem sie sicher sein konnte, von niemandem gefunden zu werden. Sie starrte auf die drei Plastikstäbe, die alle auf unterschiedliche Art dasselbe Ergebnis verkündeten.
Sie war schwanger.
17. KAPITEL
J eannie war eine hübsche Frau Mitte dreißig, mit makelloser Haut und langen blonden Haaren. Wären sie im selben Alter gewesen, hätte Lexi sie als das Idealbild betrachtet und sich selbst als abschre ckendes Beispiel. Die fünf Jahre Altersunterschied stahlen Jeannie kein bisschen von ihrer Attraktivität. Aber Lexi hatte es sich zur Regel gemacht, ihre Angestellten niemals wissen zu lassen, dass ihre perfekten Körper sie beinahe einschüchterten.
„Ich bin wirklich beunruhigt“, sagte Jeannie leise. Ihre Stimme war belegt von unterdrückten Tränen. „Ich verstehe nicht, wie das passieren konnte. Ich bin vorsichtig, Lexi. Das weißt du. Ich bin vorsichtig und widme jedem Kunden meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Ich ruhe mich nie auf meiner Er fahrung aus und möchte, dass alles perfekt ist.“
Lexi lächelte ihr zu. „Du brauchst mich nicht zu überzeu gen. Die Kunden loben dich in den höchsten Tönen. Du bist Wochen im Voraus ausgebucht. Ich glaube nicht, dass es bei dieser Klage wirklich um die Gesichtsbehandlung geht.“
„Was meinst du damit?“
Sie hatte beschlossen, nicht herumzuerzählen, dass Garth ihr Halbbruder war. Das war eine private Information, die nie manden etwas anging. Aber sie wollte auch nicht, dass Jeannie sich weiter Sorgen machte.
„Meiner Meinung nach richtet sich diese Klage gegen mich persönlich.“ Lexi wollte so nah wie möglich an der Wahrheit bleiben. „Jemand will mir schaden und benutzt dazu mein Ge schäft. Es geht nicht um deine Arbeit.“
„Dann wirst du mich nicht feuern?“
„Natürlich nicht.“
Jeannies große blaue Augen füllten sich mit Tränen. „Gott sei Dank. Ich habe nicht besonders viel geschlafen, weil ichmir so viele Gedanken gemacht habe. Ich arbeite hier für mein Leben gern, Lexi. Ich liebe die Kunden und das Ambiente. Und du bist so umgänglich. Ich hätte nicht gehen wollen, schon gar nicht, wenn die Leute so über mich reden.“
„Niemand redet über dich. Zumindest niemand, der dich kennt. Diese Klage ist ein Störangriff. Gegen so was sind wir versichert, aber ich habe ohnehin das Gefühl, dass die Sache bald zu Ende ist.“ Lexi rechnete damit, dass Ann sich noch mal Gedanken über ihr illegales Verhalten machte. In seinen Chef verliebt zu sein war eine Sache, aber für ihn ins Gefängnis zu wandern eine völlig andere.
„Du glaubst, sie lässt die Anklage fallen?“
„Das hoffe ich. In der Zwischenzeit möchte ich, dass du deinen Job weitermachst wie immer. Wir werden schon eine Lösung finden.“
Die beiden Frauen standen auf. Jeannie umarmte Lexi.
„Danke“, sagte sie. „Danke für alles.“
„Gern geschehen. Ich will dich nicht verlieren. Falls du die Auswirkungen des Ganzen zu spüren bekommst, rede bitte mit mir.“
Jeannie nickte. „Versprochen.“
„Gut.“
Mit einem etwas leichteren Herzen verließ Jeannie das Büro. Lexi checkte ihre Nachrichten und ging dann den Flur hinunter in den Empfangsbereich des Venus Envy .
Verschiedene Kunden bezahlten gerade ihr Verwöhnprogramm oder ihre Kosmetikartikel. Von hier aus ging sie in den Ruheraum, wo zwei Frauen in Bademänteln nach ihrer Massage Tee tranken und sich unterhielten.
Im hinteren Teil des Spa war jeder Kosmetiksessel besetzt, und im Nagelpflegebereich surrte ein heiteres Stimmengewirr.
Jed würde das hier niemals ernst nehmen, dachte sie und rief sich die Lobby von Titan World Enterprises ins Gedächtnis.Ihr Spa war kein monumentaler Erfolg, der Generationen in Atem hielt. Das Venus Envy war weder global noch mehrere Billionen Dollar wert. Es war ein kleines Geschäft, das ein monatliches Wachstum verzeichnen konnte und Lexi glücklich machte.
Sie ging in ihr Büro zurück und stellte sich ans Fenster. Auf dem Parkplatz unter ihr war fast jede Parklücke besetzt.
Sie hatte angefangen, für ihren Vater zu arbeiten, um etwas zu beweisen, und aufgehört, weil sie dort nicht erfolgreich sein konnte. Der Ausbau des Spa, ihr Hunger nach Erfolg – das alles hing mit ihrem Herzenswunsch zusammen, Jed zu beeindrucken. Dafür hätte sie um ein Haar alles verloren, wenn Cruz nicht gewesen wäre. Was also wollte sie jetzt?
Sie fasste sich an den Bauch. Ein Leben wuchs darin. Sie konnte die Worte zwar denken,
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