Wer zuletzt lacht, küsst am besten: Roman (German Edition)
verbracht … nun, an gar nichts zu denken. Nur Lust zu empfinden. Etwas anderes zu tun, als vor der Glotze zu hängen und sich um ihren Daddy, ihre Karriere und ihre Zukunft zu sorgen. Wenn das kein Grund zum Summen war!
Sie schnitt gut zwei Zentimeter von den Stängeln ab und arrangierte die Blumen in einer Vase. »Kann ich was für dich tun, Daddy?«
»Überhaupt nichts.«
»Ich könnte auf der Ranch ein paar Aufgaben übernehmen.« Wenigstens vorübergehend. Bis er wieder nach Hause durfte. »Du könntest mir deine Buchhaltungssoftware zeigen, dann kann ich die Gehaltsabrechnungen für dich erledigen.« Das konnte ja nicht so schwer sein, wenn man ihr zeigte, wie es funktionierte.
»Das macht alles Wanda. Wenn du Wandas Aufgaben übernimmst, kann sie ihre Kinder nicht mehr ernähren.«
Oh. Sie kannte keine Wanda. »Die neuen Kälber müssen schon bald geimpft und markiert werden. Vielleicht könnte ich dabei helfen.« Eine ihrer ungeliebtesten Tätigkeiten, aber dann hätte sie wenigstens etwas anderes zu tun, als ständig bei ihrem übellaunigen Daddy in der Reha-Klinik rumzuhocken.
»Da wärst du nur im Weg.«
Das stimmte zwar, aber er hätte trotzdem lügen und ihre Gefühle schonen können. Ach nein, hätte er nicht, er war ja Clive Hollowell. »Ich dachte, die Blumen könnten dich aufheitern«, murmelte sie betreten und gab es auf. Rudbeckien waren die Lieblingsblumen ihrer Mutter gewesen.
»Entlassen zu werden wird mich aufheitern.« Er hustete und hielt sich die Seite. »Gottverdammt!«
Sie warf ihm einen Blick zu, wusste aber, dass sie ihm da nicht helfen konnte. Die Rippen ihres Vaters heilten zwar, allerdings nur langsam. Er hatte immer noch Schmerzen, weigerte sich jedoch, Schmerzmittel zu nehmen.
»Nimm doch eine Tablette«, schlug sie vor, während sie Wasser in die Vase laufen ließ.
Sein Schmerzanfall dauerte an. »Ich will verdammt noch mal kein Abhängiger werden«, krächzte er zwischen vereinzelten Hustern.
Er war achtundsiebzig, und dass er abhängig würde, war wenig wahrscheinlich, und wenn doch, na und? Dann würde er den Rest seiner Tage schmerzfrei und glücklich verleben. Was mal eine schöne Abwechslung wäre. »Daddy, du solltest nicht ständig unter Schmerzen leiden«, mahnte sie ihn und drehte den Wasserhahn wieder zu. Sie durchquerte den Raum und stellte die Vase auf seinen Nachttisch. »Mamas Lieblingsblumen. Ich dachte, sie würden dein Zimmer ein bisschen freundlicher machen.«
»Deine Mama hat weiße Rudbeckien geliebt.«
Betreten blickte sie auf die gelben Blüten. »Oh.«
»Weiße Rudbeckien und den blauen Himmel. Und sie sah immer bildhübsch aus. Sogar frühmorgens nach dem Aufstehen.«
Schuldbewusst dachte Sadie an ihren dunklen Haaransatz, den sie am nächsten Tag nachfärben lassen wollte. Sie hatte sich nur schnell einen Pferdeschwanz gebunden und sich die Wimpern getuscht, und fertig war der Lack.
»Süß wie Honig und freundlich zu allen.«
»Ich bin wohl nicht wie sie.«
»Nein. Bist du nicht.« Ihr Vater sah Sadie an. »Du warst nie so wie sie. Sie wusste das schon, als du noch ein Baby und immer dickköpfig warst.«
Nein, ihr Vater würde niemals Rücksicht auf ihre Gefühle nehmen. »Ich hab’s ja versucht, Daddy.«
»Ich weiß, aber es ist dir nicht gegeben.« Damit nahm er sich die Zeitung vom Nachtspind und schob sich die Brille wieder auf die Nase.
Vielleicht engagierte sie sich nicht ehrenamtlich in Krankenhäusern und Tierheimen. Vielleicht brachte sie kranken alten Frauen keine selbst gekochte Suppe, doch sie arbeitete immerhin hart und bestritt ihren Lebensunterhalt selbst. »Weißt du was, Daddy? Immer wenn ich hier bin, hab ich das Gefühl, nie gut genug zu sein. Es mag ein Schock für dich sein, aber es gibt durchaus Menschen, die mich für eine kluge, kompetente Frau halten.«
»Dass du nicht klug und kompetent bist, hat nie jemand behauptet.« Er faltete seine Zeitung auf. »Wirf keine weite Schlinge mit einem zu kurzen Seil. Wenn du dich anderswo besser fühlst, dann geh und leb dein Leben, Sadie Jo.«
Das klang verlockend. Die Versuchung, genau das zu tun, war groß. Einfach in den Wagen zu springen und Lovett, Texas, ihren Vater und all die Erinnerungen und Enttäuschungen hinter sich zu lassen.
Doch natürlich tat sie es nicht. Sie blieb noch eine Stunde, bevor sie das Krankenhaus verließ und heimfuhr. Zu dem leeren Haus.
Letzte Nacht hatte sie Spaß gehabt. In One-Night-Stands lag eine gewisse Freiheit. Die Freiheit,
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