Wer zuletzt lacht, küsst am besten: Roman (German Edition)
Patty Schulz und George »Bug« Larson kennen. Beide kamen ihm zwar hinreichend kompetent vor, hatten jedoch nicht gerade Feuer im Hintern. Außer vielleicht von Jalapeño Cheese Dogs. Falls er das Gas and Go wirklich übernahm, müssten Patty und Bug mehr für ihre zehn Dollar die Stunde leisten, als auf ihren Hockern zu sitzen und Zigaretten und Bier zu bongen. Er wollte auch noch andere Veränderungen vornehmen. Zuallererst würde er den Laden mit dem Vorschlaghammer bearbeiten. Als Mitglied der SEAL-Teams hatte er zwar unauffällig operieren müssen, aber mal so richtig draufzuhauen war ganz nach seinem Geschmack.
Während seiner zweiten Woche in Lovett übernahm er die Nachtschichten seiner Tante und damit auch die Verantwortung, nach Ladenschluss dichtzumachen. Und im Laufe der nächsten Abende stellte er fest, dass die Leute in Lovett tratschten, als wäre es ein natürlicher Reflex.
An einem Abend vertraute ihm Deeann Gunderson bei einem Snickers und einer Tasse koffeinfreiem Kaffee an, dass Jerome Leon hinter dem Rücken seiner Frau mit Tamara Perdue »rummachte«. Deeann war die Besitzerin der Boutique »Deeanns Klamotten«, eine hübsche Frau in den Dreißigern, geschieden und Mutter von zwei Kindern. Sie gab ihm zu verstehen, dass sie an mehr interessiert wäre als an einem Schokoriegel und ein bisschen Tratsch und dass sie jedes zweite Wochenende frei hätte. Solange sie keinen Vater für ihre Sprösslinge suchte, käme er vielleicht sogar darauf zurück. Gegen Kinder hatte er nichts. Nur gegen Mamas, die sich einen neuen Göttergatten krallen wollten.
Er erfuhr, dass Velma Pattersons kleiner Hund überfahren worden war und dass Daisy und Jack Parrish ein kleines Mädchen erwarteten. Und dass Sadie Hollowell bei ihrem kranken Vater in Laredo war. Über die Hollowells im Allgemeinen und über Sadie im Besonderen schien jeder eine Meinung zu haben. Manche, wie Tante Luraleen, hielten sie für eine undankbare Tochter. Andere fanden, dass ihr Vater ihr gegenüber gleichgültig wäre und sich schon immer lieber mit seinen Rindern und Pferden beschäftigt hätte als mit seinem eigenen Kind. Aber welche Meinung sie auch vertraten, das Maul zerrissen sie sich alle gern.
Als scherte sich Vince einen Dreck darum.
Neben den Durchschnittskunden, die nur vorbeikamen, wenn ihr Tank mal wieder leer war, hatte das Gas and Go auch Stammkunden. Leute, die fast täglich zur selben Zeit auf eine Cola, ein Bier oder eben zum Tanken vorbeischauten.
Als eine der Stammkundinnen, die allabendlich auf eine Cola reinschauten, entpuppte sich Becca Ramsey. Was ihn ziemlich nervte.
»Vince!«, hatte sie gekreischt, als sie ihn zum ersten Mal im Gas and Go entdeckte. Als wären sie schon ewig befreundet. »Bleibst du etwa in Lovett?«
Er fragte sich, ob er mit einer Lüge durchkäme. »Noch eine Weile.« Danach kam sie mit schöner Regelmäßigkeit auf dem Heimweg vom Milan Institute in Amarillo vorbei, um sich eine Packung Kaugummi, einen Schokoriegel und einen Energy Drink zu genehmigen. Anscheinend besuchte die junge Becca die Kosmetikschule und dachte aus irgendeinem Grund, dass es Vince einen Scheißdreck interessierte.
»Wenn ich nur noch einer einzigen alten Dame eine Dauerwelle machen muss«, stöhnte sie und zog die Worte in die Länge, »dann flipp ich aus, ich schwör’s.«
»Hm-hm.« Er bongte ihren Energy Drink.
»Ich hab Slade im Truck dieser Schlampe Lexa Jane rumfahren sehen. Er ist so pleite, dass er sich nicht mal einen eigenen Wagen leisten kann.«
Er verspürte einen stechenden Schmerz im linken Auge. Als würde ihm ein Nagel in die Pupille gebohrt. Am nächsten Tag schaute sie vorbei, um ihm zu erzählen, dass sie ihren ersten Stufenbob geschnitten hätte. Das war anscheinend eine Frauenfrisur, und zum ersten Mal in sechs Jahren konnte er seiner Schwerhörigkeit etwas Positives abgewinnen. Wenn er ihr das schlechte Ohr zuwandte, konnte er vielleicht ihre Stimme ausblenden. Oder ihr gingen vielleicht die Worte aus, und sie würde verdammt noch mal die Schnauze halten.
»Und als ich fertig war, sah sie auch nicht so aus, als hätte sie Segelohren.« Sie lachte. »Man sollte nicht glauben, wie viele Mädchen keinen Stufenbob schneiden können.«
Kein Glück. Vince war beim weltbesten Militär darin ausgebildet worden, wie man floh und dem Feind auswich. Er konnte sich aus aussichtslos scheinenden Lagen befreien, sah jedoch keine Möglichkeit, Becca auszuweichen und zu entfliehen, ohne sie in den
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