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Titel: Werben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Zimmermann
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irreführende Michael-Jackson-Pose und beginne eine gepflegte und ruhige Konversation mit meinem Bettnachbarn: »Alter, was is’n mit dir los? Haste sie noch alle beisammen? Was ist passiert?«
    Perry blinzelt. Er muss überlegen. Der Groschen (fünf Eurocent) fällt bei ihm pfennigweise: »Ich war die Nacht so betrunken und habe mich wohl auf dem Weg zur Toilette hierher verirrt.«
    Er guckt an sich herab und bemerkt erst jetzt, dass er – bis auf seinen Slip – nichts anhat.
    Er räuspert sich und bekommt nun einen knallroten Kopf, der dem grellen Farbton seines Höschens Konkurrenz machen will.
    »Also. Das ist doch ein Scherz, oder?«, sage ich.
    Einen langen Herzschlag muss Perry überlegen. Scheinbar hat ihm der Alkohol seinen Verstand genau so vernebelt wie mir. Er guckt peinlich berührt.
    »Ich … ähem  … dachte … na ja. Also weißt du, die Hose … die trage ich natürlich nicht immer. Also eigentlich nie – muss mich im Waschsalon gestern vergriffen haben.«
    Offensichtlich ist er in arge Erklärungsnot geraten. Ich überlege und sage laut lachend: »Alter, wie gut, dass du nicht eine meiner Unterhosen anprobieren willst. Wir haben nämlich einen unterschiedlichen Geschmack. Hahahaha. Junge, Junge … du machst doch Witze! Ist das dein Fetisch, oder wie? Komm schon. Wo ist die versteckte Kamera? Wo ist das Fernsehen?«
    Mit dieser Antwort hat Perry wohl nicht gerechnet. Tränen laufen ihm über das Gesicht.
    Die Situation ist höchst bizarr. Ungefähr fünf Minuten gucke ich ihm beim Heulen zu. Weitere drei Minuten brauche ich, um den armen Kerl zu beruhigen und ihm mit männlicher Härte auf den Rücken zu schlagen. Leider habe ich keinen Kamm zur Hand. Perry hat nämlich eine ziemlich behaarte Rückseite, die jeden Friseur zu einem neuen Styling inspirieren würde. Was für ein Teppich.
    »Mensch, Perry … was soll ich sagen. Konnte doch nicht ahnen, dass du auf so was stehst. Ist doch ganz normal. Jeder hat sein Hobby. Guck mal, ich sammle zum Beispiel diese alten Cola-Dosen. Das ist zwar bestimmt normaler als dein kranker Mist, aber … Hoppla … immerhin hast du einen exklusiven Geschmack. Ein tolles Höschen.« Meine Versuche, ihn zu trösten, sind irgendwie sehr unbeholfen.
    »Ich kann doch auch nichts dafür – nur in dieser Wäsche fühle ich mich wohl – ich habe außerdem ganz empfindliche Haut am Hintern. Was meinst du denn wie bescheuert ich mir darin vorkomme?«
    »Und die ganzen Ollen, die du in Köln immer nach Hause ins Bett schleppst – wie finden die das so?«, frage ich aus erweckter Neugier heraus.
    »Alle erfunden. Ich traue mich doch sonst gar nicht, irgendeine anzusprechen. Chancen habe ich genug. Dabei gehe ich so gerne Tanzen – das ist meine große Leidenschaft. Aber welche Frau will mit so einem wie mir schon in’s Bett gehen?«, er weint wieder.
    Das Tanzen sein Leben sein muss, kann ich übrigens bestätigen!
    »Ja. Verdammt. Da muss es doch Selbsthilfegruppen oder Austauschplattformen geben. Hast du im Internet bei Google gesucht? Vielleicht findet man was, wenn man … Crossdressing leicht gemacht eingibt.«
    Wie vorangegangene Nacht Chris, fängt Perry wieder an, zu schluchzen. Das waren wohl nicht die Phrasen, die ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen beweisen. Wie war das doch gleich mit dem Denken vor dem Sprechen?
    Ich lege ihm meine Decke um den fast nackten Körper und führe ihn in die kleine Wohnküche. Ganze vierunddreißig Minuten am Stück weint er sich aus und erzählt mir seine ganze Lebens- und Leidensgeschichte. Bedenklicher als seinen Fetisch finde ich jedoch seine Verschwendungssucht, da er jeden Monat mehrere hundert Euro für sein Hobby ausgibt.
    Sechs Tassen Kaffee später hat er sich endlich wieder beruhigt. Erstaunlich, bedenkt man, dass der Koffeingehalt die umgekehrte Wirkung haben müsste. Er bittet mich, die Sache geheim zu halten und in der Firma niemandem etwas davon zu erzählen.
    Mit den Worten: »Ich bin dumm wie ein Grab«, rufe ich ihm ein Taxi in Richtung Bahnhof und setze ihn vor die Haustür.

Zehntes Kapitel

    (K)ein Objekt der Begierde

    Kaum habe ich die Tür geschlossen, renne ich wie ein Irrer ins Schlafzimmer. Meine gesamte Bettwäsche koche ich bei 90 Grad Celsius in der Waschmaschine.
    Was soll ich machen? Perry hat schließlich mit seinem beinahe nackten Hintern in meinem Bett gelegen. Das mache nicht mal ich, sollte man bedenken! Eklig: Ich schlafe nie wie Gott mich schuf – ich mag das

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